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# taz.de -- Ministerpräsident Haitis ausgetauscht: Bandenkriminalität und Mac…
> Die Bandengewalt in Haiti eskaliert. Derweil verliert sich der
> Präsidialrat Haitis in verletzten Eitelkeiten und schasst den
> Ministerpräsidenten.
Bild: Neuer Ministerpräsident im Krisenstaat Haiti: Garry Conille nach der Amt…
Berlin taz | Es dürfte Gary Conilles letzter Brief an das haitianische Volk
gewesen sein, den er am vergangenen Sonntag veröffentlichte: Er
protestierte damit gegen seine Entlassung als Ministerpräsident. Zuvor
hatte der haitianische Präsidialrat, derzeit geführt von Leslie Voltaire
von Fanmi Lavalas, Conille aus dem Amt befördert. Die Begründung klingt
reichlich seltsam. Er sei eine zu konfliktträchtige Persönlichkeit, hieß
es.
[1][Im Mai dieses Jahres war Conille zum Ministerpräsidenten ernannt
worden.] Zuvor hatte die US-Regierung gemeinsam mit Mitgliedern der
karibischen Gemeinschaft Cariocom einen Präsidialrat aus der Taufe gehoben,
der eine Einigung aller politischen Parteien Haitis auf ein Programm
schaffen sollte. Das Programm bestand darin, mit einer internationalen
Polizeimission unter Führung Kenias und genehmigt von der UNO die
bewaffneten Gangs und Milizen unter Kontrolle zu bringen und Wahlen
durchzuführen.
Conille hatte 2011 bereits einen Ministerposten inne. Er ist ein
haitianischer Karrierediplomat, der hohe Posten im Kinderhilfswerk der
Vereinten Nationen Unicef bekleidete und fließend Englisch spricht. Die
Konflikte, die seiner Entlassung vorausgingen, haben wenig mit der
haitianischen Realität zu tun. Es geht um Fragen des Protokolls, in denen
sich Mitglieder des Präsidialrates nicht genügend in ihrer Rolle als
Quasi-Präsidenten gewürdigt sahen.
Zuletzt protestierte Leslie Voltaire, der derzeitige
Präsidialratsvorsitzende, weil Conille oder seine Mitarbeiter ihn von einem
Gespräch mit dem brasilianischen Präsidenten Lula ausgeschlossen hatten.
## Kein Vertrauen in den Präsidialrat
Der neue, vom Präsidialamt ernannte Ministerpräsident heißt Alix Didier
Fils-Aimé, ein lokaler Unternehmer, der eine Wäschereikette betreibt. Sein
politisches Profil spiele keine Rolle, so der Direktor des haitianischen
Menschenrechtsnetzwerkes RNDDH, Pierre Espérance, gegenüber der taz. All
diese Rangeleien um Posten würden von der haitianischen Bevölkerung allein
als Machtspiele wahr genommen.
„Sie kämpfen um die Macht, weil sie um sich selbst und um ihre Einkünfte
kämpfen“, so Espérance. Er wie viele andere Vertreter der haitianischen
Zivilgesellschaft hätten überhaupt kein Vertrauen in auch nur einen
Vertreter im Präsidialrat.
[2][Unterdessen spitzt sich die Krise in Haiti immer weiter zu]. In den
letzten vier Wochen sind 10.000 weitere Personen von den Gangs aus ihren
Wohnorten vertrieben worden. Sie gehören zu den 700.000 Binnenvertriebenen
bei einer Bevölkerung von circa 11 Millionen, die in Schulen auf Plätzen
der Hauptstadtregion ohne Hoffnung auf Rückkehr und Hilfe ausharren.
Vor wenigen Tagen haben Gangs einen Hubschrauber des World-Food-Programms
beschossen. Es gab keine Opfer. Doch das Zeichen der bewaffneten Gruppen
war klar: Nicht einmal die Nahrungsmittelhilfe, auf die ein großer Teil der
Bevölkerung angewiesen ist, kann gefahrlos geliefert werden.
## Gangs weiten Macht aus
Die Polizeimission, die seit einigen Monaten mit 400 kenianischen
Polizisten im Land ist, hat bislang nichts dazu beigetragen hat, die
Situation zu deeskalieren. Im vergangenen Monat weiteten die Gangs ihren
Machtbereich aus. 88 Menschen sollen getötet worden seien, ganze Familien
sollen in der bäuerlichen Kleinstadt Pont-Sondé in Zentralhaiti
ausgelöscht worden seien. Tausende überlebende Bewohner*innen wurden
vertrieben. [3][Die Gangs verfolgen dabei unterschiedliche Interessen.] Die
einen sind im internationalen Drogenhandel aktiv, andere agieren als
Milizen der haitianischen Elite, die zum Teil in ebendiesem Präsidialrat
vertreten sind.
Die Situation wird zusätzlich von denjenigen verschärft, die angeblich
Haitis Situation befrieden wollen. Die Regierung Abinder in der
angrenzenden Dominikanischen Republik realisiert mit Verve ihren Plan,
10.000 Haitianer pro Woche nach Haiti abzuschieben. An der Grenze spielen
sich katastrophale Szenen ab: Die Menschen werden auf den Straßen und an
ihren Arbeitsplätzen festgenommen und an der Grenze ausgesetzt.
Dominikanische Menschenrechtsorganisationen sagen, bis Ende des Jahres
könnten so rund 130.000 Menschen abgeschoben werden.
11 Nov 2024
## LINKS
[1] /Internationale-Polizeimission-fuer-Haiti/!6019911
[2] /Haiti-in-der-Gewalt-der-Gangs/!6010210
[3] /Haiti-im-Chaos/!5995987
## AUTOREN
Katja Maurer
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Haiti
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