Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Raketen mit hoher Reichweite: Selenskyj will Go von Verbündeten
> Der Winter naht, die Energieversorgung in der Ukraine steht unter
> Beschuss. Präsident Selenskyj drängt auf mehr Unterstützung bei den
> Verbündeten.
Bild: Auf Werbetour bei den Verbündeten: Der ukrainische Präsident Wolodymyr …
Berlin taz | Es ist der fünfte Besuch des ukrainischen Präsidenten
Wolodymyr Selenskyj in Deutschland seit Kriegsbeginn im Februar 2022. Bei
jedem Besuch trommelte er für mehr Unterstützung für sein Land [1][im Krieg
gegen den russischen Aggressor]. Die Forderungen ähneln sich – und doch
steht die Ukraine zweieinhalb Jahre nach Beginn der Invasion mehr unter
Druck als je zuvor. Wenige Monate vor Einbruch des dritten Kriegswinters
bombardiert die russische Armee gezielt die ukrainische Energieversorgung,
Wohngebäude, die Zivilbevölkerung.
So auch in der Nacht zu Freitag. In der nordöstlichen Grenzregion Sumy
sowie in Winnyzja im Westen waren Berichten zufolge Explosionen zu hören.
Auch nahe der westukrainischen Großstadt Lwiw habe es nach einem
abgewehrten Drohnenangriff gebrannt, berichtete Bürgermeister Andrij
Sadowyj via Telegram. Für Entsetzen sorgte Anfang der Woche ein
Raketenangriff auf die Region Poltawa mit über 50 Toten und Dutzenden
Verletzten, der vor allem einem militärischen Ausbildungszentrum galt.
[2][Wie brenzlig die Lage ist], zeigt der Besuch Selenskyjs bei der
Kontaktgruppe der rund 50 Verbündeten auf dem US-Stützpunkt in Ramstein in
Rheinland-Pfalz. Zum mittlerweile 24. Treffen der Gruppe hatte
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin eingeladen. Für ihn ist Selenskyj ein
„special guest“ an diesem Freitag. Denn: In der Regel nehmen nur die
jeweiligen Minister:innen teil, die für Rüstung und Verteidigung in
ihren Staaten zuständig sind oder ranghohe Militärs. Nun taucht Selenskyj
also persönlich auf.
Er will die Verbündeten davon überzeugen, den ukrainischen Streitkräften
Angriffe auf Ziele auch in Russland zu erlauben. Mit westlichen Waffen,
konkret mit Langstreckenraketen, mit weitreichenden Waffensystemen.
Selenskyj will sich im Rahmen der Selbstverteidigung bewegen, aber eben
nicht mehr in der Defensive sondern in die Offensive gehen.
## Geht das Geld für die Ukraine-Hilfe aus?
Angriffe auf russisches Territorium gelten als „rote Linie“ für die USA –
und auch für die Bundesregierung. Selenskyj trifft an diesem Freitag
Kanzler Olaf Scholz in Frankfurt am Main. Das weitere militärische Vorgehen
sei das Thema, sagte ein Regierungssprecher am Freitag in Berlin.
Vermutlich wird auch die zukünftige finanzielle Unterstützung aus
Deutschland für die Ukraine besprochen. Angesichts angespannter
Haushaltsverhandlungen liegt auch dieser Posten auf dem Verhandlungstisch.
Um Sorgen von ukrainischer Seite bereits vor dem Treffen mit dem Kanzler
abzufedern, stellte Verteidigungsminister Boris Pistorius klar, dass 4
Milliarden Euro im nächsten Jahr bereits eingeplant sind. Und er hat ein
konkretes Angebot in Ramstein im Gepäck. Deutschland wird 12 moderne
Panzerhaubitzen an die Ukraine liefern, sechs noch in diesem Jahr, die
restlichen sechs dann 2025. Deutschland sei nach wie vor der zweitgrößte
Unterstützer der Ukraine nach den USA, betonte Pistorius.
Rein geografisch sind Sachsen und [3][Thüringen] hunderte Kilometer von
Kyjiw entfernt, doch die Ergebnisse der Landtagswahlen in den beiden
Ost-Bundesländern am vergangenen Sonntag werfen Fragen auf. Haben doch
sowohl die rechtsextremistische AfD als auch das Bündnis Sahra Wagenknecht
den Krieg in der Ukraine zum Topthema im Wahlkampf gemacht – und offenbar
auch damit in der Bevölkerung gepunktet. Tut sich dort ein Trend auf, der
die deutschen Waffenhilfen für die Ukraine zunehmend in Frage stellt? Auch
hier wiegelt Pistorius ab.
Die Ergebnisse dürften niemand gefallen, man rede aber von rund 10 Prozent
der Wahlberechtigten bundesweit. Das Mehrheitsbild sei ein anderes und man
arbeite daran, dass dies so bleibe. „Wir werden die Ukraine unterstützen,
solange wie das notwendig ist. Wir tun das letztlich auch in unserem
eigenen Interesse“, so Pistorius.
## Waffen-Versprechen gebrochen
Selenskyj drängelt auch bei einem weiteren Punkt: Der Luftverteidigung.
Vollmundig wurden Abwehrsysteme für die Ukraine versprochen, zuletzt beim
Nato-Gipfel Mitte Juli in Washington. Der ukrainische Präsident spricht
jedoch von einer beträchtlichen Anzahl an Luftabwehrsystemen, die bisher
nicht geliefert wurden. Aus Deutschland kamen bisher 3 Patriot-Systeme, wie
Pistorius am Freitag bestätigte. Aber der deutsche Verteidigungsminister
ist ebenso wie Selenskyj enttäuscht, dass andere Staaten nicht nachziehen.
Aus Rumänien kam am Donnerstag die Bestätigung, ein weiteres Patriot-System
zu liefern. Selenskyj appellierte erneut an die Verbündeten, Vereinbarungen
zur Lieferung von Luftabwehrsystemen schnell umzusetzen. „Wenn
Entscheidungen in Kraft treten, hat Russland keine Zeit diesen
entgegenzuwirken.“ Es gehe nicht nur um den Schutz ukrainischer Städte und
Gemeinden vor den Angriffen Russlands, um die Unterstützung der
Soldat:innen und die Widerstandsfähigkeit des Landes und seiner
Bevölkerung. „Es geht um die Verteidigung einer Welt, die sich an Regeln
und internationale Gesetze hält und nicht sich dem Wahnsinn der „Putins“
und ihrer Launen ergibt.“
Aber: Selenskyj steht mitnichten mit leeren Händen da. US-Präsident Joe
Biden will weitere Hilfen in Höhe von 250 Millionen US-Dollar genehmigen.
Großbritannien sagte 650 Raketen zur Flugabwehr zu. Die Lightweight
Multirole Missiles können von Land, See und aus der Luft abgefeuert werden
und sollen Drohnen, gepanzerte Fahrzeuge als auch Angriffe von kleineren
Schiffen abwehren. Mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron
verhandelt Selenskyj über weitere Hilfen sowie die gemeinsame Produktion
von Waffen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte humanitäre Hilfe in
Höhe von rund 40 Millionen Euro an – für Strom, Heizung und Unterkünfte.
Der Großteil soll in die Ukraine fließen, ein kleiner Teil nach Moldau
gehen und dort ukrainischen Geflüchteten zugute kommen.
## Selenskyj auf Werbetour
Viel Hoffnung liegt allerdings auf der Freigabe von knapp 50 Milliarden
Euro. Das Geld soll aus eingefroren Zinserträgen russischer Vermögen im
Ausland losgeeist werden. [4][Beim G7-Gipfel in Italien] einigten sich die
Staaten darauf, die Voraussetzungen für die Freigabe zu schaffen. Die
Verhandlungen laufen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs – und
Pistorius gab sich am Freitag zuversichtlich, dass in den kommenden Monaten
dieses Geld mobilisiert werden könnte.
Nach der politischen Sommerpause ist das Ramstein-Treffen der Auftakt für
Selenskyjs Werbetour für weitere Hilfen für sein Land im Krieg. Nächster
Stop ist Italien. Auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
hatte Systeme für die Luftverteidigung zugesagt. Selenskyj will weiter
verhandeln.
6 Sep 2024
## LINKS
[1] /Putin-zur-Kriegslage/!6034944
[2] /An-der-Front-bei-Charkiw/!6020744
[3] /Ruprecht-Polenz-ueber-Koalition-mit-BSW/!6032361
[4] /G7-Gipfel-in-Italien/!6017092
## AUTOREN
Tanja Tricarico
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wolodymyr Selenskij
Ramstein Air Base
Rüstung
Wladimir Putin
Olaf Scholz
Boris Pistorius
GNS
Donald Trump
Joe Biden
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wolodymyr Selenskij
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ampelkoalition nach Trump-Sieg: Plötzlich einig bei Verteidigung
Gerade in der Verteidigungspolitik kommen auf die Bundesregierung unsichere
Zeiten zu. Die Ampel betont trotz ihres Streits ihre Handlungsfähigkeit.
Ukraine-Kontaktgruppe: Treffen in Ramstein verschoben
Wegen des Hurrikans „Milton“ sagte US-Präsident Biden seine
Deutschlandreise ab. Nun wurde auch das Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe
verschoben.
Selenskyjs US-Besuch: Ergebnislose Reise
Der „Siegesplan“ Wolodymyr Selenskyjs verpuffte in den USA. Stattdessen gab
es Altbekanntes und ein fruchtloses Treffen mit Donald Trump.
Ukrainische Streitkräfte: Demokratischer Mentalitätswandel
Öffentliche Kritik ukrainischer Soldaten an Vorgesetzten führt neuerdings
zu Reformen. Das stärkt auch den Schutz von Menschenleben.
Diplomatievorstoß von Olaf Scholz: Es riecht nach Wahl
Der Kanzler ändert vor der Brandenburg-Wahl den Ton. Doch er hat Recht:
Natürlich gehören Waffenlieferungen an die Ukraine und Diplomatie zusammen.
Ukrainischer Präsident in Italien: Selenskyj macht gut Wetter
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sichert ukrainischem
Präsidenten bei Treffen weitere Waffenlieferungen zu.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Drohnen über Kyjiw abgeschossen
Am Samstagmorgen waren Explosionen in der ukrainischen Hauptstadt zu hören.
Ex-Botschafter Andrij Melnyk fordert Berlin auf, eine Vermittlerrolle
einzunehmen.
Putin zur Kriegslage: „Hauptziel“ Donbass
Beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok zeigt sich Russlands Präsident
optimistisch. Den US-Wahlen begegnet er mit antisemitischer
Verschwörungsideologie.
Kabinettsumbau in der Ukraine: Selenskyj mischt die Regierung auf
Vier Minister und zwei Vizeregierungschefinnen treten zurück, auch
Chefdiplomat Dmitri Kuleba. Was bezweckt Präsident Selenskyj mit dem Umbau?
Krieg in der Ukraine: Mindestens 51 Tote in Poltawa
Einer der schwersten russischen Angriffe seit Kriegsbeginn trifft die Stadt
Poltawa in der Zentralukraine. Helfer suchen nach weiteren Verletzten.
Russische Attacken auf die Ukraine: Koordinierter Raketenangriff
Zahlreiche Regionen in der Ukraine standen am Montag unter massivem
Beschuss. Es war einer der größten und längsten russischen Angriffe in
diesem Jahr.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.