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# taz.de -- BDS und A100 bedrohen Berliner Club: Ein Bollwerk bleiben
> Das About Blank leidet unter einer BDS-Boykottkampagne. Dagegen kämpft
> der Club an, genauso wie gegen die Autobahn beim Protestrave „A100
> wegbassen“.
Bild: Das About Blank beim letztjährigen „A100 wegbassen“
Im Garten des [1][About Blank], in dem sich den Sommer über die Discokugeln
gedreht haben, kündigt sich am Dienstag schon der Herbst an. Der Boden ist
bedeckt mit Laub, die durch den Club wuselnden Mitarbeiter:innen
machen den Eindruck, als werde der Sommer aufgeräumt. In dem linksradikalen
Technoclub am Ostkreuz findet an diesem Mittag die Pressekonferenz für den
am Freitag bevorstehenden Protestrave gegen den Weiterbau der Stadtautobahn
A100 statt.
Sollte der [2][17. Bauabschnitt zwischen Treptower Park und Storkower
Straße] gebaut werden, müsste der Club wie viele andere auch weichen. Doch
ob das About Blank bis dahin durchhält – der Spatenstich droht ab 2030 –,
ist ungewiss. Vor allem die Boykottbewegung einer propalästinensischen
Szene bedroht seine Existenz und damit die Arbeitsplätze von 150
Mitarbeiter:innen schon jetzt.
Florian Paloma, der seit zehn Jahren zum Betreiber:innenkollektiv
gehört, hat eine Stunde vor dem Pressegespräch in einem alten, fensterlosen
Wohnwagen im Blank-Garten Platz genommen. Der Sommer, in dem eigentlich die
Rücklagen für die kalte Jahreszeit angespart werden müsse, sei
„durchwachsen“ verlaufen. „Der Puffer ist nicht zustande gekommen“, sagt
Paloma. Es gebe eine „wirtschaftliche und eine Boykottkrise“. Aufgeben aber
wolle man nicht, schon gar nicht vor dem 15. Geburtstag im kommenden April.
„Wir haben noch lange keine Lust aufzuhören.“ Es gibt ja auch noch Kämpfe
zu führen: „Autonomendisko vs. A100“ steht auf einem Banner auf dem Dach
des Clubs.
Einerseits [3][kämpft das About Blank wie alle Clubs mit gestiegenen
Preisen] in allen Segmenten, insbesondere aber für Energie. Die höheren
Kosten müssen dann an der Tür wieder eingespielt werden, wo für eine
einzige Clubnacht schon mal 25 Euro fällig werden. Da bleiben potenzielle
Gäste lieber mal beim Spätibier sitzen.
## Boykottkampagne schadet massiv
Dazu kommt beim Blank der Schaden durch die BDS-Boykottbewegung, die den
Club als „proisraelisch“ oder „zionistisch“ und damit [4][als Feindesort
markiert]. Erst an diesem Morgen musste eine nachts auf der Fassade
aufgepinselte palästinensische Fahne samt der Aufschrift „Free Gaza. Fuck
Anti-D“ – gemeint ist die Strömung der Antideutschen – übermalt werden,…
zuvor schon das rote Hamas-Dreieck. Zu tun hat man außerdem, so Paloma, mit
gegen den Club gerichteten Stickern und Flyern, persönlichen Beleidigungen,
Farbeiern, auch einen Buttersäureanschlag gab es.
Doch was am schwersten wiegt, sind die Absagen von Partyveranstaltern, die
ihre Bookings erst gar nicht voll kriegen oder denen DJs wieder abspringen,
sobald bekannt wird, dass sie im Blank auflegen sollen und sie sich
plötzlich enormem Druck ausgesetzt fühlen. Zwar stammt der erste
Boykottaufruf gegen den Club schon von 2017, richtig gravierend wurde es
aber nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober und dem folgenden
Gazakrieg. „Absagen waren in diesem Jahr eher die Regel als die Ausnahme“,
sagt Paloma. Den Club trifft die Boykottbewegungen „DJs against Apartheid“
oder „Ravers for Palestine“ härter als das Berghain, das seit Neuestem auch
Ziel solcher Aufrufe geworden ist.
Das Blank selbst hat sich zum Krieg in Nahost nicht geäußert, dafür seien
sie „keine Expert:innen“ und die Meinungen unterschiedlich. Den Vorwurf,
unkritisch gegenüber Israel zu sein oder gar die israelische Armee zu
unterstützen, weist Paloma zurück. [5][Positionieren wolle man sich aber
zum Thema „Antisemitismus in Deutschland“] und zur Rolle der BDS-Bewegung,
der man sich „nicht unterwerfen“ wolle und die dazu führe, dass Einzelne
„extrem unter Druck geraten und daran kaputtgehen“. Das gesamte Team
arbeite seit Langem an einem Statement. Paloma plädiert dafür,
„Widersprüche auszuhalten“. Er sagt: „Lasst uns nicht, ohne zu streiten,
unsere Projekte zerstören.“
## Teil der Szene
Als Antwort hat der Club nicht nur eine [6][Rettungskampagne] gestartet, in
der er erfolgreich um Spenden wirbt, er versucht auch deutlich zu machen,
dass er sich weiterhin als Teil der radikalen Linken versteht, wie Paloma
sagt. Das September-Programm ist vollgepackt mit politischen
Veranstaltungen. Da wird eingeladen zu dem fünftägigen Festival
Antifa.Weiter.Machen mit Diskussionen über die Rückkehr der
Baseballschlägerjahre, der Vorführung des neuen Antifa-Films des Kollektivs
Leftvision, Solipartys und einem Abend zur Landtagswahl in Brandenburg.
Dazu kommt ein Filmscreening samt Diskussion zur aktuellen Lage im Iran,
eine Veranstaltung zum antisemitischen Terroranschlag von Halle und nicht
zuletzt die Beteiligung am A100-Protest.
Paloma sagt: „Wir wollen gestalten und raus aus der Elendsverwaltung der
letzten Jahre mit Corona und dem Boykott.“ Auf der Presskonferenz später
nennt er das About Blank „ein Bollwerk gegen die Autobahn“. Wie im
vergangenen Jahr beteiligt man sich an dem Bündnis [7][A100 wegbassen], das
am Freitagnachmittag mit viel Musik vom About Blank bis zum Treptower Park
zum Endpunkt des 2025 wohl dann fertiggestellten 16. Bauabschnitts ziehen
wird.
Mit dabei sind auch die Bürger:inneninitiative A100, Fridays for
Future und die Initiative Queermany. Hinzu kommen diverse Clubs, darunter
die [8][Renate, die zuletzt ihre Kündigung erhielt], und die
Clubcommission. Deren Vorsitzender Marcel Weber warnt bereits jetzt vor
einer „anderen Dimension von Clubsterben“ und nennt das Blank einen Ort,
„der ziemlich wichtig ist“.
Laut Christian Mast vom ebenfalls beteiligten Kollektiv Geradedenken gehe
es darum, „Kämpfe zu verbinden, die durch die Autobahn berührt werden“. Zu
verteidigen sei eine andere Stadtpolitik, die sich gegen den „Ausverkauf“
stelle, die ökologische Wende ohne neue fossile Projekte, aber eben auch
„das Ökosystem, das sich um die Clubs gebildet hat“. Als Bündnis stehe man
„solidarisch hinter dem Blank“, so Mast; Fokus sei jedoch, an den
erfolgreichen Wegbassen-Protest des vergangenen Jahres samt fünfstelliger
Beteiligung anzuschließen.
11 Sep 2024
## LINKS
[1] /About-Blank-Leute-ueber-ihren-Club/!5401701
[2] /17-Bauabschnitt-der-A100/!5873618
[3] /Kommerzialisierung-der-Technoszene/!6005510
[4] /Nahost-Konflikt-in-der-Linken/!6011818
[5] /Nahostkonflikt-in-Berlin/!6002642
[6] https://aboutblank.li/risikokapital/
[7] /Clubs-in-Berlin/!5952838
[8] /Clubkultur-in-Berlin/!6030475
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
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