# taz.de -- Gewalt gegen Frauen: Kein sicheres Leben | |
> In den vergangenen Wochen jagte eine Nachricht über misogyne Gewalt die | |
> nächste und zeigt: Das Leben von Frauen ist noch immer weniger wert. | |
Bild: In Berlin-Zehlendorf tötete Ende August ein Mann seine 36-jährige Ex-Fr… | |
Die vergangenen Wochen waren keine [1][guten für Frauen]. Eigentlich jedes | |
Mal, wenn ich auf mein Handy gucke, erreicht mich eine neue | |
Schreckensnachricht. Und jedes Mal liefert sie die Gewissheit, dass das | |
Leben für Frauen kein sicheres ist. | |
[2][In Kenia wird die Olympia-Läuferin Rebecca Cheptegei] am 1. September | |
in ihrem Zuhause von ihrem Ex-Freund mit Benzin übergossen und angezündet. | |
Die Nachbar_innen finden sie brennend und bringen sie in ein nahegelegenes | |
Krankenhaus, doch sie können den Femizid nicht verhindern. Die 33-jährige | |
Uganderin stirbt wenige Tage später an ihren Brandverletzungen. | |
In Frankreich wird vor einigen Tagen der Öffentlichkeit ein Verbrechen im | |
Detail bekannt, dessen Grausamkeiten schon ein paar Jahre zurückliegen. | |
Neun Jahre lang wurde Gisèle P. von ihrem Ehemann betäubt und dann entweder | |
von ihm selbst vergewaltigt oder fremden Männern zur Vergewaltigung | |
angeboten. Der Polizei liegen rund 200 Videos vor, in denen diese | |
Vergewaltigungen zu sehen sind. In 92 Fällen sollen fremde Männer die Täter | |
gewesen sein, sie sind Klempner, Journalisten, Unternehmer, Kraftfahrer, | |
sie sind Ehemänner und Väter. Der Ex-Mann Dominique P. ist geständig, von | |
den anderen Männern nur ein Bruchteil. | |
Gisèle P. wusste von der grausamen sexualisierten Gewalt jahrelang nichts, | |
da sie während der Taten bewusstlos war. Erst durch die polizeilichen | |
Ermittlungen hat sie davon erfahren – und möchte nun, dass die ganze Welt | |
davon erfährt. | |
## Kein ausreichender Schutz | |
Deswegen findet der Prozess in Avignon nicht unter Ausschluss der | |
Öffentlichkeit statt und die 72-Jährige tritt mit Namen und Gesicht vor die | |
Kameras. Sie sagt: „Ich spreche für all die Frauen, die unter Drogen | |
gesetzt werden und es nicht wissen, ich tue das im Namen all der Frauen, | |
die es vielleicht nie wissen werden.“ | |
In Berlin-Zehlendorf wurde Ende August eine Frau von ihrem Ex-Mann mit | |
einem Messer angegriffen und getötet. Schon in den Jahren zuvor habe es | |
mehrere Vorfälle von häuslicher Gewalt gegen sie gegeben, die Frau soll | |
eine Gewaltschutzverfügung und ein Näherungsverbot erwirkt haben. Beides, | |
wie sich nun zeigt, kein ausreichender Schutz. Gegen den Täter wurde | |
Haftbefehl wegen Mordes „aus niedrigen Beweggründen“ erlassen. | |
In Berlin-Lichtenberg ist nur zwei Tage später wieder eine Frau im Hausflur | |
eines Mehrfamilienhauses mit einem Messer niedergestochen worden. Wieder | |
ist der Tatverdächtige der Ex-Partner. Und wieder soll es im Vorhinein zu | |
häuslicher Gewalt gekommen sein. | |
Allein die Aufzählung dieser vier internationalen und nationalen Fälle | |
zeigt, wie dringlich das Problem der Gewalt gegen Frauen ist. Dabei sind | |
sie nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was täglich passiert. Es gibt so | |
viel mehr Schläge und Tritte, Vergewaltigungen und Tötungen, von denen | |
niemand etwas mitbekommt. In Deutschland wird mittlerweile fast jeden | |
zweiten Tag eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet. | |
Was die Fälle aber noch zeigen: Wie untätig die Politik ist. Lösungen, wie | |
Gewalt gegen Frauen begegnet werden kann, sind längst bekannt: Es braucht | |
intensive präventive Täterarbeit, um Gewalt zu verhindern, runde Tische mit | |
Expert_innen, um Gewalt zu begegnen und ausreichend Schutzräume für | |
Gewaltbetroffene. | |
## Keine Reaktion nach Femiziden | |
Frauenarmut muss bekämpft und bezahlbarer Wohnraum bereitgestellt werden. | |
Dass sich hier in den letzten Jahren so wenig getan hat, ist einzig | |
politischer Unwille. Denn Gewalt gegen Frauen gehört zu unserem Alltag, | |
viele haben den grausamen Ist-Zustand einfach akzeptiert. Nach den meisten | |
Femiziden gibt es in Deutschland keine Reaktion, in manchen Fällen leere | |
Versprechungen. So auch jetzt. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz schweigt. [3][Die Berliner Justizsenatorin Felor | |
Badenberg (CDU) fordert den Einsatz von elektronischen Fußfesseln für | |
Täter.] Die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) verspricht | |
zumindest, ein Gewalthilfegesetz vorzubereiten. Ob dafür dann letztlich das | |
nötige Geld da ist, wird sich zeigen. In der Vergangenheit hat es immer | |
gefehlt. | |
Es waren keine guten Wochen für Frauen. Es ist kein gutes Leben für Frauen. | |
Und ich wünschte so sehr, es wäre anders. | |
9 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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