| # taz.de -- Nach dem Attentat in Solingen: Ringen um ein bisschen Normalität | |
| > In Solingen versuchen Kanzler, Ministerpräsident und Oberbürgermeister am | |
| > Montag die Bevölkerung zu beruhigen. Rechte kündigen Demos an. | |
| Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz dankt den Rettungskräften, die am Freitagabend… | |
| Zum Wochenstart versuchen die Solingerinnen und Solinger ein Stück | |
| Normalität wieder zu finden in ihrer Stadt: [1][Nach dem Messerattentat mit | |
| drei Toten] am Freitagabend sind die Läden in der Innenstadt nun wieder | |
| geöffnet, die Straßen haben sich wieder belebt. Besonders voll ist es am | |
| Kirchplatz, wo auf einem Stadtfest der Angriff stattgefunden hatte. Hier | |
| warten am Montagvormittag etwa 200 Menschen auf den Besuch von | |
| Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), auf Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident | |
| Hendrik Wüst (CDU) und auf Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD). | |
| Doch die Stimmung ist weiterhin gedrückt: Viele Bürger*innen sind | |
| besorgt und wütend. So auch der 28-jährige Masud Masto, der mit seiner Frau | |
| und seinem Kind auf den Kanzler wartet. Vor elf Jahren sei er aus Syrien | |
| nach Solingen gekommen, „um genau vor solchen Tätern“ sicher zu sein. Der | |
| Anschlag habe ihn tief betroffen gemacht: „Ich bin wirklich besorgt“, sagt | |
| er mit Tränen in den Augen. Auch die 80-jährige Ute Bartels will am Montag | |
| hören, „was die Politiker zu sagen haben“. Sie ist ebenfalls erschüttert. | |
| Der Abend des Anschlags sei sehr schrecklich gewesen: „Wer nicht in | |
| Solingen wohnt, kann sich glücklich schätzen“, findet die Rentnerin. | |
| ## „Gibt auch die Guten“ | |
| Der Kanzler trifft etwas später als erwartet ein am Kirchplatz; zunächst | |
| hatte es ein Treffen mit dem Oberbürgermeister im Solinger Rathaus gegeben. | |
| Dann ging es weiter zum Tatort und zu den Rettungskräften, die am | |
| Freitagabend im Einsatz waren. Das Gespräch sei „tief bewegend“ gewesen, | |
| betonte Scholz. „Es ist mir ganz wichtig zu sagen: Es gibt immer auch die | |
| Guten, diejenigen, die in solchen Situationen zusammenhalten und versuchen, | |
| Menschenleben zu retten.“ | |
| Auch Wüst drückte seine Dankbarkeit gegenüber den Einsatzkräften aus, die | |
| trotz der schwierigen Lage am Abend des Anschlags hart gearbeitet hätten. | |
| „Das waren wirklich tolle Leute im Einsatz. Das sind diejenigen, die uns | |
| ausmachen“, ergänzte Scholz. | |
| Gleichzeitig kündigte der Kanzler an, mit „aller Härte und Schärfe“ gegen | |
| diejenigen vorzugehen, die „das friedliche Miteinander von Christen, Juden | |
| und Muslimen“ gefährdeten. Konkret kündigte er eine Verschärfung des | |
| Waffenrechts an, insbesondere was den Einsatz von Messern betrifft. „Es | |
| soll und wird ganz schnell passieren“, sagte der Kanzler. Außerdem wolle | |
| man, auch durch konsequenteren Vollzug, die Abschiebezahlen weiter erhöhen. | |
| ## NRW-Ministerpräsident fordert mehr Abschiebungen | |
| „Ankündigungen alleine werden nicht reichen“, sagte Wüst. Er sprach sich | |
| für mehr Abschiebungen aus, unter anderem „nach Syrien, mindestens in | |
| Teilen, und nach Afghanistan“, sowie innerhalb Europas. Dafür brauche es | |
| jedoch Behörden, die ausreichend ausgestattet sind, unter anderem mit den | |
| nötigen rechtlichen Befugnissen. | |
| Der Ministerpräsident wies darauf hin, dass es ein langer Weg sein werde, | |
| wieder ein Stück Normalität zurückzugewinnen, aber: „Wir werden uns nicht | |
| unterkriegen lassen“, so Wüst und erinnerte an den rassistischen | |
| Brandanschlag 1993 in Solingen, bei dem eine türkischstämmige Familie | |
| starb: „Diese Stadt weiß wie keine andere, wie lange so ein Weg ist, auch | |
| wieder unbeschwert zu sein.“ | |
| Wüst warnte auch vor [2][den Demonstrationen] in Solingen und riet dringend | |
| davon ab, das Geschehene „zu instrumentalisieren und diese Stadt erneut zur | |
| Bühne aggressiver politischer Kundgebungen zu machen“. „Lasst die Menschen | |
| und die Stadt ein Stück zur Ruhe kommen“, forderte er. | |
| Auch der Solinger Bürgermeister Tim Kurzbach appellierte am Montag: „Lasst | |
| uns zur Ruhe kommen.“ Es gehe jetzt nicht nur um Solingen, „sondern unser | |
| Land“. Die Debatten sollten nicht „auf dem Rücken der Menschen dieser Stadt | |
| ausgetragen werden“, betonte der Bürgermeister. „Deswegen rufe ich noch | |
| einmal dazu auf, Respekt vor den Menschen dieser Stadt zu zeigen“. Man sei | |
| in Solingen gerade erst dabei, zu realisieren, was hier alles geschehen | |
| sei. „Wir sind noch lange nicht durch mit dem Schrecken der Ereignisse“, so | |
| der Bürgermeister. | |
| Für den Montagabend sind in Solingen Kundgebungen des sogenannten „Solinger | |
| Widerstands“ angekündigt, einer Gruppe von Impfgegner*innen und | |
| Rechtsextremen. Auch Gegendemonstrationen sind angemeldet. | |
| 26 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Yağmur Ekim Çay | |
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