# taz.de -- Ex-Senator zu Mieterhöhungen bei Vonovia: Geisel haut sanft auf de… | |
> SPD-Bausenator a. D. Andreas Geisel appelliert an Vonovia, die Mieten | |
> nicht ganz so stark zu erhöhen. Er glaubt immer noch an | |
> Selbstverpflichtungen. | |
Bild: „Konkret etwas für die Menschen bewegen“: Andreas Geisel (SPD) bei d… | |
Berlin taz | Ex-Bausenator Andreas Geisel hat sich etwas Zeit gelassen. | |
Dafür haut der Sozialdemokrat jetzt sanft auf den Tisch – und zwar über den | |
Weg einer Pressemitteilung seines SPD-Kreisverbands Lichtenberg. Gemeinsam | |
mit der Lichtenberger SPD-Abgeordneten Tamara Lüdke fordert er den | |
Immobilienkonzern Vonovia hierin „nachdrücklich“ auf, [1][die von ihm | |
angekündigten Mieterhöhungen um 15 Prozent zurückzunehmen]. | |
Mehr als drei Wochen nach den ersten Berichten über die drastischen | |
Erhöhungen ließen Geisel und Lüdke am Donnerstag wissen: „Für uns ist | |
dieser einseitige Schritt der Vonovia ein Affront gegenüber Berlin und den | |
Berliner Mieterinnen und Mietern und ein klarer Wortbruch.“ Affront und | |
Wortbruch vor allem deshalb, weil sich Vonovia als Teil des „Bündnisses für | |
Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ eigentlich selbst verpflichtet | |
hatte, [2][die Mieten in ihren Beständen innerhalb von vier Jahren um | |
maximal 11 Prozent zu erhöhen]. | |
Maßgeblich aus der Taufe gehoben wurde das Bündnis 2022 von der damaligen | |
SPD-Senatschefin Franziska Giffey – und ihrem seinerzeitigen Mann fürs | |
Bauen, Andreas Geisel. Gemeinsam, so die Zielmarke, würden | |
Vertreter:innen aus Politik, landeseigenen Wohnungsunternehmen und | |
privaten Immobilienkonzernen wie eben Vonovia an einem Strang ziehen, um | |
einerseits den Neubau in Schwung zu bringen und andererseits für leistbare | |
Mieten zu sorgen. Zu letzterem gehörte besagte 11-Prozent-Vereinbarung. | |
Sowohl Geisel als auch Giffey verkauften das Bündnis als großen Wurf. | |
[3][Die Rede war immer wieder vom „Unterhaken“ mit den Privaten.] Dann | |
würde das schon klappen mit den 20.000 Neubauwohnungen im Jahr und dem | |
Mieter:innenschutz. „Mit den erzielten Vereinbarungen werden wir nun ganz | |
konkret etwas für die Menschen in Berlin bewegen können“, erklärte Geisel | |
bei der Unterzeichnung im Juni vor zwei Jahren. | |
## Bausenator außer Dienst, Wohnungsbündnis tot | |
Der Rest ist Geschichte. [4][Weder ist der Neubau in Schwung gekommen], | |
noch fühlen sich private Konzerne wie Vonovia an irgendwelche | |
Selbstverpflichtungen gebunden. Geisel selbst verlor im Zuge der | |
Wiederholungswahl zum Landesparlament 2023 seinen Job als Bausenator; | |
seither ist er Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus für die | |
Aufarbeitung der SED-Diktatur. Und neben Tamara Lüdke eben einer von zwei | |
SPD-Abgeordneten aus Lichtenberg im Landesparlament. | |
Dementsprechend bezieht sich der am Donnerstag von Geisel und Lüdke | |
veröffentlichte Appell an Vonovia, „dringend einzulenken“, auch nicht auf | |
die gesamten 40.000 Haushalte, die berlinweit von den drastischen | |
Mieterhöhungen betroffen sind, sondern nur auf Wohnungsbestände in | |
Lichtenberg. Konkret: auf jenen Teil der rund 4.500 Wohnungen, [5][die die | |
landeseigene Howoge im Frühjahr im Auftrag des Landes von der Vonovia | |
angekauft hat] und die in seinem Bezirk zu finden sind. | |
Zum Jahreswechsel soll der tatsächliche Wechsel der Wohnungen in den | |
Bestand der Howoge vollzogen sein. Da Vonovia nun aber das bundesrechtlich | |
mögliche Maximum von 15 Prozent Mietererhöhung ausgeschöpft habe, wären für | |
die Howoge im Rahmen der Vereinbarungen des Wohnungsbündnisses im Anschluss | |
„nur deutlich geringere Erhöhungen möglich“, so die Klage von Geisel und | |
Lüdke. Daher sollte Vonovia die Mieterhöhung „mindestens“ auf das im | |
Bündnis „vereinbarte“ 11-Prozent-Niveau absenken. | |
Dass die Howoge wohl ab kommendem Jahr erst mal selbst von den zuvor | |
erhöhten Mieten profitieren wird, bleibt freilich unerwähnt. Erstaunlich | |
ist letztlich aber vor allem der große Glaube, mit dem sich die beiden | |
SPD-Abgeordneten auf ein Wohnungsbündnis berufen, das von den Privaten wie | |
Vonovia ohnehin längst aufgekündigt wurde. | |
Wenig überraschend plädiert die Linke, die den kumpeligen | |
Unterhak-Optimismus der SPD auch vor zwei Jahren in der damaligen | |
rot-grün-roten Koalition nicht teilen wollte, dann auch für einen Weg | |
jenseits der Appelle: „Natürlich muss Vonovia vergesellschaftet werden, das | |
zeigt deren Geschäftspolitik immer wieder“, sagt Niklas Schenker, Sprecher | |
für Mieten und Wohnen der Linksfraktion, zur taz. | |
## Keine Eile beim Vergesellschaftungsrahmengesetz | |
Mit Blick auf die Mieterhöhungen bei Vonovia hatte auch SPD-Fraktionschef | |
Raed Saleh vor wenigen Tagen die Vergesellschaftungs-Karte gezogen – und | |
das ebenfalls auf sozialdemokratische Art. In dem Fall war es [6][die | |
Forderung nach mehr Tempo bei der vom schwarz-roten Senat versprochenen | |
Erarbeitung eines Vergesellschaftungsrahmengesetzes]. | |
„Das Grundgesetz garantiert den Schutz von Eigentum. Das ist für mich ein | |
sehr hoher Wert“, erklärte Saleh. Aber Eigentum verpflichte auch. „Das | |
heißt, man muss seiner Verantwortung nachkommen. Passiert das nicht, hat | |
der Staat in der sozialen Marktwirtschaft die Pflicht, regulierend | |
einzugreifen“, so Saleh mit Blick auf die „Gewinnmaximierung ohne Ende“ b… | |
Vonovia. | |
Ein Eingreif-„Instrument“ ist dabei aus Salehs Sicht das versprochene | |
Rahmengesetz, das zwar nur Kriterien, Indikatoren und Grundsätze für eine | |
mögliche Vergesellschaftung definieren soll. Aber die sozialdemokratische | |
Revolution beginnt im Kleinen. Weshalb Saleh vom Senat dann jetzt erst mal | |
nur „eine Zeitschiene“ für das Rahmengesetz sehen will. | |
Schon im Frühjahr hatte unterdessen der Regierende Bürgermeister Kai Wegner | |
(CDU) nicht nur ausgeschlossen, dass während seiner Amtszeit irgendeine | |
Wohnung vergesellschaftet wird. Er hatte auch klargemacht, dass er es mit | |
dem Rahmengesetz nicht eilig hat. Vielmehr werde zuvor ein externes | |
Rechtsgutachten erstellt, „das verfassungsrechtliche Fragen eines | |
Rahmengesetzes beantworten und grundlegende Überlegungen zur weiteren | |
Umsetzung umfassen soll“. | |
Aber auch bei dem Gutachten gilt offenkundig der Grundsatz „Eile mit | |
Weile“. Wie eine Sprecherin der federführenden Senatsfinanzverwaltung auf | |
taz-Nachfrage mitteilt, stehe für die Beauftragung eines Gutachtens nach | |
wie vor „die Rückmeldung von fachlich zuständigen Senatsverwaltungen zu | |
inhaltlichen Abstimmungen aus“. | |
9 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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