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# taz.de -- Geschlechterunterschiede bei Olympia: Leider immer noch kein Bruch
> Bei Olympia müssen sich Sportlerinnen Tests zur Geschlechtsüberprüfung
> unterziehen. Bei den Männern fragt niemand nach körperlichen Vorteilen.
Bild: Die Wettkämpfe bei Breaking werden bei den olympischen Spielen auch nach…
Breaking ist seit 2024 offiziell Teil der Olympischen Spiele. Nach einem
Debüt bei den Olympischen Jugend-Sommerspielen 2018 zählt die Tanzform der
Hip-Hop-Bewegung nun zu den neuen Disziplinen, die dieses Jahr eingeführt
wurden.
Während also zum ersten Mal eine Tanzsportdisziplin bei den Spielen dabei
ist, hat sich an anderer Stelle wenig verändert. Im Gegensatz zu
Streetdance Battles, bei denen Tänzer:innen aller Geschlechter
gegeneinander antreten, ist Breaking bei Olympia in alter Tradition in
Frauen- und Männerkategorien unterteilt.
[1][Das Problem ist allerdings weitaus fundamentaler]. Denn der
Frauen-Kategorie kommt nach wie vor eine besondere Rolle zu. Nur hier
kommen Tests zur Geschlechtsüberprüfung zur Anwendung. Sie werden von den
Sportverbänden wie beispielsweise dem Leichtathletikweltverband World
Athletics durchgeführt.
Diese Tests sind so normalisiert, dass ihre invasive Größenordnung kaum
hinterfragt wird und ihre sexistische, entwürdigende Geschichte nicht dazu
führt, das Verfahren grundsätzlich infrage zu stellen. Besonders betroffen
sind Sportler:innen mit „hohen“ Testosteronwerten, trans und inter
Sportler:innen.
## Männer werden anders behandelt
Sportler:innen, die in der Männer-Kategorie antreten, werden in ihrem Sport
nicht mit Bluttests, Tastkontrollen oder gynäkologischen
Zwangsuntersuchungen belästigt. Sie werden nicht zur
Testosteron-Reduzierung gezwungen, um angebliche Leistungsvorteile zu
vermeiden, und auch nicht zu OPs gedrängt.
Das bemerkenswerte Track Record des Schwimmers Michael „Flying Fish“
Phelps ist ein gutes Beispiel für diesen Widerspruch. Phelps wurde für die
große Flügelspannweite seiner Arme bewundert. Auch dass sein Körper im
Vergleich zu anderen Sportler:innen weniger Milchsäure erzeugt, die
Muskeln zu Ruhepausen zwingt, galt schlicht als gegeben. Der
Schwimm-weltverband World Aquatics erwartete nicht von ihm, dieses
körperliche Merkmal medikamentös zu verändern.
Hinter dem Senkungszwang, der der Frauen-Kategorie vorbehalten ist, steckt
die Idee, eine Frau könne „zu schnell“ sein, ein Mann nicht. Die Versuchung
ist groß, [2][Beispiele wie Diana Nyad heranzuziehen, der einzigen Person,
der es jemals gelang,] ohne Haikäfig von Havana, Kuba, nach Key West in
Florida zu schwimmen.
2013 legte die damals 64-Jährige die Distanz von 110 Meilen zurück. Wir
könnten Nyad anführen, um zu argumentieren, dass Frauen gegenüber Männern
„gewinnen“ würden, wenn wir nicht Schnelligkeit oder Muskelkraft im Sport
messen würden, sondern Zähheit, Schmerztoleranz und Ausdauer.
Aber was bringt dieses ewige Überlegenheitsspiel? Die feministische
Gretchenfrage der Differenz und Gleichheit – wir werden sie nicht lösen
können. Sozialisierung, die Konditionierung von Körpern und deren Lesart
finden nie im luftleeren Raum statt. Vergleichbarkeit und Fairness ließen
sich genauso nach Trainingsbedingungen, Muskelmasse, Körpergröße,
Armspannweite oder Gewicht herstellen – was als Maß gilt, ist immer
gesellschaftlich geprägt.
Dringender ist die Frage, welchen Anteil die Überwachung von
Geschlechtsunterschieden im Sport an der gesellschaftlichen Investition in
die Zweigeschlechterordnung hat, an deren Grenzen der Sport selbst ständig
stößt – und wer den Preis für die Trennung nach Geschlecht zahlt.
Anm. der Redaktion: In einer früheren Version stand fälschlicherweise, dass
das IOC heute noch selbst Tests zur Geschlechterüberprüfung durchführe,
gemeint waren allerdings die Tests, die bis Ende der 1990er Jahre unter
anderem von den Medizinkommissionen des IOC durchgeführt wurden. Die
Entscheidung, ob Tests zur Geschlechterüberprüfung durchgeführt werden,
sind inzwischen den jeweiligen Sportverbänden überlassen. Wir haben den
Fehler korrigiert.
2 Aug 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Noemi Molitor
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