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# taz.de -- Kritik an Olympia-Eröffnungsfeier: Opulentes Diversitätsspektakel
> Die katholische Kirche und Viktor Orbán kritisieren die Pariser
> Eröffnungsfeier. Das ist verständlich. Denn die ergreifende Show feierte
> die Vielfalt.
Bild: Eröffnungszeremonien Olympischer Spiele sind monströse Versprechensanor…
Man schaue sich nur an, wer sich da empört: Aus dem Vatikan gab ein
Geistlicher zu verstehen, er habe in der [1][Eröffnungsfeier der
Olympischen Spiele am Freitagabend in Paris] nur eine „blasphemische
Verhöhnung“ erkannt; ein Bischof aus Passau interpretierte den Teil, in dem
auf einer Seinebrücke Menschen aus der Pariser Kultur- und Kunstszene das
„Abendmahl“ Leonardo da Vincis in Moves & Motions in Szene setzten, bunt,
grell, freundlich und mit Verve, als „queeres Abendmahl“ – was ein
zutreffender Befund ist, aber missfallend gemeint war.
Die französische Bischofskonferenz meinte, „die Zeremonie habe leider auch
Szenen enthalten, in denen das Christentum verspottet“ wurde. Aus Moskau
kam ähnliche Kritik am vierstündigen Fest in Paris, eine
Außenamtssprecherin monierte, dass die „Apostel durch Transvestiten“
dargestellt worden seien; Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán meinte bei
einer Rede in Rumänien, in Paris habe eine „Entledigung“ der
„metaphysischen Bindungen an Gott, das Vaterland und die Familie“
stattgefunden.
Wenn eine solche Allianz aus rasend religiöser Modernekritik und
autokratischer Verachtung für ein solches Diversitätsspektakel durch die
üblichen Verdächtigen so einmütig zusammenfindet, dann muss beim
anlassgebenden Projekt einiges richtig in Szene gesetzt worden sein: Die
Eröffnungsfeier war opulent, ergreifend und auch kitschig – besonders die
Schlussnummer [2][mit der kanadischen Sängerin Céline Dion], die vom
mittleren Plateau des Eiffelturms Édith Piafs Klassiker „L’hymne à l’am…
schmetterte. Die Liebe, so versteht es Paris, sei das Motto dieser Spiele,
Respekt und Wertschätzung.
Eröffnungszeremonien Olympischer Spiele sind ja nie als Analysen zum
korrekten Lauf der Zeit (Rassismus, Diversität, Gendergleichberechtigung
etc.) zu lesen, sondern als monströse Versprechensanordnungen, als Ideal
für das, was man zu sein beabsichtigt: So will man als veranstaltendes Land
gesehen werden. München 1972 als antinazistisch gewordenes Deutschland,
Los Angeles 1984 als „Star Wars“-Techniklustverheißung, Peking 2008 als
mächtige Ausstellung eines früheren Entwicklungslandes und heutigen
Anspruchs, ein Global Big Player zu sein. Und Paris? Ein Land, das bei den
jüngsten Wahlen keine rechtsradikalen Sieger sehen wollte. Im Gegenteil.
## Weniger heilig, egalitärer als sonst
Die Sommerspiele sollten nicht in einem Stadion beginnen, sondern in der
Stadt selbst, an der Seine, die Gästenationen auf Schiffen einlaufend.
Dazwischen Kulturprogramm: Lady Gaga mit einer Revuenummer Zizi Jeanmaires,
an den Mauern eines historischen Gebäudes [3][die Heavy-Metal-Band Gojira]
mit köstlichem Lärm, dazu wie in einer grotesken Verbeugung vor den
historischen Leistungen der Französischen Revolution die geköpfte Marie
Antoinette als lustigen Pop-Clip darbietend.
Dann die Beyoncé Frankreichs, die aus Mali stammende [4][Sängerin Aya
Nakamura], Pop-Heroine der Pariser Vorstädte, die in ihrer Performance
Charles Aznavours „For Me, Formidable“ zitierte und am Ende von der Garde
républicaine umringt wurde, die Gardisten mitgroovend. Schließlich die
Entzündung der olympischen Flammenschale, bei der zwei Sportlerinnen*
Frankreichs ihre Fackeln in einen Ring der mit dem Feuer aufsteigenden
Montgolfière tauchten: die Leichtathletin Marie-José Pérec und der Judoka
Teddy Riner.
Nicht zu vergessen die formelle Zeremonie mit dem Eröffnungssatz des
Präsidenten Emmanuel Macron, die durchaus launige Rede des
Paris-2024-Projektleiters Tony Estanguet, selbst Goldmedaillengewinner im
Wildwasserkanu – vor allem die Stadt, das Land, die sportlichen Gäste
hervorhebend. Es sah eben nicht so heilig wie in einem Stadion aus,
vielmehr irgendwie egalitärer als sonst: Ist für Sportler für die ganze
Welt gemacht, nicht für die Big Money Asses of the World.
Ach ja, es hat geregnet. Und wie! Man sah Regenponchos, viele. Hat fast
niemanden gestört. Die deutsche Delegation mit den Fahnentragenden, der
Judoka Anna-Maria Wagner [5][und dem Basketballer Denis Schröder,] ging
irgendwie in ihrem Pulk schon auf einem der ersten Schiffe auf der Seine
unter. Lag es vielleicht daran, dass sie alle wie eine Kegelgemeinschaft
auf dem Weg zum Pauschalcluburlaub aussahen – keinen Pfiff im Look, keine
Moves, kein freudiges Geschrei?
Die Pariser Olympiaeröffnung bot ein Monument an Schönheit, mit Witz und
Kuriosität. Das war so gewollt, das war die Idee: dem Völkischen keinen
Fußbreit, mit Stolz auf alle, die das Leben in Frankreich ausmachen.
Horroridee beim Gucken: Hamburg hätte sich ja fast auch beworben für diese
Spiele. Das Volk wollte nicht. Die Welt zu Gast – das ist nichts für
Deutsche. Ist auch gut so. Was hätte man auch bieten wollen – in aller
deutschen Provinzialität? Schlepperballett mit Feuerwerk auf der Elbe? Mon
dieu, non!
28 Jul 2024
## LINKS
[1] /Olympia-Eroeffnungsfeier-in-Paris/!6026221
[2] https://www.youtube.com/watch?v=D7FMMjqKvaM
[3] https://www.rockantenne.de/rockwissen/musik-news/gojira-bei-olympia-2024-se…
[4] https://www.youtube.com/watch?v=66JWP4F5_tE
[5] /Deutscher-Fahnentraeger-in-Paris/!6022895
## AUTOREN
Jan Feddersen
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