| # taz.de -- Energetische Sanierung von Wohngebäuden: So wohnen alle nachhaltig | |
| > Miete deckeln, Sanierung fördern: Der Mieterbund und das Öko-Institut | |
| > haben Vorschläge, wie einkommensschwache Haushalte entlastet werden | |
| > können. | |
| Bild: Szene einer energetischen Altbausanierung: Ein Arbeiter beim Wechseln von… | |
| taz | In der politischen Debatte über die Energiesanierung von Wohngebäuden | |
| standen bisher oft die Interessen der Immobilienbesitzer:innen im | |
| Vordergrund. Nun machen der [1][Deutsche Mieterbund] und das Öko-Institut | |
| Vorschläge, die eher den Mieter:innen zugute kommen sollen. So könnten | |
| die Mieten für zehn Jahre gedeckelt werden, wenn Hausbesitzende einen | |
| öffentlichen Zuschuss zu den Sanierungskosten in Anspruch nähmen. | |
| „Viele Mieterinnen und Mieter sind überfordert“, sagte am Dienstag Melanie | |
| Weber-Moritz, Direktorin des Deutschen Mieterbunds. Denn über die Hälfte | |
| der Mieter:innen beziehen Verdienste im unteren Drittel der | |
| Einkommensskala. Deshalb sei eine „spezielle Förderung für Mietwohnungen | |
| nötig“, so Weber-Moritz. Diese Forderung liege auch auf einer Linie mit der | |
| [2][EU-Richtlinie für die Energieeffizienz] von Gebäuden. Gut die Hälfte | |
| der Privathaushalte in Deutschland wohnen zur Miete. | |
| Konkret könnten Immobilienbesitzende, die Wohnungen vermieten, einen | |
| zusätzlichen staatlichen Zuschuss zu den Investitionskosten der | |
| Energiesanierung in Höhe von 15 Prozent erhalten, erklärte Sibylle | |
| Braungardt vom Öko-Institut. Im Gegenzug müssten sie dann zehn Jahre lang | |
| die Mieten in den entsprechenden Häusern mindestens zehn Prozent unter der | |
| ortsüblichen Vergleichsmiete halten. | |
| Diese Idee verknüpft zwei Ziele: die finanzielle Entlastung der | |
| Mieter:innen und die energetische Sanierung der Wohngebäude. Auf | |
| Letzteres soll der zusätzliche Zuschuss als Anreiz für die | |
| Hauseigentümer:innen hinwirken. Denn momentan verläuft die | |
| [3][Sanierung gerade] der am schlechtesten isolierten Wohngebäude sehr | |
| langsam. Viele Mieter:innen mit niedrigen Einkommen wohnen dort. | |
| Wohnkosten oft 40 Prozent des Einkommens | |
| Augenblicklich sieht deren Lage so aus: Einerseits steigen die | |
| Bruttokaltmieten teilweise deutlich. Andererseits wachsen die | |
| Energiekosten, unter anderem verursacht durch den Anstieg des | |
| Kohlendioxidpreises, der auf fossile Heizwärme – Kohle, Öl und Gas – | |
| erhoben wird. Außerdem können die Modernisierungskosten für die | |
| Energiesanierung des Hauses hinzukommen, die die Vermietenden teilweise auf | |
| die Mietenden umlegen dürfen – wobei die Renovierung die fossilen | |
| Energieausgaben auch verringert. | |
| Unterm Strich sind viele Miethaushalte trotzdem mit steigenden Kosten | |
| konfrontiert. Gerade bei Leuten mit niedrigen Einkommen beanspruchen die | |
| Wohnungskosten oft 40 Prozent der Verdienste. Dem soll der Vorschlag der | |
| beiden Organisationen entgegenwirken, die Mieten im Falle der | |
| Energiesanierung auf zehn Jahre zu deckeln. | |
| Daneben plädieren Mieterbund und Öko-Institut für weitere Maßnahmen. Sie | |
| raten dazu, den sozialen Wohnungsbau zusätzlich zu fördern, der | |
| preisgünstige Wohnungen anbietet. Der Staat solle mehr Mittel für die | |
| energetische Sanierung von Sozialwohnungen zur Verfügung stellen. Mit mehr | |
| Geld könnten auch ökologische Stadtquartiere ausgebaut werden. | |
| Die Kosten der zusätzlichen Förderung beziffern die Organisationen auf 5 | |
| bis 8 Milliarden Euro pro Jahr. Alleine der 15-Prozent-Bonus könnte im | |
| Bundeshaushalt mit bis zu 5 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche schlagen. Die | |
| Frage ist dabei, woher dieses Geld kommen soll. [4][Der Klima- und | |
| Transformationsfonds] des Bundeswirtschaftsministerium ist ebenso überdehnt | |
| wie der gesamte Bundeshaushalt. Die drei Regierungsparteien SPD, Grüne und | |
| FDP haben kürzlich nur mit großen Mühen und vielen noch zu schließenden | |
| Löchern einen Entwurf für den Haushalt 2025 zusammengestellt. | |
| Hohe Einkommen sollen selber zahlen | |
| Mieterbund und Öko-Institut meinten, die Kosten des neuen Zuschusses | |
| könnten sinken, wenn ein Teil davon aus dem Sozialfonds der Europäischen | |
| Union fließe. Und sie plädierten dafür, die Förderung zu reduzieren, die | |
| bisher auch Hausbesitzer:innen mit hohen Einkommen zugutekommt. Diese | |
| Gruppen könnten die Energiesanierung in stärkerem Maße selbst finanzieren, | |
| so das Argument. | |
| Sie unterstütze „die Forderung des Mieterbundes, die energetische Sanierung | |
| im Städtebau zu verankern“, erklärte Christina-Johanne Schröder, [5][die | |
| grüne Sprecherin für Wohnen]. „Wir verfolgen die Politik, dass etwa ein | |
| Drittel der Kosten der Staat trägt, ein Drittel Hauseigentümerinnen und | |
| Hauseigentümer und ein Drittel die Mieterinnen und Mieter.“ Die soziale | |
| Staffelung von Zuschüssen, die bei der Heizungsförderung schon eingeführt | |
| wurde, hielt Schröder für eine ausbaufähige Idee. | |
| [6][Daniel Föst], bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP, sprach | |
| sich dagegen dafür aus, durch „serielles Bauen schnelle und kostengünstige | |
| energetische Sanierungen“ zu erreichen. Zusätzliche Zuschüsse unterstützte | |
| er nicht: „Um die Kosten der energetischen Sanierungen fair zu verteilen, | |
| gibt es bereits heute eine soziale Staffelung bei der Modernisierungsumlage | |
| und eine Klimakomponente im Wohngeld.“ | |
| 31 Jul 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://mieterbund.de/aktuelles/meldungen/sanierungen-von-mietwohnungen-soz… | |
| [2] https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/69/energieeffizienz | |
| [3] /Studie-ueber-energetische-Sanierungen/!6000623 | |
| [4] /Bundesetat-2025/!6016994 | |
| [5] https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/S/schroeder_christina-860816 | |
| [6] https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/F/foest_daniel-857310 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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