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# taz.de -- Kampf gegen umweltschädliche Überdüngung: Bundesrat stoppt neues…
> Die Ampel will verhindern, dass Bauern auch künftig zu viel düngen und so
> das Grundwasser verschmutzen. Doch ihr Gesetz dazu blockiert der
> Bundesrat.
Bild: Ein Getreidefeld wird gedüngt:Der Bundesrat blockiert das Gesetz gegen �…
Berlin taz | Der Bundesrat hat eine Gesetzesreform abgelehnt, die die
umweltschädliche Überdüngung bekämpfen und helfen sollte, „gute“ Bauern…
von Gegenmaßnahmen auszunehmen. Lediglich Hamburg und Bremen stimmten am
Freitag in der Länderkammer dem neuen Düngegesetz des Bundestags zu. Ohne
Zustimmung des Bundesrates kann die Vorlage nicht in Kraft treten.
Dabei hatten die Ministerien für Umwelt und [1][Landwirtschaft] noch am
Donnerstagabend einen alarmierenden Bericht zur Belastung von Gewässern mit
der Stickstoffverbindung Nitrat durch die Agrarbranche veröffentlicht.
Demnach wurde 2020 bis 2022 der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter
Grundwasser an 25,6 Prozent der Messstellen des EU-Nitratmessnetzes
überschritten. Das ist nur rund 1 Prozentpunkt weniger als von 2016 bis
2018.
Hauptursache ist, dass Landwirte im Schnitt Wissenschaftlern zufolge trotz
deutlicher Verbesserungen immer noch pro Jahr und Hektar rund 80 Kilogramm
Stickstoff etwa in Gülle oder Mineraldünger mehr ausbringen, als ihre
Pflanzen aufnehmen. Dieser Überschuss an Pflanzennährstoff schadet Klima,
Grundwasser und Artenvielfalt. Die deutschen Küstengewässer verfehlten dem
Bericht zufolge erneut den „guten ökologischen Zustand“, vor allem durch zu
viel Phosphor, der ebenfalls als Düngemittel genutzt wird.
Die Behörden haben wegen der hohen Nitratwerte einen großen Teil der
Agrarfläche zu „Roten Gebieten“ erklärt. Dort müssen alle Höfe pauschal
weniger düngen, um die Nitratemissionen zu reduzieren. Das kann ihre Ernten
schmälern, und Tierhalter können nicht mehr so viel Gülle auf den Feldern
als Dünger entsorgen.
## Keine Entlastung für „gute“ Höfe möglich
Das neue Düngegesetz sollte der Überdüngung entgegenwirken, indem es mehr
Landwirte als bisher zur Erstellung einer Stoffstrombilanz verpflichtet.
Darin müssen sie errechnen, wieviel Pflanzennährstoffe wie Stickstoff sie
in die Umwelt abgeben. Zu hohe Überschüsse könnten nach entsprechenden
Gesetzesänderungen sanktioniert werden.
Außerdem sollte das Düngegesetz den Bund ermächtigen, eine Verordnung für
ein „Monitoring“ der Nitratsituation in ganz Deutschland zu erlassen. Damit
könnten die Behörden etwa Emissionsdaten aus verschiedenen Quellen
zusammenführen. So ein Monitoring war eine Bedingung der EU-Kommission,
weshalb sie das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen
Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie im Juni 2023 eingestellt hat. Erst
wenn es das Monitoring gibt, sollten die Ministerien nach eigenen Angaben
mit Brüssel über Ausnahmen von den Auflagen in den „Roten Gebieten“
verhandeln können.
Dagegen hat der Bauernverband nichts. Stattdessen bekämpft er die
Stoffstrombilanz für einzelne Höfe, weil sie für die Landwirte zusätzliche
Bürokratie, aber keinen Fortschritt für die Umwelt bringen würde. Genau
diese Argumente trugen im Bundesrat auch die Ministerpräsidenten von
Brandenburg und Hessen vor, Dietmar Woidke (SPD) und Boris Rhein (CDU).
Rhein sprach sogar von einem „Bürokratiemonster“. Sie führten aber nicht
aus, weshalb die Stoffstrombilanz sinnlos sei. Düngeexperten wie der Kieler
Agrarprofessor Friedhelm Taube plädieren seit Jahren für so eine
Nährstoffbilanz, allerdings müsse sie noch wie von den Ministerien zugesagt
verbessert werden.
## „Bürokratiemonster“ frisst 5 Arbeitsstunden pro Jahr
Der bürokratische Aufwand für die Bauern ist überschaubar. Als der
Bundestag 2017 die Verordnung zur Stoffstrombilanz diskutierte, schrieb der
Nationale Normenkontrollrat: „Für die Wirtschaft entsteht durch das
Regelungsvorhaben ein zusätzlicher jährlicher Aufwand von insgesamt 15,5
Mio. Euro“. Das sind bei rund 162.000 betroffenen Betrieben im Schnitt nur
123 Euro. Dafür müssten die Unternehmen 4,8 bis 5,3 Stunden aufwenden – pro
Jahr.
Worum geht es dem Bauernverband also in Wirklichkeit? „Der Bauernverband
will nicht, dass man künftig erkennen kann, wer das Problem der Überdüngung
verursacht“, sagte ein Insider aus dem Bundesrat der taz. Denn dann könnten
solche Betriebe bestraft werden, zum Beispiel durch Bußgelder.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zeigte sich nach der Abstimmung
enttäuscht: „Durch die Düngegesetz-Blockade im Bundesrat bleibt der Weg zu
mehr Verursachergerechtigkeit weiter verbaut“, sagte der Grünen-Politiker.
Schlimmstenfalls drohe auch noch ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren
aus Brüssel. Nun können Bundesrat, -tag oder -regierung den
Vermittlungsausschuss anrufen. Bis zu einer Einigung dort würden aber wohl
Monate vergehen. Unionsvertreter könnten die Verhandlungen nutzen, um die
Stoffstrombilanz zu kippen.
5 Jul 2024
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## AUTOREN
Jost Maurin
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Landwirtschaft
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