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# taz.de -- Pläne des Agrarministeriums: Überdüngung bald leichter gemacht
> Die Bundesregierung plant: Bauern sollen nicht mehr errechnen müssen, wie
> viel Stickstoff und Phosphor sie in die Umwelt abgeben.
Bild: Darf es etwas mehr sein? Gülleausbringung auf Feld
Berlin taz | Die Bundesregierung will eine wichtige Vorschrift gegen die
umwelt- und klimaschädliche Überdüngung kippen. Dem Kabinett wird
voraussichtlich am Dienstag ein Vorschlag von CSU-Agrarminister Alois
Rainer vorliegen. Demnach sollen Bauern per Verordnung von der Pflicht
befreit werden, eine „Stoffstrombilanz“ zu erstellen.
Solche bisher für manche Höfe vorgeschriebenen Berechnungen zeigen, wie
viel Pflanzennährstoffe der einzelne Betrieb in die Umwelt abgibt. Mithilfe
der Stoffstrombilanz könnten Höfe sanktioniert werden, die zu hohe
Nährstoffüberschüsse verursachen. Rainers Ministerium hält die Vorschrift
einem Sprecher zufolge für eine „unnötige bürokratische Last“.
Landwirte bringen laut Umweltbundesamt im Schnitt pro Jahr und Hektar rund
[1][80 Kilogramm Stickstoff] etwa in Gülle oder Mineraldünger mehr aus, als
ihre Pflanzen aufnehmen. Dieser Nährstoff-Überschuss schadet Klima,
Grundwasser und Artenvielfalt. An [2][vielen Messstellen] wird der
Grenzwert von 50 Milligramm der potenziell gesundheitsschädlichen
Stickstoffverbindung Nitrat pro Liter Grundwasser überschritten. Dabei wird
aus Grundwasser das meiste Trinkwasser gewonnen. Die Emissionen aus
Phosphordünger belasten den ökologischen Zustand der Meere.
Doch Rainers Ministerium will die obligatorische Stoffstrombilanz einem
Verordnungsentwurf zufolge streichen. Denn CDU/CSU und SPD haben auf Druck
des Bauernverbands in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, auf dieses
Instrument zu verzichten. Es bringe für die Landwirte Bürokratie, aber
keinen Fortschritt für die Umwelt, argumentiert die Organisation.
Tatsächlich ist der bürokratische Aufwand für die Bauern überschaubar. Der
Nationale Normenkontrollrat hat errechnet, dass die Unternehmen 4,8 bis 5,3
Stunden für die Aufstellung der Bilanz aufwenden müssten – pro Jahr.
## Interesse an Überdüngung
Die anderen Regeln würden nicht reichen, um die Überdüngung genügend zu
reduzieren, sagt der Kieler Agrarprofessor Friedhelm Taube, der sich seit
Jahren mit dem Thema befasst. Denn sie würden oft höhere Düngermengen
erlauben, als für die Pflanzen nötig. Außerdem seien diese Regeln zu
„manipulationsanfällig“. Manche Landwirte haben ein Interesse an
Überdüngung, weil sie so beispielsweise die großen Mengen Gülle aus
Schweineställen auf dem Feld entsorgen können.
Taube plädiert deshalb dafür, die Stoffstrombilanzverordnung zu verbessern
statt sie aufzuheben. Die deutsche Umwelthilfe springt Taube bei: „Ohne
eine wirksame Stoffstrombilanz können die Verursacherinnen und Verursacher
für Belastungen nicht ermittelt werden und die Grenzwerteinhaltung wird
somit noch unwahrscheinlicher.“
Ob Rainer die Stoffstrombilanz per Verordnung überhaupt abschaffen kann,
ist umstritten. Die Umwelthilfe meint: Nein, das Verfahren „hätte aller
Voraussicht nach bei einer rechtlichen Prüfung keinen Bestand.“ Tatsächlich
steht im [3][Düngegesetz] nur, dass das Agrarministerium die genauen
Vorschriften über die Stoffstrombilanz mit Zustimmung von Bundestag,
Bundesrat und Umweltministerium „erlässt“. Dort steht nicht, dass es die
Vorschriften aufheben darf – schon gar nicht ohne das Parlament. Sascha
Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe sagt deshalb: „Wir
werden alle rechtlichen Mittel prüfen“.
Das Agrarministerium dagegen schreibt der taz, sowohl Justiz- als auch
Innenministerium hätten bestätigt, dass aus ihrer Sicht weder die
Zustimmung des Bundesrats noch die Beteiligung des Bundestags erforderlich
sei. Das Umweltministerium bekannte sich zu der Vereinbarung im
Koalitionsvertrag.
23 Jun 2025
## LINKS
[1] https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/stickstoffeintrag…
[2] https://www.bundesumweltministerium.de/pressemitteilung/nitratbericht-nitra…
[3] https://www.gesetze-im-internet.de/d_ngg/BJNR005400009.html
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
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Umweltschutz
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Landwirtschaft
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