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# taz.de -- Massenproteste in Kenia: Generation Z kämpft um ihre Zukunft
> In Kenia kämpft eine neue Jugendbewegung gegen Korruption. Sie verzichtet
> auf sichtbare Führer. Bei Straßenschlachten gibt es Tote.
Bild: Demonstranten im Tränengasnebel: Nairobi, Dienstag 25. Juni
Nairobi taz | Die Inspiration für [1][die größten Jugendproteste in Kenias
Geschichte] ist der Tod eines Geschäftsmannes.
[2][Jacob Juma], ein Unternehmer, wurde am 16. Mai 2016 in der Hauptstadt
Nairobi erschossen, nachdem er Regierungskorruption kritisiert hatte. Seine
Ermordung hinderte ihn daran, entsprechende Klagen weiterzuverfolgen.
Kenias Staatssicherheit wurde damit in Verbindung gebracht.
Juma hatte ein Staatsunternehmen auf 5 Millionen US-Dollar Entschädigung
verklagt, wegen Vertragsbruchs im Zusammenhang mit einer Lieferung von
40.000 Tonnen Mais im Jahr 2004. Er hatte außerdem 2015 die Regierung
verklagt, die seiner Firma die Bergbaulizenz entzogen hatte, nach seinen
Angaben wegen seiner Weigerung, 800.000 US-Dollar Schmiergeld zu zahlen.
Juma galt als Unterstützer des ewigen Oppositionsführers [3][Raila Odinga]
gegen die damals regierende [4][„Jubilee-Koalition“ von Präsident Uhuru
Kenyatta] und äußerte sich öffentlich über das Verschwinden von Geldern aus
staatlichen Kreditaufnahmen.
Acht Jahre später steht der Name Juma für die Massenproteste gegen die
Regierung von Kenyattas einstigem Vizepräsidenten und Nachfolger als
Staatschef, William Ruto, der 2022 zum Präsidenten gewählt wurde.
Die empörten Jugendlichen, im Volksmund als „Generation Z“ bekannt,
stürmten Nairobis Straßen am vergangenen Donnerstag aus Protest gegen den
neuen Haushaltsentwurf, der Gegenstände des täglichen Bedarfs besteuert.
Am Dienstag eskalierte die Lage in Nairobi. Die Polizei setzte
Gummigeschosse und Tränengas gegen die Protestierenden ein. Sechs Tote und
über 50 Verletzte waren am frühen Dienstagnachmittag die vorläufige Bilanz
der Straßenschlachten im Stadtzentrum. Tausende Protestierende trotzten den
Gummigeschossen und Wasserwerfen der Polizei, die versucht hatte, den
„Central Business District“ abzuriegeln. Nachdem sie die Polizeilinien
durchbrochen hatten, stürmten Demonstranten den Gebäudekomplex des
Parlaments, am frühen Abend blieb die Lage unübersichtlich.
## Revolution der Gen Z
„Wir sterben lieber aufrecht, als auf Knien zu leben“, rief ein militanter
Jugendlicher bei einer Rede in Meru. Die Regierung hatte die
Protestbewegung anfangs als städtisches Luxusphänomen zu diskreditieren
versucht: Jugendliche würden sich per Uber zu den Demonstrationen fahren
lassen und mit teuren I-Phones mobilisieren.
Aber nun bereiten die unerwartet heftigen Proteste der Regierung
unerwartete Kopfschmerzen. Die [5][Kenya Youths Union], die hinter der
Protestbewegung steht, hat den ermordeten Juma zu ihrem Anführer erklärt.
„Er ist unser Sponsor und unserer Mentor in dieser Revolution“, erklärte
die Gruppe. „Wenn ihr jemanden entführen wollt, denkt an unseren Führer
Jacob Juma.“
Damit wollte die Jugendgruppe einerseits von den lebenden Führern der
Protestbewegung ablenken, um diese aus der Schusslinie zu bringen – aber
eben auch klarmachen, wofür sie steht. „Sie haben ihn körperlich getötet,
aber geistig lebt er weiter“, sagt Demonstrant Vitalis Msafi in Nairobi.
„Jacob Jumas Geist ist der wichtigste Mobilisierer von Generation Z.“
Die Regierung von Präsident Ruto hat einigen Forderungen der
Protestierenden nachgegeben und „Generation Z“ Gespräche angeboten. Das ist
allerdings in Ermangelung sichtbarer Protestführer schwierig. „Ruto will
Dialog mit Generation Z, aber Generation Z hat keinen Führer“, sagt ein
Regierungsanhänger.
Berichten zufolge sind Entertainer Eddie Butita und Politikberater Dennis
Itumbi, der einst Ruto im Wahlkampf half und jetzt mit ihm gebrochen hat,
die führenden Figuren hinter Generation Z. Sie selbst äußern sich zu den
Protesten allerdings nicht.
## Zuckerbrot und Peitsche
Während die Polizei auf der Straße hart gegen Protestierende vorgeht,
bemüht sich die Regierung, die Protestbewegung zu loben. „Was Generation Z
vorbringt, ist bedenkenswert“, sagt John Tanui, Staatsminister im
Ministerium für Kommunikation digitale Ökonomie. „Wir hören ihnen zu, um
damit das Handeln der Regierung zu bereichern. Dies ist die talentierteste
und tech-affinste demographische Gruppe im Land mit großem Potential.“
Präsident Ruto sagte: „Der Mut und die Geschlossenheit unserer Jugend ist
ermutigend. Wir werden mit ihnen engagieren, um ihre Sorgen zu diskutieren
und ein besseres Kenia für alle aufzubauen.“
Aber manche Protestierenden sind davon wenig beeindruckt und rufen bereits
zum Rücktritt Rutos auf.
## Anerkennung in Nachbarländern
Ihre Bewegung sorgt international für Aufmerksamkeit und Bewunderung.
[6][Bobi Wine], Oppositionsführer im Nachbarland Uganda, lobte: „Ihr erhebt
eure Stimme und die wird weit über Kenias Grenzen hinaus gehört.“ Auch
Südafrikas linke Oppositionspartei [7][EFF (Economic Freedom Fighters)]
erklärte sich solidarisch.
Anthony Kimani, Abgeordneter der zu Kenias Regierungskoalition gehörenden
„United Democratic Alliance“, begrüßt das Aufkommen von Generation Z als
bemerkenswerte Überwindung der ethnischen Grenzen, die Kenianer lange Zeit
auseinanderdividiert haben. „Diese neue Generation steht für
zukunftsgerichtetes Denken, die gemeinsame Ziele und Werte über enge und
spalterische Identitäten stellt. Unsere Generation Z demonstriert ganz klar
eine progressive Vision für unsere Nation und setzt ein Beispiel, dem alle
Führer folgen sollten.“
25 Jun 2024
## LINKS
[1] /Jugendproteste-in-Kenia/!6018741
[2] https://assassination.globalinitiative.net/face/jacob-juma/
[3] /Wahlen-in-Kenia/!5872734
[4] /Stimmauszaehlung-nach-Wahl/!5071697
[5] https://x.com/kenyayouthunion
[6] /Oppositionspolitiker-nach-Wahl-in-Uganda/!5741699
[7] https://effonline.org
## AUTOREN
Maria Macharia
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