# taz.de -- Stimmauszählung nach Wahl: Kenianer stehen im Regen | |
> Kikuyu-Politiker Uhuru Kenyatta liegt bei der Präsidentschaftswahl mit | |
> knapp 50 Prozent deutlich vorn. Aber noch ist eine Stichwahl möglich. | |
Bild: Strenge Straßenkontrollen in Nairobi sollen Unruhen verhindern | |
NAIROBI taz | Seit fünf Tagen liegt das Land nun lahm. Schulen blieben | |
geschlossen, Geschäfte, wenn sie überhaupt öffneten, bekamen keine neuen | |
Vorräte. Die Schaufenster sind leergeräumt, aus Vorsorge. „Ich gehe nach | |
Hause und setze mich vor den Fernseher“, verkündet Autowerkstattinhaber | |
Martin Adhama, „Es hat keinen Sinn. Ich komme nicht an Ersatzteile.“ | |
Am Freitag nachmittag schließlich trat Kenias Wahlkommission in der | |
Hauptstadt Nairobi feierlich vor die Öffentlichkeit. „Ein Grund, warum ich | |
hier bin, ist zum Beweis, dass ich weder im Gefängnis sitze noch gestorben | |
bin“, verkündete Wahlkommissionsleiter Issack Hassan, nachdem die | |
Nationalhymne gesungen worden war. „Aber ich bin gestresst.“ Dann ging das | |
Zählen weiter. Der mit Spannung erwartete Auftritt brachte wieder keine | |
Klarheit. | |
In den „Bomas of Kenya“, wo sich die Auszählungszentrale der Wahlkommission | |
befindet, herrscht eine schlaffe Stimmung. Beobachter, Journalisten und | |
Politiker hängen herum. Drinnen versucht ein sehr lauter Chor, die | |
Wartenden zu amüsieren. Gerüchte werden geboren und sterben meistens wieder | |
schnell. Keiner hat eine Ahnung. | |
## Kenyatta fehlen 0,1 Prozent | |
49,897 Prozent - das war am späten Nachmittag der Stimmenanteil von Uhuru | |
Kenyatta bei der Auszählung der Präsidentschaftswahl, nach Auswertung von | |
239 der 291 Wahlkreise. 50 Prozent wäre die Marke, ab der er im ersten | |
Wahlgang gewonnen hätte. Sonst muss Kenyatta, Angehöriger von Kenias | |
größter Volksgruppe der Kikuyu ebenso wie der derzeitige Präsident Mwai | |
Kibaki, in die Stichwahl gegen Raila Odinga, Angehöriger der Luo-Ethnie, | |
der sich schon 2007 um den Wahlsieg gegen Kibaki durch Fälschung betrogen | |
sah. | |
Damals forderte Gewalt wegen Streit um das Wahlergebnis in Kenia über 1300 | |
Tote. Und genau wie damals zieht sich die Auszählung auch jetzt hin, und | |
mit jedem Tag wachsen Zweifel, ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht. | |
Viel Geld war dieses Mal investiert worden, um die Wahlergebnisse | |
elektronisch von den Wahllokalen in die Zentrale der Wahlkommission zu | |
übermitteln. Aber das klappte nicht, und seit Mittwoch müssen die lokalen | |
Funktionäre der Wahlkommission mit den Ergebnissen nach Nairobi reisen - | |
per Auto, Bus und manchmal Flugzeug. | |
Bürgeraktivisten haben ein Gerichtsverfahren angesrengt, weil in vielen | |
Fällen die Einzelergebnisse nicht an den Türen der Wahllokale gehängt | |
worden waren, so dass jeder sie sehen konnte. Ihr Antrag auf Unterbrechung | |
der Auszählung wurde jedoch am Freitag nachmittag vom Gericht | |
zurückgewiesen. | |
## Beide Lager sind unzufrieden | |
Raila Odingas Wahlbündnis „Cord“ ist unzufrieden. Seit Beginn der | |
Auszähluing liegt er konstant rund 600.000 Stimmen hinter Kibaki. Kein | |
nationaler oder internationaler Beobachter, kein Parteifunktionär oder | |
Journalist hat Zutritt zum Auszählungszentrum der Wahlkommission. | |
Kenyattas Wahlbündnis „Jubilee“ ist auch unzufrieden. Es beschuldigt den | |
britischen Botschafter der Einmischung, um eine Stichwahl zu erzwingen. | |
Auch traut die Kenyatta-Koalition nicht der großen Zahl von britischen | |
Soldaten im Land. Die britische Armee nutzt Kenias abgelegenen Norden seit | |
vielen Jahren für Übungen. | |
Die „Bomas of Kenya“ werden besser bewacht als Regierungsgebäude oder der | |
internationale Flughafen von Nairobi. Hunderte von Polizisten und Soldaten | |
stehen überall schwer bewaffnet herum. Am Ausgang murmelt eine müde | |
Polizistin: „Ich wollte, es wäre vorbei“. | |
8 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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