# taz.de -- Vor den Wahlen in Kenia: Den Haag greift ein | |
> Der Internationale Strafgerichtshof will vier Politikern aus Kenia den | |
> Prozess machen. Zwei sind Kandidaten für die nächste | |
> Präsidentschaftswahl. | |
Bild: Angeklagt vor dem Internationalen Strafgerichtshof: Uhuru Kenyatta und Wi… | |
BERLIN taz | Ausgerechnet im Vorlauf auf die nächsten Wahlen in Kenia | |
kommen zwei Präsidentschaftskandidaten des Landes als Mitverantwortliche | |
für tödliche Gewalt nach der letzten Wahl vor den Internationalen | |
Strafgerichtshof (IStGH). Die 2. Vorverfahrenskammer des IStGH in Den Haag | |
hielt am Montag die Anklagen gegen vier der sechs Politiker in Kenia | |
aufrecht, gegen die wegen Mitverantwortung für blutige Unruhen nach der | |
Parlaments- und Präsidentschaftswahl Ende 2007 ermittelt worden war. | |
Unter ihnen sind zwei profilierte Politiker, die sich gute Wahlchancen | |
ausrechnen: Uhuru Kenyatta, Sohn des Staatsgründers Jomo Kenyatta und | |
derzeit Finanzminister und Vizepremierminister, und William Ruto, derzeit | |
Bildungsminister. | |
Kenyatta und Ruto gelten als zwei Führungsfiguren der verfeindeten | |
ethnisch-politischen Lager Kenias, die nach der Wahl Ende 2007 gewaltsam | |
aufeinander losgingen, als der amtierende Präsident Mwai Kibaki sich | |
entgegen dem Ergebnis der Auszählung zum Sieger erklärte und an der Macht | |
blieb. | |
Die Polizei ging zur Jahreswende 2007/2008 mit massiver Gewalt gegen | |
Oppositionsdemonstranten vor, als Reaktion kam es zu ethnischen Pogromen | |
gegen Angehörige von Kibakis Ethnie der Kikuyu. Diese wiederum schlugen mit | |
eigenen ethnischen Milizen, genannt Mungiki, gegen als oppositionell | |
geltende Völker zurück. Insgesamt starben über 1.300 Menschen und | |
Hunderttausende wurden vertrieben, bis der ehemalige UN-Generalsekretär | |
Kofi Annan im Februar eine Regierung der Nationalen Einheit aushandelte. | |
Kibaki blieb Präsident. | |
## Die Angst blieb | |
Der mutmaßliche Wahlsieger und Oppositionsführer Raila Odinga wurde | |
Premierminister, und eine neue Verfassung wurde ausgearbeitet. Dennoch | |
bleibt die Angst groß, dass beide Seiten sich für eine neue blutige | |
Konfrontation bei den nächsten Wahlen rüsten. Diese wurden kürzlich von | |
August 2012 auf März 2013 verschoben. | |
Der Internationale Strafgerichtshof wurde eingeschaltet, nachdem sich | |
herausstellte, dass der politische Druck auf Kenias Justiz im Land selbst | |
zu groß war. Gegen sechs von mehreren Dutzend mutmaßlichen | |
Gewaltverantwortlichen wurden Ermittlungen eingeleitet. Sie blieben | |
unüblicherweise auf freiem Fuß, teils sogar in der Regierung, und | |
kooperierten freiwillig mit Den Haag. Zwei getrennte Vorverfahren wurden | |
eröffnet. In beiden Fällen wurden die Anschuldigungen nun jeweils gegen | |
zwei der drei Beschuldigten aufrechterhalten. | |
Der bekannteste kenianische Kämpfer gegen Korruption und Straflosigkeit, | |
John Githongo, nannte den Spruch aus Den Haag "eine große Sache". Führende | |
kenianische Politiker stünden nun an der Seite von Verbrechern wie Ratko | |
Mladic und Charles Taylor, freute er sich. "Das ist gar keine nette | |
Gesellschaft." | |
Der Richterspruch fiel mit zwei Stimmen gegen eine. Der deutsche Richter | |
Hans-Peter Kaul konnte sich nicht durchsetzen mit seiner Meinung, das | |
Gericht sei nicht zuständig, da es sich nicht um Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit handele. | |
23 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Bürgerkrieg | |
Kenia | |
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