Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Landwirtschaft in Sizilien: Durst nach Wissen
> Weiterackern trotz Dürre, aber wie? Ein Landwirtinnenkollektiv in
> Sizilien sucht gemeinsam nach Wegen, mit dem Klimawandel umzugehen. Ein
> Hofbesuch.
Vizzini taz | Wenn Donatella und Antonello Vanadia von früher erzählen, wie
sie die Kuhherde ihrer Eltern von den Bergen im Nordosten [1][Siziliens] zu
den Weidegründen ins Landesinnere getrieben haben, dann entstehen Bilder im
Kopf von grünem Weideland, von Nächten in Ställen und kräftezehrenden
Fußmärschen. Vor allem aber erinnern sich die beiden an: Regen, kaum ein
Tag ohne Regen. „Das war wie im Wilden Westen“, sagt Donatella und lacht.
Die Viehtriebzeiten sind Vergangenheit. Und das hat auch mit dem
Klimawandel zu tun.
Die heute 51-Jährige steht auf einem ihrer Felder, wenige hundert Meter
entfernt vom Betrieb, den sie mit drei ihrer vier Geschwister führt. Mit
ihrem jüngsten Bruder Antonello holt sie an diesem Mittag Anfang Juni die
Kühe ein. „Margarita, Margarita“, ruft die Landwirtin in Richtung einer der
gewaltigen Kühe mit hellgrauem Fell. Margarita reagiert ein paar Sekunden
später mit einem Ohrenschlackern. Donatella Vanadias Augen weiten sich, sie
schaut das Tier an. In ihrem Blick liegt eine Mischung aus Faszination und
Ehrfurcht vor diesen Tieren, die schon immer Teil ihres Lebens gewesen
sind. „Hier zu sein, ist für mich das Schönste“, sagt Vanadia, die Hände…
die Hüften gestemmt, ihr Blick schweift über die Herde. Zum Betrieb gehören
auch Pferde, Esel und Ziegen. Aber das Herzstück sind die Kühe. Zwei Rassen
hält der Bio-Betrieb: Marchigiana, eine Fleischrasse, die aus der
ostitalienischen Region Marken stammt. Und Modicana, eine sizilianische
Rasse für die Milchproduktion.
Von dem saftigen Grün, das die Familie damals jährlich beim Viehtrieb
vorfand, ist nichts mehr zu sehen. Die Wiesen sind vertrocknet. Im
Hintergrund surren leise Windkraftanlagen, die Luft ist warm. Die
Wanderweidewirtschaft, wie sie die Eltern von 1969 bis 1994 betrieben, hat
die Familie zugunsten eines festen Standorts aufgegeben; da waren Donatella
und ihre Geschwister junge Erwachsene.
Die 250 Kühe und Kälber grasen jetzt auf abgelegenen Feldern in der Nähe
des 6.000-Einwohner-Orts Vizzini, rund 30 Kilometer entfernt der
nächstgrößeren Stadt Caltagirone. Anders als damals legen die Kühe nur noch
kurze Strecken zurück: Jeden Mittag werden sie abwechselnd von Donatella
Vanadia und ihren Brüdern sowie zwei Angestellten aus Indien in einen
angrenzenden Wald gebracht. Dort finden sie Schatten. Und, zumindest noch
im vergangenen Jahr, auch Wasser.
Dann hörte es im letzten September auf zu regnen. Anfang Mai wurde [2][in
Sizilien wegen der Dürre der Notstand] ausgerufen. Die italienische
Regierung stellte der Region Sizilien 20 Millionen Euro zur Verfügung – nur
ein kleiner Teil von dem, worum die Regionalregierung gebeten hatte. Mit
dem Geld sollen seit vielen Jahren vernachlässigte und teils defekte
Wasserinfrastrukturen auf der Insel repariert werden: Wasserspeicher,
Kanalisation, Reinigungs- und Entsalzungsanlagen. Auch Tankwagen sollen
gekauft werden.
Mit ihrer kräftigen Statur und ihrem roten Polo-Shirt sticht Vanadia scharf
vor dem Hintergrund der Baumstämme hervor. Äste und vertrocknete Blätter
knistern unter ihren Füßen, wenn sie geht. „Nichts, kein Wasser. Gar
nichts“, sagt die Landwirtin. Seit die Familie vor 60 Jahren in die Region
gezogen ist, habe man so eine [3][Dürre] hier noch nicht erlebt.
Vanadia deutet auf eine größere Erdkuhle, die der Regen früher füllte. Mit
großen Schritten geht sie die Stelle ab und deutet an, bis wohin das Wasser
bis vor einem Jahr noch ging. Ungläubig schüttelt sie den Kopf. „Früher
hörte man hier Frösche quaken. Vögel badeten im Wasser. Jetzt ist da nur
noch Stille“, sagt die Viehzüchterin. Eine andere Wasserstelle, ein paar
Meter weiter, ist nur deshalb noch nicht trocken gefallen, weil sie das
Wasser über einen zwei Kilometer langen Schlauch von einem Brunnen aus in
den Wald leiten.
Die sonst so quirlige Vanadia wird ruhig wie selten an diesem Tag, sie
schaut an einen Baum gelehnt in Richtung der Kühe, die am Becken Wasser
trinken. Im letzten Jahr sind etwa zehn von ihnen gestorben. An
Wassermangel und wegen der schlechten Futterqualität, so erklärt es
Vanadia, die außerdem ausgebildete Tierärztin ist und in diesem Beruf
vormittags auf Betrieben in der Gegend unterwegs ist. Um zu vermeiden, dass
weitere Kühe verdursten, sehen sie und ihre Geschwister sich gezwungen, in
naher Zukunft, ältere Tiere zu schlachten. Wie viele genau das sein werden,
will sie nicht sagen. Aber es seien mehr, als bisher verendet sind. Eine
Hilfe für die Kosten der Schlachtung haben sie bei der Regionalregierung
bereits beantragt.
Eine Kuh trinkt zwischen 100 und 200 Liter Wasser am Tag. Viele Kälber
setzen wegen des Wasser- und Futtermangels weniger Fleisch an. Dann können
die Landwirte sie statt für 1.000 Euro nur noch für 500 Euro verkaufen.
Auch die Milchproduktion, die für den Käse bestimmt ist, ist zurückgegangen
– um 50 Prozent. „Landwirte sind die Ersten, die die Auswirkungen des
[4][Klimawandels] zu spüren bekommen“, sagt Pepe Amato, Wasserexperte für
die Region Sizilien und Leiter des Umweltverbands Legambiente.
Überall fehlt es an Heu. Weil das auf 200 Hektar selbst angebaute Heu wegen
des fehlenden Regens einen schlechten Ertrag gebracht hat, müssen die
Geschwister 60 Prozent des benötigten Grünfutters zukaufen. Für den
Betrieb, der vorher autark war, bedeuten das immense Kosten. In den letzten
vier Jahren ist der Preis für einen Heuballen von 25 Euro auf 130 Euro
gestiegen – eine Zunahme um 420 Prozent. 30.000 Euro musste der Betrieb
laut Vanadia in diesem Jahr allein für Futter ausgeben.
Nach dem kurzen Ausflug in den Wald macht sich die Landwirtin nun auf den
Weg zum Hof. Ihr Tag ist von morgens bis abends durchgetaktet. Sie isst mit
ihrer Familie zu Mittag, bevor sie sich um Provola- und Ricotta-Käse
kümmern muss, den sie im Betrieb aus der Kuhmilch herstellen. Über den
gedeckten Esstisch hinweg wechseln die Gespräche zwischen Erinnerungen an
vergangene Zeiten und Projektideen für die Zukunft des Betriebs.
Antonello Vanadia sitzt am Tischende, ihm gegenüber die 81-jährige Mutter,
daneben die Schwestern Donatella und Sara. Alle Geschwister haben studiert,
Sara arbeitet als Lehrerin. Dem bereits verstorbenen Vater Sebastiano war
es wichtig, dass alle Kinder, auch die Töchter, durch Bildung unabhängig
werden – im konservativen Sizilien ist diese Einstellung den Töchtern
gegenüber keine Selbstverständlichkeit.
„Er machte keinen Unterschied zwischen seinen Söhnen und Töchtern. Er hatte
einen Weitblick, wie ihn viele andere Landwirte nicht hatten“, sagt
Donatella, und die Geschwister nicken. Auf dem Hof erinnern Fotos an
Sebastiano Vanadia. Der Vater habe die Kinder geprägt, sagt Donatella. In
der Weise, wie er die [5][Landwirtschaft] gesehen habe, sein Verständnis
„vom einfachen Leben“, wie sie sagt.
Über den Tisch hinweg werden Rinderschnitzel gereicht, das Fleisch kommt
von den eigenen Tieren. Donatella kommt mit einer Flasche selbst gemachten
Mandarinenschnaps ihrer Mutter Sebastiana aus der Küche. Die ärgert sich
über die Unfähigkeit von Politikern, auf die Klimakrise zu reagieren, die
sich schon lange abgezeichnet habe, wie sie findet.
Ihre Kinder sind sich einig, dass es eine Agrarpolitik bräuchte, die sich
um die wirklich wichtigen Anliegen kümmert – dazu gehört für sie in erster
Linie der Aufbau einer stabilen Wasserinfrastruktur. Aktuell sei das
Gegenteil der Fall: Ein jahrelanges Versäumnis der politischen
Entscheidungsträger, die Wasserkrise anzugehen. Hinzu kämen Misswirtschaft,
häufig verbunden mit Korruption.
Viele SizilianerInnen haben offenbar nicht mehr allzu viel Vertrauen in die
Politik. Das zeigte zuletzt die Wahlbeteiligung [6][bei den EU-Wahlen im
Juni]: Die lag in Sizilien bei gerade mal 38 Prozent, verglichen mit rund
51 Prozent im europaweiten Durchschnitt.
Die sonst so ruhige Sebastiana bemerkt entnervt: „Immer wird vom Tourismus
gesprochen, aber was essen und trinken die Menschen ohne Landwirtschaft?“
Die Frage, was sie noch machen können, um sich anzupassen, beantwortet der
46-jährige Antonello knapp mit „Kamele anschaffen“. Kurzes Gelächter. Dann
ergänzt er, der wie Donatella auch als Tierarzt arbeitet: „Wir haben bei
der Regionalverwaltung angefragt, ob wir von der EU eine Hilfe bekommen, um
zwei kleine Seen zu graben. Damit könnten wir Regenwasser effizienter
sammeln.“ Eine Idee, die auch der Wasserexperte Pepe Amato befürwortet.
Der Tisch ist inzwischen abgeräumt, nebenan wird in der Küche mit Geschirr
geklappert. Dann wird Kaffee gereicht. Da sagt Antonello, noch in Gedanken:
„Nur der Himmel kann uns retten.“ Viele Betriebe könnten in den nächsten
Monaten bankrottgehen, glaubt er. Im letzten Jahr haben Brände große Teile
Siziliens verwüstet: 57.000 Hektar wurden durch Flammen vernichtet. Mehr
als das Doppelte an Fläche als im gesamten restlichen Italien. Und in
diesem Jahr ist schon trockener als im vergangenen Jahr zu diesem
Zeitpunkt.
Für Antonellos Schwester Donatella kommt aufhören nicht infrage. Sie hat
noch Hoffnung – und Ansätze, die sie dem Klimawandel entgegensetzen möchte.
Vor dem Hintergrund von Landflucht und einem drastischen Höfesterben will
sie, statt wie ihr Bruder auf den Himmel zu vertrauen, lieber die Menschen
dazu bewegen, in der Landwirtschaft zu bleiben.
Dafür setzt sie sich als regionale Co-Präsidentin in der Organisation
„Donne in Campo“ (Frauen auf dem Feld) ein, eine Organisation, die Frauen
in der traditionell von Männern dominierten Landwirtschaft eine Stimme gibt
und sich für umweltfreundliche Methoden in der landwirtschaftlichen
Produktion einsetzt: „Wir kümmern uns um die Umwelt, wir bauen auf den
Feldern an, wir leisten unseren Beitrag. Wir leben von dem, was wir
erwirtschaften.“ Die Felder zu kultivieren und nicht sich selbst zu
überlassen, sei im Übrigen eine direkte Maßnahme gegen die Auswirkungen des
Klimawandels, denn, erklärt ihr Bruder Antonello: „Wo es keine
Bewirtschaftung gibt, wächst das Unkraut. Im Sommer wirkt das wie Benzin
für Brände. Wo Tiere grasen, können sich Brände schwer ausbreiten.“
Viele Landwirtinnen in ihrer Umgebung hat Donatella mit ihrer scheinbar
endlosen Energie und Überzeugungskraft schon davon überzeugt, in der
Landwirtschaft zu bleiben. Ein weiterer Erfolg: Durch ihr Engagement wurde
die Landwirtschaftsschule in Vizzini, die einzige Schule dieser Art in der
Region, 2023 vor der Schließung bewahrt. Weil es nicht genügend Schüler
gab, meldete Donatella Vanadia sich kurzerhand spontan selbst an – und
überzeugte 14 Frauen aus der Gegend, es ihr gleichzutun.
„Es war wichtig, die Nachricht zu verbreiten: Stop, die Landwirtschaft ist
wichtig für das Land, sie ist wichtig für die Menschen“, sagt Donatella
Vanadia. Sie und ihre Kolleginnen warben auf lokalen Veranstaltungen und
über die sozialen Netzwerke für die Schule, mit Erfolg: Für 2024 gab es im
Voraus 50 Anmeldungen.
„Sie ist eine Verrückte“, sagt Antonello und schüttelt den Kopf über den
Kampfgeist seiner Schwester. Dabei habe sie neben der täglichen Arbeit als
Tierärztin, mit den Kühen, der Käseproduktion und dem Verkauf eigentlich
schon genug zu tun. Immer wieder öffnet Donatella Vanadia den Höf auch für
pädagogische Besichtigungen, bei denen sie Kindern aus der Region das
Landleben näherbringt und ihnen den Umgang mit der Natur vermittelt. Die
Arbeit mit Kindern sei wichtig, sagt sie. Sie stellt fest, dass sich Kinder
immer mehr von der Natur entfernen würden. Aber wie soll man eine neue
Generation von Landwirten gewinnen, wenn die sich vor allem mit
Computerspielen beschäftigten?
„Ich lerne nachts, weil ich sonst keine Zeit habe. Heute Morgen musste ich
eine Präsentation vorbereiten“, sagt die Hofbesitzerin, und sie schüttelt
selbst den Kopf beim Gedanken daran, dass sie täglich von 16.30 Uhr bis
21.30 Uhr in der Landwirtschaftsschule sitzt. Ihr Auto sei zu einem Büro
geworden. Als sie am Abend ihren Wagen auf kurvigen Straßen in Richtung der
Schule in Vizzini navigiert, rutschen auf dem Rücksitz Bücher und Ordner
durcheinander.
„Donatella ist ein Vulkan“, sagt Maria, die nur ihren Vornamen nennt und
eine Freundin Vanadias aus Kindertagen ist – außerdem selbst Landwirtin in
fünfter Generation. Sie steht auf der Terrasse ihres Hofs. Im Hintergrund
wiehern Pferde. Ihre Tochter Giulia geht mit Vanadia in dieselbe Klasse der
Landwirtschaftsschule.
Auch Maria ist Mitglied von „Donne in Campo“. Durch die Herausforderungen
des Klimawandels sind die Landwirtinnen noch näher zusammengerückt: „Wir
haben erkannt, dass wir dann besonders resistent sind, wenn wir uns
vernetzen“, sagt Donatella Vanadia, und Maria nickt.
Neben der Rettung der Schule haben einige Viehzüchterinnen im letzten Jahr
ein Käsefest organisiert. Das trug dazu bei, dass Vizzini der Titel
„Käsestadt 2024“ verliehen wurde: Ein regelmäßiger lokaler Markt mit
heimischen Produkten soll als Nächstes auf die Beine gestellt werden – in
der Region gilt ein solcher als revolutionär.
Wenn Kunden von außerhalb kommen und nach Produkten fragen, empfehlen die
Landwirtinnen sich gegenseitig weiter. Neben Fleisch und Käse gibt es auf
den Höfen Gemüse, Brot aus einem alten Getreide und Orangen aus der
Umgebung von Vizzini zu kaufen. Das Frauenkollektiv will eine Versorgung
gewährleisten, die in einigen Bereichen in Konkurrenz zu den großen
Supermarktketten treten kann.
Für die Zukunft plant das Netzwerk, einen Korb mit lokalen Produkten
zusammenzustellen. Was in einigen europäischen Ländern seit langer Zeit
existiert, wäre für die Region eine Neuheit. „In Sizilien ist die
Auffassung von unternehmerischem Erfolg sehr individualistisch geprägt.
Dabei braucht es mehr Zusammenarbeit“, analysiert Pepe Amato.
Er sieht die Arbeit von Vereinen wie „Donne in Campo“, die Kooperative und
Netzwerke fördern, als essenziell im Umgang mit den Folgen des
Klimawandels. Er erklärt, dass die Mentalität, alles im Alleingang zu
machen, in Sizilien für alle Bereiche des Lebens gelte, und nennt als
Beispiel die Wasserverwaltung: „Es gibt zu viele kleine Gemeinden, die sich
allein kümmern wollen, aber allein funktioniert es nicht. Wenn mehrere
Gemeinden ein gemeinsames Wassersystem entwickeln, ist das deutlich
effizienter.“ Man müsse zum Beispiel den Ausbau von Rohrsystem
gemeindeübergreifend koordinieren.
Maria und Donatella Vanadia finden, dass Frauen gut darin seien, sich zu
solidarisieren: „In Krisensituationen sind Frauen in der Lage, an einem
Strang zu ziehen.“ Das mache sie resilienter in Krisenzeiten. In ihrem
Netzwerk kennt sie viele Frauen, die die Frage umtreibt, wie sie-Z sich
noch breiter aufstellen können, um den existenzbedrohenden Auswirkungen des
Klimawandels zu trotzen. Einen Trend unter Landwirtinnen, sich nicht
ausschließlich auf die Produktion zu beschränken, bestätigen in Italien
auch die Zahlen: Bei von Frauen geführten landwirtschaftlichen Betrieben
liegen Agrotourismus, multifunktionelle Betriebe und Bildungshöfe vorne: 60
Prozent der von Frauen geführten Betriebe arbeiten laut der größten
landwirtschaftliche Gewerkschaft Italiens Confagricoltura so.
Für den eigenen Hof hat Donatella Vanadia viele Pläne. Einer davon betrifft
die Produktion: Ihre Milch will sie bald zu Eis verarbeiten. Daran arbeitet
sie gerade.
Pepe Amato teilt die Einstellung, dass Frauen im Anbetracht der Bedrohung
des Klimawandels besonders anpassungsfähig sind: „Frauen sind bei diesen
Themen flexibler, Männer werden stattdessen eher zu Starrheit erzogen. Ich
kenne viele Landwirtinnen, die sich mit der Wiederherstellung von altem
sizilianischen Getreide beschäftigen, das den Vorteil hat, dass es bei
Wassermangel resistenter ist.“
Er bezeichnet besonders die überwiegend männliche geprägte Viehzucht in
Sizilien als „hartes Milieu“, die von Kämpfen der Viehzüchter untereinand…
geprägt sei und der gängigen Idee, dass eine Zusammenarbeit nur Nachteile
bringe. „Es gibt viel Konkurrenz wegen Erbschaften, viele Landbesetzungen.
Es ist ein Chaos, wie im Wilden Westen“, sagt Amato.
Er ergänzt in Bezug auf die Wasserkrise: „Wenn man den Züchter von nebenan
bekämpft, ist es schwierig, sich gemeinsam zu organisieren, um dem
Wassermangel zu begegnen.“ Er selbst hat mit seinem Umweltverband ein
Konsortium mit dem Titel „Kore Sicilae“ gegründet, das aus Landwirten,
Handwerkern, Gastronomen und weiteren Mitgliedern besteht, die sich
gemeinsam der nachhaltigen Entwicklung der Provinz Enna verpflichtet haben.
50 Unternehmen haben sich angeschlossen. Ein solcher Zusammenschluss ist in
der Region einmalig.
Donatella hat sich wegen der Dürre für Modicana-Kühe entschieden. Sie sind
resistenter gegenüber Trockenheit. Damit ist sie eine Pionierin. „Die
Mehrheit der sizilianischen Landwirte setzt immer noch auf
nichteinheimische Rassen, die nicht an Dürre angepasst sind“, bestätigt
auch Amato. Maria hat auch Kühe, die sie gemeinsam mit ihrem Mann hält.
Ihre Schwester kümmert sich im von Frauen geführten Betrieb um die
Buchhaltung. Ihre 13-jährige Nichte, die auch Landwirtin werden möchte,
hilft bereits jetzt bei der täglichen Arbeit auf dem Hof. Sie stelle im
Alltag zunehmen fest, dass das Wort der Frauen immer mehr an Gewicht
gewinne auf den Höfen, sagt die 46-Jährige.
Noch zu Beginn ihrer Laufbahn als Landwirtin und Viehzüchterin hat auch
Donatella Vanadia Gegenwind erlebt. Ob sie als Frau überhaupt fähig sei,
diesen Job zu machen? Diese und ähnliche Sätze bekam sie zu hören. Aber die
Leidenschaft für ihre Arbeit brachte ihr schnell den Ruf als eine „Figlia
d’arte“ ein – gemeint ist eine „Frau vom Fach“.
Als sie an diesem Abend, es ist schon lange dunkel, müde vom Tag das Auto
auf dem Hof abstellt, sagt sie: „Eigentlich ist es doch so: Je mehr
Schwierigkeiten, desto widerstandsfähiger wird man. Das Leben auf dem Land
lehrt uns das.“
3 Jul 2024
## LINKS
[1] /Sizilien/!t5008952
[2] /Klimawandel-im-Mittelmeerraum/!5929928
[3] /Duerre/!t5013895
[4] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262
[5] /Landwirtschaft/!t5007831
[6] /Europawahlen-in-Italien/!6016717
## AUTOREN
Augustin Campos
Stefanie Ludwig
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Sizilien
Landwirtschaft
Dürre
Wassermangel
GNS
Esel
Sizilien
Italien
Schwerpunkt Klimawandel
Wassermangel
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
wochentaz
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mensch und Tier in der Antike: Der Esel war meistens der Dumme
Die Ausstellung „Einfach unentbehrlich“ in Berlin widmet sich dem Esel in
der Antike. Sie erzählt von Ausbeutung, Gewalt – und ein bisschen Liebe.
Arbeitsmigration in Italien: Früchte der Ausbeutung
Tunesische Arbeitskräfte zahlen Tausende Euro, um auf Sizilien unter
elenden Bedingungen beschäftigt zu werden.
Italienische Küche: Die cucina italiana existiert!
Der Historiker Alberto Grandi behauptet, die italienische Küche gebe es gar
nicht. Stimmt nicht, denn die so eigenen lokalen Küchen vereint vieles.
Stauseen und Brunnen fehlen: Ein Drittel Siziliens bald Wüste
Extreme Dürre, aber auch marode Wasserleitungen und falsche Prioritäten bei
der Infrastruktur machen der Mittelmeerinsel zu schaffen.
Wassermangel in Frankreich: Kampf gegen die Riesenbecken
In Frankreich häufen sich die Proteste gegen die „Méga-Bassines“ für die
Landwirtschaft. Die kommende Regierung wird reagieren müssen.
Hurrikan verwüstet Karibkinsel: Klimawandel treibt Wirbelsturm an
Hurrikan „Beryl“ hat auf Union Island 90 Prozent der Häuser beschädigt.
Noch nie wurde ein Hurrikan der Stärke 5 so früh registriert.
Dänische Klimapolitik: Green Deal mit Bauernrabatt
Dänemark will mit einem Pakt das Klima schonen, Naturschutz voranbringen
und die Lasten für Agrarbetriebe in Grenzen halten. Wie soll das aussehen?
Die Suche nach gerechtem Kaffee: Nicht die Bohne
Gourmetkaffee ist in den letzten Jahren populärer geworden. Oft kommt er
von kleinen Röstereien, aber auch die großen Kaffeeunternehmen mischen mit.
Neuseelands Wende in der Klimapolitik: Rinder-Rülpser bleiben steuerfrei
Neuseeland galt lange als Vorreiter beim Umweltschutz. Mit der Streichung
der Methan-Steuer macht die neue Regierung nun Schluss damit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.