| # taz.de -- Reaktionen auf Frankreich-Wahl: Düstere Mahnungen in Brüssel | |
| > Europaabgeordnete fürchten eine absolute Mehrheit des RN in Frankreich. | |
| > Beim neuen französischen EU-Kommissar will Le Pen bereits mitreden. | |
| Bild: Wenn die Le-Pen-Partei in Frankreich regiert, dürfte die deutsch-franzö… | |
| Brüssel/Berlin taz | Während die EU-Politiker in Brüssel sonst nicht auf | |
| den Mund gefallen sind, hüllten sie sich am Montag, dem Tag nach der ersten | |
| Runde der französischen Parlamentswahl, in ein betretenes Schweigen. Nur | |
| ein paar deutsche Europaabgeordnete wagten sich aus der Deckung – und | |
| warnten vor einem Wahlsieg des rechtsextremen Rassemblement National auch | |
| in [1][der entscheidenden Stichwahl am nächsten Sonntag]. | |
| „Eine absolute Mehrheit für den RN in der Nationalversammlung wäre ein | |
| historischer Tiefpunkt für das Frankreich, das wir kennen und als unseren | |
| festen Partner schätzen: das Frankreich der Freiheit, Gleichheit und | |
| Brüderlichkeit“, sagte etwa René Repasi, Chef der deutschen | |
| Sozialdemokraten. „Auf europäischer Ebene und in Deutschland kann dies | |
| niemanden gleichgültig lassen“, fügte er hinzu. | |
| Eine Parallele zu den USA und den Niederlanden zog auch Rapasis Kollege | |
| Denis Radtke von der Europäischen Volkspartei. In Frankreich „erleben wir | |
| das Endspiel unserer liberalen Demokratie“, so der CDU-Politiker vom | |
| Arbeitnehmerflügel seiner Partei. 57 Prozent der Arbeiter und 44 Prozent | |
| der Angestellten hätten Le Pens Partei gewählt. „In Deutschland schließt | |
| sich das Zeitfenster, wenn wir ähnliche Entwicklungen verhindern wollen.“ | |
| Die düsteren Mahnungen lassen erahnen, wie tief der Schock sitzt – und wie | |
| groß die Konsequenzen für Frankreich, Deutschland und die EU wären, sollte | |
| Le Pens Partei im zweiten Wahlgang eine absolute Mehrheit erreichen. Nicht | |
| nur die deutsch-französische Zusammenarbeit wäre gefährdet – zum Beispiel | |
| in der Energieversorgung, wo die Frontfrau der französischen Rechten den | |
| europäischen Strommarkt verlassen will. | |
| ## Ukraine: Beim EU-Kurs dürfte sich vorerst nichts ändern | |
| Auch die Grundfesten der EU kämen wohl ins Wanken. Denn Frankreichs | |
| Präsident Emmanuel Macron könnte nicht mehr jene tragende und treibende | |
| Rolle spielen, für die er bisher in Brüssel geliebt und von manchen auch | |
| gefürchtet wurde. Dabei hatte Macron noch vor wenigen Tagen, beim EU-Gipfel | |
| Ende der vergangenen Woche, die Fäden gezogen. Der liberale Politiker | |
| sorgte mit dafür, dass die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen, die er | |
| 2019 von Berlin nach Brüssel geholt hatte, [2][für eine zweite Amtszeit als | |
| Kommissionspräsidentin nominiert wurde]. | |
| Außerdem meldete er Anspruch auf einen wichtigen Posten in der nächsten | |
| EU-Kommission an und nannte schon einen Namen: Thierry Breton, bisher | |
| Binnenmarktkommissar, soll bleiben. Doch nun wackelt zumindest diese | |
| Nominierung. Le Pens Partei will Macron das Recht streitig machen, den | |
| nächsten französischen EU-Kommissar zu bestimmen. Außerdem will sie den | |
| französischen EU-Beitrag senken. Der ist zwar noch bis 2027 festgelegt. | |
| Doch wenn die Nationalisten die nächste Regierung in Paris stellen, könnte | |
| schon bald eine harte europäische Rabattschlacht entbrennen. | |
| Und nicht nur das. Immer wieder ist die Rede von einem Europa, das den | |
| Mitgliedstaaten mehr Autonomie geben soll, und weniger von einem | |
| Staatenbündnis, das stark kooperiert. Macron hatte in mehreren | |
| Grundsatzreden an der Pariser Universität Sorbonne von einem Europa | |
| gesprochen, das zu sterben drohe, wenn es nicht gemeinsame Werte | |
| verteidige. Diese Marschrichtung dürfte mit einem starken RN – in | |
| Zusammenspiel mit anderen rechten Kräften in Europa – ein Ende haben. Denn | |
| ganz ähnliche Töne sind auch aus den Niederlanden, aus Ungarn, aus | |
| Österreich oder auch seitens der AfD in Deutschland zu hören. | |
| Beim EU-Kurs für die Ukraine dürfte sich indes vorerst nichts ändern. | |
| Außenpolitik ist in Frankreich Chefsache und damit auf der Agenda des | |
| Präsidenten. Macron hatte sich auf EU-Ebene für einen starken, | |
| solidarischen Kurs ausgesprochen, dafür, die europäische Rüstungsindustrie | |
| zu stärken und die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine | |
| voranzutreiben. In Zeiten, in denen etliche EU-Mitgliedstaaten mit klammen | |
| Haushalten kämpfen, dürfte bei EU-feindlicheren politischen Mehrheiten ein | |
| geopolitischer und diplomatischer Schulterschluss mit der Ukraine auf der | |
| politischen Agenda eher nach unten rutschen. | |
| Tatsächlich dürften aber zunächst bilaterale Vereinbarungen stärker ins | |
| Wanken geraten. Wurde die deutsch-französische Freundschaft nach dem Besuch | |
| Macrons unlängst bei Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefrischt, so war es das | |
| dann wohl mit dem Garant für Stabilität im internationalen Superwahljahr. | |
| Auch das viel gerühmte wiederauferstandene Weimarer Dreieck, bestehend | |
| aus Polen, Deutschland und Frankreich, dürfte an Spannkraft verlieren, wenn | |
| Paris keine zuverlässige Kraft mehr ist. In dem Trio wird nun von deutscher | |
| Seite vor allem auf den bisher kleineren Partner – Polen – geschielt. | |
| Frankreich dürfte bei den für Dienstag angesetzten deutsch-polnischen | |
| Regierungskonsultationen wohl auch ein Thema werden. | |
| 1 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
| Tanja Tricarico | |
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