# taz.de -- Frankreichs Wahlrunde eins: Rechtsnationale offiziell vorn | |
> Bei Parlamentswahlen wurde das rechte Rassemblement National stärkste | |
> Kraft, das Linksbündnis kam auf Platz zwei, die Macronisten nur auf Platz | |
> drei. | |
Bild: Protest in Paris auf dem Platz der Republik gegen den Wahlsieg des Rassem… | |
PARIS rtr/afp | Drei Wochen nach der Europawahl haben [1][Frankreichs] | |
Rechtspopulisten erneut einen deutlichen Wahlsieg eingefahren. Das rechte | |
Rassemblement National (RN) ist aus der ersten Runde der vorgezogenen | |
Parlamentswahl in Frankreich als stärkste Kraft hervorgegangen. Die Partei | |
von [2][Marine Le Pen] erhielt zusammen mit ihren Verbündeten laut dem am | |
Montag veröffentlichten offiziellen Endergebnis 33 Prozent der Stimmen. Auf | |
Platz zwei landete demnach das Linksbündnis mit 28 Prozent. | |
Das Mitte-Lager von Präsident [3][Emmanuel Macron,] der selbst nicht zur | |
Wahl stand, kam bei der Abstimmung am Sonntag auf 20 Prozent, wie das | |
Innenministerium in Paris mitteilte. Die genaue Verteilung der Sitze in der | |
Nationalversammlung entscheidet sich allerdings erst nach der zweiten | |
Wahlrunde am kommenden Sonntag. | |
„Die extreme Rechte ist an der Schwelle der Macht“, räumte Premierminister | |
Gabriel Attal am Sonntagabend in Paris ein. Nach manchen Prognosen könnte | |
das RN nach der zweiten Runde am 7. Juli auf eine relative oder absolute | |
Mehrheit kommen. | |
Präsident Emmanuel Macron rief angesichts des Wahlerfolgs der | |
Rechtspopulisten zu einem „breiten, demokratischen und republikanischen | |
Bündnis“ auf. Die hohe Wahlbeteiligung zeuge von dem „Willen, die | |
politische Situation zu klären“, betonte der Präsident. | |
## Schwere Niederlage für Macron | |
Attal kündigte den Rückzug von etwa 60 Kandidaten in der zweiten Runde an, | |
um den Sieg rechtspopulistischer Kandidaten zu verhindern. Das RN dürfte im | |
zweiten Wahlgang „keine einzige Stimme“ erhalten, sagte er. | |
„Wir haben sieben Tage Zeit, um Frankreich vor einer Katastrophe zu | |
bewahren“, erklärte der sozialistische Politiker Raphaël Glucksmann vom | |
Linksbündnis. Die Republikaner – ohne ihren abtrünnigen Parteichef Eric | |
Ciotti – liegen bei zehn Prozent. Die Wahlbeteiligung war mit mindestens 65 | |
Prozent deutlich höher als 2022 mit 48 Prozent. | |
Die Ex-Parteichefin des RN, Marine Le Pen, rief ihre Anhänger auf, ihrer | |
Partei in der nächsten Runde eine „absolute Mehrheit“ zu verschaffen. | |
Macrons Lager sei „praktisch ausgelöscht“, erklärte Le Pen, die in ihrem | |
Wahlkreis bereits im ersten Wahlgang gewählt wurde. Parteichef Jordan | |
Bardella sieht sich bereits als künftiger „Premierminister aller | |
Franzosen“. Er werde „verfassungstreu, aber unnachgiebig“ sein, kündigte | |
der 28-Jährige an. | |
Der linkspopulistische Politiker Jean-Luc Mélenchon nannte das Ergebnis | |
eine „schwere und indiskutable Niederlage für Macron“. Er erklärte, dass | |
seine Partei La France Insoumise (LFI) manche Kandidaten ebenfalls | |
zurückziehen werde, um den Sieg von RN-Kandidaten zu verhindern. | |
## Experten erwartet mehr politische Instabilität | |
Frankreich-Experten warnten angesichts des Wahlergebnisses vor einer | |
politischen Dauerkrise. „Es konkretisiert sich die Gefahr, dass Frankreich | |
sich in einer Situation ohne parlamentarische Mehrheit wiederfindet“, sagte | |
Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). | |
Die politische Instabilität werde zunehmen, fügte er hinzu. | |
Die Verteilung der 577 Sitze der Nationalversammlung wird sich erst nach | |
der zweiten Wahlrunde klären. 39 Abgeordnete des RN wurden bereits im | |
ersten Wahlgang gewählt, vom Wahlbündnis Neue Volksfront konnten sich 32 | |
Abgeordnete direkt durchsetzen. Um in der ersten Runde gewählt zu werden, | |
brauchen die Kandidaten nicht nur die absolute Mehrheit der Stimmen, diese | |
müssen auch einem Viertel der eingeschriebenen Wähler entsprechen. | |
Sollte das RN eine absolute Mehrheit erhalten, dürfte Frankreich zum | |
vierten Mal eine Kohabitation erleben, in der Präsident und Premier | |
unterschiedlichen Lagern angehören. Allerdings wären die ideologischen | |
Unterschiede größer als je zuvor. | |
Das RN ist mit einem europa- und ausländerfeindlichen Programm angetreten. | |
Die Partei hat zudem massive Wahlgeschenke in Aussicht gestellt, von denen | |
es einige bereits abgemildert hat. Konkret will die Partei Frankreichs | |
EU-Beitrag verringern, eine Obergrenze für Einwanderung einführen, die | |
Bewegungsfreiheit von Nicht-EU-Ausländern einschränken und Berufsverbote | |
für Franzosen mit doppelter Staatsangehörigkeit auf den Weg bringen. Als | |
eine der ersten Maßnahmen soll die Mehrwertsteuer auf Gas und Treibstoff | |
reduziert werden. Die Abschaffung der Rentenreform soll erst später | |
geschehen. | |
1 Jul 2024 | |
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