# taz.de -- Kongos Rebellen feiern Durchbruch: „Schließt euch der Revolution… | |
> Im Osten der DR Kongo erobern die M23-Rebellen mehrere Städte und blasen | |
> zum Sturz von Präsident Tshisekedi. Hunderttausende Menschen auf der | |
> Flucht. | |
Bild: Auf der Flucht: Zivilisten in den Hügeln außerhalb von Kanyabayonga, 14… | |
BERLIN taz | Pünktlich zum Unabhängigkeitstag der Demokratischen Republik | |
Kongo am 30. Juni hat die Rebellenarmee [1][M23 (Bewegung des 23. März)] im | |
Osten des Landes ihre bisher größten Erfolge des Jahres erzielt. Die | |
Rebellen eroberten am Freitag die Stadt Kanyabayonga 150 Kilometer nördlich | |
der von ihnen belagerten Provinzhauptstadt Goma und eröffneten sich damit | |
den Zugang zum am dichtesten besiedelten Teil der Provinz Nord-Kivu. | |
[2][Videos zeigten], wie die Rebellen in langen Kolonnen durch die | |
staubigen Straßen der Stadt marschierten. Am Samstag übernahm die M23 auch | |
die benachbarte Großstadt [3][Kirumba] und weitere Ortschaften im hügeligen | |
Umland und versprach der Bevölkerung auf Versammlungen Sicherheit und | |
Frieden. | |
Augenzeugen sagten am Sonntag, die Rebellen befänden sich jetzt in Kaseghe, | |
nur noch 100 Kilometer von Nord-Kivus zweitgrößter Stadt Butembo entfernt, | |
ein wichtiges Handelszentrum. | |
Wochenlang hatte Kongos Armee versucht, den Vormarsch der Rebellen in | |
dieses Hochland aufzuhalten. Berichten zufolge gab es zuletzt aber Streit | |
zwischen Armeeeinheiten sowie zwischen der Armee und den lokalen | |
paramilitärischen Milizen „Wazalendo“ (Patrioten), die zum Kampf gegen die | |
als Marionette Ruandas gewertete M23 aufgestellt worden sind. | |
## Ein Gebiet voller Kriegsvertriebener | |
Das Gebiet um Kanyabayonga ist [4][Kernland des ostkongolesischen | |
Nande-Volkes], historische Rivalen der in der Provinzhauptstadt Goma | |
dominanten ruandischstämmigen Volksgruppe, aus der sich die M23-Rebellen | |
rekrutieren. Indem diese nun im Nande-Gebiet Fuß fassen, weiten sie ihren | |
Krieg deutlich aus. | |
Zugleich erobert die M23 ein Gebiet voller Kriegsvertriebener. Nach | |
UN-Angaben sind zwischen März und Mai rund 54.000 Familien – über 300.000 | |
Menschen – aus den damaligen Kampfgebieten im Umland von Goma nach Norden | |
Richtung Kanyabayonga geflohen; gut die Hälfte sei inzwischen auf dem Weg | |
weiter nach Norden, hieß es Mitte Juni im [5][jüngsten | |
UNHCR-Monatsbericht]. Die Stadt Kanyabayonga soll inzwischen zu 90 Prozent | |
entvölkert sein, [6][meldete am Wochenende] das UN-unterstützte Radio | |
Okapi. | |
Der Vorstoß der Rebellen ist auch ein Schachzug Ruandas, dessen | |
militärische Unterstützung die M23 überhaupt erst stark gemacht hat. | |
Vergangenen Donnerstag hatte Angolas Präsident Joao Lourenco, der zwischen | |
Kongo und Ruanda vermittelt, Gespräche zur Einrichtung eines Gipfeltreffens | |
zwischen den beiden Präsidenten Felix Tshisekedi und Paul Kagame bekannt | |
gegeben. | |
Kongos neue Premierministerin Judith Suminwa Tuluka, gerade auf Besuch in | |
Goma, hatte [7][sofort widersprochen]: „Wir verhandeln nicht mit unseren | |
Angreifern“, sagte sie. Sollte der neue M23-Vorstoß auf Hilfe aus Ruanda | |
zurückzuführen sein, wäre er auch als Druckmittel auf Kongo zu verstehen, | |
endlich Gesprächen zuzustimmen. | |
## Präsident an allen Fronten in der Defensive | |
Kongos Präsident Felix Tshisekedi steckt militärisch und politisch in der | |
Defensive. Nach seiner umstrittenen Wiederwahl im Dezember 2023 dauerte es | |
bis zum 12. Juni dieses Jahres, bevor seine [8][neue Premierministerin | |
Judith Suminwa Tuluka] ihr Amt aufnahm. In der neuen Regierung wurde der | |
vorherige Verteidigungsminister Jean-Pierre Bemba, ehemaliger | |
Rebellenführer [9][mit Erfahrung im Osten], von Guy Kabombo Muadiamvita | |
ersetzt, einem persönlichen Freund des Präsidenten ohne militärischen | |
Hintergrund. | |
Seitdem rumort es in Kongos Militär – und nun hat die Armee eine ihrer | |
wichtigsten Fronten kampflos geräumt und Tshisekedi blamiert. | |
Der Präsident trommelte am Samstag Kongos höchste Generäle zum Krisengipfel | |
in Kinshasa zusammen. Zuvor hatte er in seiner [10][Ansprache zum | |
Unabhängigkeitstag] versprochen, „die territoriale Integrität unseres | |
Landes zu retten“. | |
Corneille Nangaa, Anführer des politischen Rebellendachverbandes AFC | |
(Allianz des Kongo-Flusses) rund um die M23, rief in einer eigenen | |
[11][Rede zum Unabhängigkeitstag] die Armee zum Sturz des Präsidenten auf: | |
„Schließt euch der Revolution an!“ | |
30 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776 | |
[2] https://x.com/kabumba_justin/status/1806723251202044273 | |
[3] https://x.com/SugiraMireille/status/1807382359144087905 | |
[4] /!657823 | |
[5] https://reliefweb.int/report/democratic-republic-congo/rapport-mensuel-de-m… | |
[6] https://www.radiookapi.net/2024/06/29/actualite/securite/au-lendemain-de-la… | |
[7] https://lepotentiel.cd/2024/06/28/a-goma-judith-suminwa-exclut-dengager-des… | |
[8] /Neue-Premierministerin-fuer-DR-Kongo/!5999029 | |
[9] /!1147815 | |
[10] https://x.com/Presidence_RDC/status/1807177615385784326 | |
[11] https://x.com/bbisimwa/status/1807042620369023112 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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