# taz.de -- Legalisierung von Abtreibungen: Drei Länder machen Druck | |
> Während die Ampel trödelt, fordern die Justizministerinnen von Hamburg, | |
> Niedersachsen und Sachsen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren. | |
Bild: Will, dass Abbrüche in den ersten drei Monaten legal sind: Sachsens Just… | |
BERLIN taz | Die Ampelkoalition trödelt, nun machen drei Bundesländer | |
Druck: Auf der am Mittwoch beginnenden Justizministerkonferenz (JuMiKo) | |
wollen Niedersachsen, Sachsen und Hamburg eine Initiative zur | |
Liberalisierung des Abtreibungsrechts einbringen. | |
Demnach sollen die Justizminister*innen die Bundesregierung | |
auffordern, Schwangerschaftsabbrüche zumindest in den ersten drei Monaten | |
zu legalisieren. „Beim Schwangerschaftsabbruch handelt es sich um eine | |
höchstpersönliche Entscheidung, die in der Frühphase der Schwangerschaft – | |
ohne staatliche Einmischung – allein der Schwangeren vorbehalten sein | |
sollte“, heißt es in dem Antrag. | |
Hintergrund ist der Bericht einer Expert*innenkommission, die im Auftrag | |
der Bundesregierung ein Jahr lang Alternativen zum derzeitigen | |
Abtreibungsrecht geprüft und sich klar für eine Liberalisierung | |
ausgesprochen hat. | |
Bislang sind Abbrüche in Deutschland verboten. Wenn sie in den ersten zwölf | |
Wochen nach Befruchtung stattfinden, die Schwangere sich einer Beratung | |
unterzogen und danach drei Tage Wartefrist verstreichen hat lassen, bleiben | |
sie jedoch straffrei. Diese „grundsätzliche Rechtswidrigkeit“, [1][so die | |
Expert*innenkommission,] sei nach eingehender verfassungs- und | |
völkerrechtlicher Prüfung zumindest in der Frühphase der Schwangerschaft | |
„nicht haltbar“. | |
## Anlass zum Handeln | |
Die Ampelkoalition hatte [2][verhalten auf den Bericht reagiert]. Man müsse | |
nun prüfen, hieß es einhellig – obwohl mit SPD und Grünen zwei der drei | |
Koalitionspartner die Abschaffung von Paragraf 218 Strafgesetzbuch in ihren | |
Wahlprogrammen gefordert hatten. | |
Das wollen die Justizministerinnen der drei einbringenden Länder offenbar | |
nicht einfach hinnehmen: Es bestehe „aktueller Anlass, die Liberalisierung | |
des Rechts des Schwangerschaftsabbruchs“ umzusetzen, heißt es in dem | |
Antrag. Ebenso wird ein „Rechtsanspruch auf Beratung bei (ungewollter) | |
Schwangerschaft anstelle der derzeitigen Zwangsberatung“ gefordert. | |
Das Strafrecht sei nicht das richtige Mittel, „um das | |
Selbstbestimmungsrecht von Frauen und den Schutz ungeborenen Lebens“ in ein | |
ausgewogenes Gleichgewicht zu bringen, sagte Niedersachsens | |
Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD), derzeit Vorsitzende der JuMiKo. | |
Statt diesen Konflikt zu lösen, werde „die höchst individuelle Entscheidung | |
der Frau“ mit dem Stigma der Kriminalität belegt, erklärte auch Sachsens | |
Justizministerin Katja Meier (Grüne). „Der Schutz und die Achtung der | |
Menschenwürde gebieten es, dass Frauen in Deutschland in den ersten zwölf | |
Wochen ihrer Schwangerschaft eigenverantwortlich und legal über den Abbruch | |
dieser Schwangerschaft entscheiden können“, so Meier. | |
## Nicht entlang klassischer Parteilinien | |
„Deutschland ist nach Polen das Land in der EU mit der restriktivsten | |
Regelung zum Schwangerschaftsabbruch“, betonte Hamburgs Justizsenatorin | |
Anna Gallina (Grüne). | |
Die Erfolgsaussichten der Initiative sind unklar. Zwar haben die | |
SPD-geführten Länder in der Justizministerkonferenz eine Mehrheit. Doch das | |
Thema läuft nicht ganz klar entlang klassischer Parteilinien und Zustimmung | |
von Ländern mit Regierungsbeteiligung der Union ist unwahrscheinlich. | |
Umso bemerkenswerter, dass eine der Initiatorinnen aus just einer solchen | |
Landesregierung kommt: Die Grüne Katja Meier regiert in Sachsen in einer | |
schwarz-grün-roten Koalition mit – unter einem CDU-Ministerpräsidenten. Mit | |
dem Koalitionspartner abgesprochen sei der Antrag nicht, sagt ein | |
Ministeriumssprecher. „Das ist in dem Fall auch nicht nötig, da es sich | |
erst mal um eine Initiative auf Ebene der Justizminister*innen | |
handelt.“ Zuletzt hatte es in der Koalition [3][mehrfach heftig gekracht.] | |
5 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Schwangerschaftsabbrueche-in-Deutschland/!6000620 | |
[2] /Abtreibungen-in-Deutschland/!6001744 | |
[3] /Koalitionskrach-in-Sachsen/!6000959 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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