# taz.de -- Studie zu Schwangerschaftschaftabbrüchen: Stigmatisierende Erlebni… | |
> Eine Hamburger Studie über psychische Folgen eines | |
> Schwangerschaftsabbruchs ergab, dass Ärzt:innen die Frauen oft | |
> abwerten. Psychosoziale Hilfe fehlt. | |
Bild: Wichtiger Aspekt bei der psychische Dimension von Schwangerschaftsabbrüc… | |
Bremen taz | Welche Rolle spielen die Bedürfnisse von [1][ungewollt | |
Schwangeren in ihrer medizinischen Versorgung]? Und welche in der | |
gesetzlich vorgeschriebenen Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch? | |
Diese Fragen stellte ein Forschungsteam am Universitätsklinikum Hamburg | |
Eppendorf (UKE), geleitet von der Psychologin Jördis Zill, die dort der | |
Arbeitsgruppe „Patient:innenzentrierte Versorgung: Evaluation und | |
Umsetzung“ vorsitzt. | |
Seit 2020 befragten die Wissenschaftlerinnen des UKE sowohl Betroffene als | |
auch Ärzt:inen und Berater:innen im Rahmen der sogenannten | |
CarePreg-Studie, die am 26. Juni mit einem Abschluss-Symposium endet. | |
Teilweise überschneiden sich die Forschungsfragen – und die Antworten – mit | |
denen einer [2][anderen Studie zur Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch] | |
des von der Fachhochschule Fulda koordinierten Elsa-Forschungsverbunds. | |
Deren Ergebnisse wurden vor zwei Monaten vorgestellt. | |
Beide Studien hat das Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben und | |
finanziert. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte | |
2019 fünf Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt, „die psychischen | |
Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs“ untersuchen zu lassen. Nach | |
Recherchen des Spiegel war das der mit Abstand teuerste Forschungsauftrag, | |
den das Gesundheitsministerium innerhalb von zehn Jahren vergeben hatte. | |
Für die CarePreg-Studie wurden 240 ungewollt Schwangere im Laufe von zehn | |
Monaten drei Mal online befragt. Einmal zum Zeitpunkt der Entscheidung für | |
oder gegen ein Austragen der Schwangerschaft, einmal kurz nach dem Abbruch, | |
einmal ein Jahr nach der ersten Befragung. Zehn Personen entschieden sich | |
für ein Austragen der Schwangerschaft. Die Ergebnisse dieser Befragung sind | |
noch nicht veröffentlicht; Studienleiterin Jördis Zill nennt vorab ein paar | |
ausgewählte Daten. Überraschend hoch sei der Anteil von Frauen, die | |
Stigmatisierungserfahrungen gemacht hätten, sagt Jördis Zill im Gespräch | |
mit der taz. Acht Prozent hätten dies in der Beratung vor dem Abbruch | |
erlebt, 17 Prozent in der medizinischen Versorgung. | |
Dabei lasse sich keine Aussage über den Zusammenhang zwischen Wohnort und | |
Stigmatisierungserfahrung treffen, sagt Jördis Zill. Der Grund: Zwar wurden | |
Frauen aus 14 Bundesländern befragt, die Datenmengen für die einzelnen | |
Regionen sind aber zu klein für eine repräsentative Auswertung. Die Hälfte | |
der Befragten lebt in Regionen, in denen es laut der Elsa-Studie eine | |
bessere Versorgung im Sinne der Erreichbarkeit und Zahl der Einrichtungen | |
gibt, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen. | |
Das Konzept der Patient:innenzentrierung sei auch in verschiedenen | |
anderen Kontexten untersucht worden, sagt Jördis Zill. In keinem seien | |
Stigmatisierungserfahrungen derart in den Vordergrund getreten. „Das müsste | |
man sich im Rahmen weiterer Forschung eigentlich genauer angucken, weil | |
solche Erlebnisse zu zusätzlichen psychischen Belastungen führen können.“ | |
[3][In einer Veröffentlichung des UKE-Teams] über die Vorstudie benennen | |
befragte Ärzt:innen, die Abbrüche durchführen, wie Frauen von | |
Kolleg:innen stigmatisiert werden, wenn sie eine Schwangerschaft | |
abbrechen wollen. So würden manche, die selbst keine Abbrüche durchführten, | |
ihren Patient:innen falsche Informationen geben. Dazu gehöre die | |
Behauptung, ein Abbruch sei nur erlaubt, wenn zuvor der Herzschlag des | |
Embryo oder Fötus abgehört wurde. | |
Im Rahmen der Online-Befragung der Betroffenen hatten die Forscherinnen | |
daher danach gefragt, ob ihnen beim Feststellen der Schwangerschaft mittels | |
Ultraschall angeboten worden war, den Monitor wegzudrehen. Das verneinte | |
die Hälfte. Weiteren 14 Prozent wurde dies nicht angeboten, sie sahen aber | |
auch keinen Ultraschall. | |
## Handlungsempfehlungen angekündigt | |
Nach den Daten des [4][UKE] ist die psychische Belastung zum Zeitpunkt der | |
Feststellung der Schwangerschaft am höchsten und nimmt dann ab – das deckt | |
sich mit den Ergebnissen der Elsa-Studie. Ein Jahr nach dem Abbruch sagten | |
laut Jördis Zill 86 Prozent der Teilnehmenden, dass ihre Entscheidung für | |
den Abbruch weitestgehend richtig war, etwa drei Prozent verneinten dies | |
komplett. Der Rest habe Antworten gegeben, die sich nicht eindeutig | |
zuordnen ließen. Manche seien sich etwa nicht sicher gewesen. | |
Etwa die Hälfte der Frauen habe angegeben, sich rund um den | |
[5][Schwangerschaftsabbruch] mehr Angebote zu psychosozialer Unterstützung | |
gewünscht zu haben. Von diesen habe wiederum etwa die Hälfte nicht genau | |
gewusst, wo sie Informationen zu solchen Angeboten hätten finden können. | |
Eine Möglichkeit sind die anerkannten Konfliktberatungsstellen, die vor dem | |
Abbruch den Schein ausstellen, dass die Frau dort die verpflichtende | |
Beratung in Anspruch genommen hat. „Für 80 Prozent der Befragten war das | |
wichtigste Ziel, dort diese Bescheinigung zu bekommen.“ | |
Die UKE-Forscherinnen werden im Laufe der nächsten Wochen mit Versorgenden | |
entwickelte Handlungsempfehlungen in Hinblick auf | |
Patient:innenzentrierung geben. Darin werde es unter anderem um die | |
Verfügbarkeit mehr evidenzbasierter Informationen zur Wahl der Abbruch- und | |
Narkosemethoden gehen sowie um den systematischen Aufbau von psychosozialen | |
und medizinischen Versorgungsstrukturen, sagt Jördis Zill. | |
26 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Landesministerin-ueber-Abtreibungen/!6015163 | |
[2] /Daphne-Hahn-zum-Stigma-der-Abtreibung/!6000665 | |
[3] https://bmcpregnancychildbirth.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12884-02… | |
[4] /UKE/!t5030125 | |
[5] /Schwerpunkt-Abtreibung/!t5008434 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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