| # taz.de -- Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen: Ärzt*innen diskutieren § 2… | |
| > Auf dem Ärztetag gibt es mehrere Anträge zum Thema Abtreibungen. Die | |
| > einen wollen am Verbot festhalten, die anderen fordern eine rasche | |
| > Legalisierung. | |
| Bild: Deutscher Ärztetag in Mainz: Zum Auftakt sprach am Dienstag Bundesgesund… | |
| Berlin taz | Die aktuelle Debatte um eine mögliche Legalisierung von | |
| Schwangerschaftsabbrüchen beschäftigt auch die deutsche Ärzt*innenschaft. | |
| Bis Freitag noch tagt in Mainz der 128. Deutsche Ärztetag. Und gleich | |
| mehrere Anträge befassen sich mit den [1][jüngsten Empfehlungen einer | |
| Regierungskommission], Abbrüche mindestens in den ersten drei Monaten der | |
| Schwangerschaft nicht mehr zu kriminalisieren. | |
| Die Meinungen gehen dabei weit auseinander. So fordert ein Abgeordneter der | |
| Ärztekammer Niedersachsen, der Vorstand der Bundesärztekammer möge „mit | |
| allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vehement gegen eine Veränderung | |
| des § 218 Strafgesetzbuch (StGB)“ vorgehen. Eine „Abstufung des | |
| Lebensrechtes ungeborenen Lebens“ sei „unzulässig und sollte von der | |
| Ärzteschaft eindeutig abgelehnt werden“, [2][heißt es in dem Antrag]. | |
| Der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch regelt derzeit, dass ein | |
| Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich verboten, unter | |
| bestimmten Bedingungen aber straffrei ist. Nämlich dann, wenn er in den | |
| ersten 12 Wochen nach Befruchtung vorgenommen wird, die Schwangere zuvor | |
| eine staatlich anerkannte Beratungsstelle besucht hat und danach eine | |
| Wartefrist von drei Tagen verstreichen lässt. | |
| Ein [3][weiterer Antrag von 15 Abgeordneten], drei davon aus dem Vorstand | |
| der Bundesärztekammer, fordert etwas weicher, diese „im Rahmen der | |
| Beratungsregelung geltende Fristenlösung“ beizubehalten – aber auch jene | |
| Ärzt*innen, die Abbrüche durchführen, „wirksam vor Drangsalierungen, | |
| Bedrohungen und Angriffen“ zu schützen. | |
| ## „Kriminalisierung beenden“ | |
| Die Antragsteller*innen fordern von den politisch Verantwortlichen, | |
| die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche „mit Augenmaß zu führen und die | |
| Ärzteschaft eng in die Diskussion einzubeziehen“. Ausgangspunkt aller | |
| Reformüberlegungen müsse sein, „sowohl das Recht der Frauen auf | |
| reproduktive Selbstbestimmung als auch das Recht des Ungeborenen auf Leben | |
| zu beachten.“ | |
| Demgegenüber [4][fordert ein Antrag von 29 Abgeordneten] die | |
| Bundesregierung auf, die Empfehlungen der Regierungskommission „noch in | |
| dieser Legislaturperiode umzusetzen, um die Kriminalisierung von | |
| Betroffenen und durchführenden Ärztinnen und Ärzten zu beenden“. | |
| In einigen Regionen Deutschlands [5][gebe es erhebliche | |
| Versorgungsprobleme], heißt es in dem Antrag. „Die bestehende | |
| Kriminalisierung führt zu Verunsicherung von Ärztinnen und Ärzten sowie zu | |
| Weiterbildungslücken.“ Durch eine Entkriminalisierung von Abbrüchen in den | |
| ersten 12 Wochen der Schwangerschaft sollten „die Bedingungen für die | |
| Durchführenden und die Versorgungssituation der Betroffenen verbessert | |
| werden“. | |
| „Wir haben jetzt ein Zeitfenster, um aus der Ärzt*innenschaft heraus ein | |
| Zeichen zu setzen und zu sagen: Die Kriminalisierung von | |
| Schwangerschaftsabbrüchen ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Stefanie Minkley, | |
| Abgeordnete der Landesärztekammer Hessen und Initiatorin des Antrags. „Ich | |
| hoffe, dass der Deutsche Ärztetag einen zeitgemäßen Beschluss fasst, um die | |
| Rechte der Frauen und der durchführenden Ärzt*innen zu schützen.“ | |
| ## Frauenrechte in Zeiten des Rechtsrucks | |
| Für eine Entkriminalisierung im ersten Schwangerschaftsdrittel gebe es | |
| „einen [6][großen gesellschaftlichen Konsens], auch unter Mediziner*innen“, | |
| so Minkley, die auch Mitglied im Vorstand der hessischen SPD ist. Trotzdem | |
| scheuten viele die Debatte – auch aus Sorge, dass ein entsprechender Antrag | |
| abgelehnt werde. „Diese Gefahr besteht natürlich. Der Deutsche Ärztetag ist | |
| in seiner Zusammensetzung männlicher und älter als die Ärzt*innenschaft | |
| in Deutschland“, sagt Minkley. | |
| Dennoch sei jetzt die Zeit, einen solchen Antrag zu stellen, und die | |
| Debatte [7][nicht aufs kommende Jahr zu vertagen], wie es ein weiterer | |
| Antrag fordert. „Die Gelegenheit für Veränderung ist jetzt. In der nächsten | |
| Legislatur haben wir vielleicht andere politische Mehrheiten“, sagt | |
| Minkley. | |
| „Der deutsche Ärztetag hat gerade erst eine [8][Resolution gegen rechts und | |
| für Demokratie verabschiedet]. Gerade in Zeiten des Rechtsrucks gehört dazu | |
| auch, die Rechte von Frauen zu stärken“, so Minkley. Ob die verschiedenen | |
| Anträge am Freitag tatsächlich auf dem Ärztetag aufgerufen werden, ist | |
| aufgrund des straffen Zeitplans und der Fülle von Anträgen noch nicht | |
| sicher. | |
| 9 May 2024 | |
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| [1] /Schwangerschaftsabbrueche-in-Deutschland/!6000620 | |
| [2] https://128daet.baek.de/data/media/BIc110.pdf | |
| [3] https://128daet.baek.de/data/media/BIc129.pdf | |
| [4] https://128daet.baek.de/data/media/BIc127.pdf | |
| [5] /Daphne-Hahn-zum-Stigma-der-Abtreibung/!6000665 | |
| [6] /Umfrage-zu-Abtreibungen-in-Deutschland/!6004352 | |
| [7] /Abtreibungen-in-Deutschland/!6001744 | |
| [8] https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/BAEK/Aerztetag/128.… | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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