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# taz.de -- Auflösung von Palästina-Kongress: Gewaltenteilung in Gefahr
> Der Senat räumt ein, dass der „Palästina-Kongress“ im April hastig
> beendet wurde. Auch die Räumung der HU-Besetzung war laut Jurist
> fragwürdig.
Bild: Unterstützer*innen demonstrieren nach der Auflösung des „Palästina-K…
Berlin taz | Die Berliner Polizei hat den „Palästina-Kongress“ Mitte April
aufgelöst, ohne dass eine*r der Redner*innen zuvor eine Straftat
begangen hätte. Außerdem erfuhren Polizei und Organisator*innen erst
während der Veranstaltung, dass gegen einzelne Vortragende politische
Betätigungsverbote verhängt wurden. Auch die Betroffenen selbst wurden erst
dann – zum Teil auch gar nicht – informiert, wie aus der [1][Antwort] der
Innenverwaltung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Ferat Koçak
hervorgeht.
Zum „Palästina-Kongress“ hatten propalästinensische Gruppen nach Berlin
eingeladen. Bereits eine Stunde nach Beginn des Treffens [2][stoppte die
Polizei die Liveübertragung, löste die Veranstaltung auch vor Ort auf] und
verbot ihre Wiederaufnahme für den Rest des Wochenendes. Als Grund dafür
nannte die Polizei die Videobotschaft des Historikers Salman Abu Sitta, die
zu dem Zeitpunkt abgespielt wurde. Gegen Sitta liege ein politisches
Betätigungsverbot vor.
Wie Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) nun einräumte, wurden die
insgesamt vier politischen Betätigungsverbote sehr kurzfristig verhängt und
der Polizei mitgeteilt. Sie hätten den Führungsstab der zuständigen
Polizeidirekten am ersten Kongresstag zwischen 9.48 und 17 Uhr erreicht, so
Hochgrebe in der Antwort. Salman Abu Sitta selbst wurde das Verbot weder
mündlich noch schriftlich mitgeteilt. Auch die Veranstalter*innen
erfuhren davon erst, während Sittas Video-Grußwort längst lief, dabei war
er seit Wochen als Redner angekündigt worden.
## „Das Vorgehen bleibt eine Farce“
Der [3][Rechtsanwalt Michael Plöse, der die Veranstalter*innen bereits
im Vorfeld des Kongresses beraten hat], sieht in dem Vorgehen des für die
Betätigungsverbote zuständigen Landesamts für Einwanderung (LEA) Anzeichen
für „Entscheidungen auf Bestellung“: „Es verdichtet sich für mich der
Eindruck, dass Entscheidungsgrundlagen gebastelt wurden“, sagte Plöse am
Montag zur taz. Beim Verwaltungsgericht Berlin sei eine Klage wegen der
Auflösung der Veranstaltung anhängig. „Das Vorgehen bleibt eine Farce“,
kritisierte Plöse.
Senat und Polizei stehen immer wieder in der Kritik, weil sie repressiv
gegen Proteste und andere Aktionen der propalästinensischen Szene vorgehen.
Nach der Räumung eines [4][Camps vor dem Bundestag] Ende April ermittelt
die Polizei in den eigenen Reihen wegen Körperverletzung im Amt.
## Anwalt festgenommen, Journalist niedergeschlagen
Erst in der vergangenen Woche räumte die Polizei eine Besetzung an der
Humboldt-Universität, nachdem Uni-Präsidentin Julia von Blumenthal laut
eigenen Angaben eine Anweisung „von ganz oben“ – von Wissenschaftssenator…
Ina Czyborra (SPD) – erhalten hatte. [5][Während der Räumung wurde ein
Rechtsanwalt festgenommen] und ein Journalist von Polizisten
niedergeschlagen.
Rechtsanwalt Plöse bezweifelt, dass der Senat rechtmäßig gehandelt hat. Für
eine Räumung habe es ein Begehren seitens der Uni-Präsidentin gebraucht,
der das Hausrecht im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung übertragen
ist. Dessen Ausübung sei ganz offensichtlich von der Senatsverwaltung
„dekretiert“ worden. „Nur wenn die Präsidentin rechtswidrig gehandelt
hätte, dürfte die Senatorin ihr rechtsaufsichtlich eine Weisung erteilen“,
erklärte Plöse.
## „Im Zweifel zählt das Ergebnis“
Der Senat handele offenbar nach dem Grundsatz: „Im Zweifel zählt das
Ergebnis“, so der Jurist. Für das Vorgehen der Polizei gegenüber den
Versammlungsteilnehmenden vor dem Gebäude könne er darüber hinaus überhaupt
keine Rechtsgrundlage erkennen.
Linken-Politiker Koçak befürchtet, dass beim Vorgehen gegen die Proteste
politische Interessen der Justiz übergeordnet werden: „Das ist
antidemokratisch und missachtet die Gewaltenteilung“, sagte er der taz. Die
Räumungen zeigten, dass sich die Polizei von der Politik geschützt fühle.
„Wir brauchen eine juristische Aufarbeitung und Kontrolle“, so Koçak.
27 May 2024
## LINKS
[1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-19…
[2] /Palaestina-Kongress-in-Berlin-aufgeloest/!6004209
[3] /Jurist-ueber-Palaestina-Kongress/!6004427
[4] /Propalaestinensisches-Zeltlager/!6003257
[5] /Gaza-Proteste-an-Hochschulen/!6012585
## AUTOREN
Hanno Fleckenstein
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