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# taz.de -- Polizeigewalt auf Palästina-Demos: Die Gesellschaft schaut weg
> Der propalästinensische Protest in Berlin ist durchaus laut. Arg leise
> bleibt es gesellschaftlich zur Polizeigewalt bei diesen Demonstrationen.
Bild: Propalästinensische Demonstrationen gibt es viele in Berlin. Hier eine v…
Fast niemand schaut noch hin, wenn in Berlin gegen den [1][Krieg in Gaza]
protestiert wird. Umso überraschender ist, dass es nach der jüngsten
propalästinensischen Demonstration vergangene Woche nicht nur Empörung über
Ausschreitungen und „Hamas“-Rufe gibt, sondern [2][auch über heftige
Polizeigewalt].
Der Auslöser sind Videos, die während und nach der vorzeitig beendeten Demo
aufgenommen wurden. Sie zeigen etwa, wie ein Polizist eine Frau
[3][unvermittelt von hinten zu Boden stößt], wie ein anderer Beamter einem
am Boden fixierten Jugendlichen [4][mehrere Faustschläge in die Seite]
verpasst oder wie ein weiterer Polizist eine kniende Person [5][würgt und
anherrscht], sie solle „aufhören zu schauspielern“.
Dass linke und nicht staatstragende Demos von [6][Polizeigewalt] betroffen
sind – das ist nichts Neues. Neu ist aber die Gleichgültigkeit, mit der das
Woche für Woche in Berlin aufgenommen wird.
Beinahe jeden Samstag zieht ein propalästinensischer Protestmarsch durch
einen anderen Bezirk Berlins. Und fast jedes Mal geht die Polizei rein und
nimmt gewaltsam Leute fest. Videos von den Zugriffen kursieren im Netz, die
Betroffenen werden [7][in Rugby-Manier umgetackelt], kassieren
[8][Kopfnüsse mit Polizeihelmen], Tritte, [9][Schläge].
## Teilnahmsloses Schulterzucken
Doch die Öffentlichkeit, und da ist das linke Spektrum mitgemeint,
quittiert diese Dokumente von staatlicher Gewalt – die sich oft auch noch
gegen eine von Rassismus betroffene Minderheit richtet – mit einem
teilnahmslosen Schulterzucken. Es folgt der reflexhafte Fingerzeig auf
fragwürdige bis strafbare Zwischenfälle bei diesen Demos nach dem Motto:
Selbst schuld, die haben es provoziert und deshalb nicht anders verdient.
Statt den Opfern von Polizeigewalt Solidarität und Empathie
entgegenzubringen, werden sie unter Generalverdacht gestellt, pauschal
diffamiert und kriminalisiert.
Oft heißt es dann noch, die Clips seien „aus dem Kontext gerissen“. Aber
die abgebildeten Szenen haben mit legitimer Strafverfolgung nichts zu tun.
Es sind spontane und brutale Attacken. Auch ohne zu wissen, was davor
passiert ist, ist es ein Skandal, wenn arglose oder bereits fixierte
Personen zusammengeschlagen werden.
Polizeigewalt gedeiht dort am besten, wo Medien, Politiker*innen und
der Rest der Gesellschaft wegschauen. Und [10][genau das passiert seit
Monaten]. Fast nie begleiten Abgeordnete als parlamentarische
Beobachter*innen die Demos. Lokale und überregionale Medien schicken
nur noch selten Reporter*innen. Wenige bis keine professionelle
Pressefotograf*innen dokumentieren die Demos. Und so sind es am Ende
oft tendenziöse Videos eines Bild-Reporters, die die öffentliche
Wahrnehmung prägen, gemeinsam mit Nachrichtenagenturen, die
Polizeimeldungen abschreiben.
Diese Ignoranz führt zur Normalisierung und Verharmlosung staatlicher
Gewalt – und in der Folge zu erneuten und womöglich noch hemmungsloseren
Exzessen. Es sind die Aktivist*innen selbst, die inzwischen mit eigenen
Doku-Teams die Übergriffe der Polizei auf den Demos festhalten. Ohne diese
Arbeit wären auch die gewalttätigen Festnahmen vergangene Woche wohl
unbeachtet geblieben. Auf deren Basis läuft nun auch ein
Ermittlungsverfahren gegen einen Polizisten – mit mäßigen Aussichten auf
Erfolg, wie die Erfahrung lehrt.
Trotzdem ist es ein beachtliches Ergebnis. Es zeigt: Wenn hingeschaut,
berichtet und kritisiert wird, kann die Polizei nicht einfach machen, was
sie will. Dass diese Aufgabe momentan den Betroffenen selbst überlassen
wird, ist ein Armutszeugnis. Umso mehr muss ihren Erfahrungsberichten Gehör
und Glauben geschenkt werden.
25 Aug 2024
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999
[2] /Palaestina-Demo-in-Berlin/!6028273
[3] https://x.com/derJamesJackson/status/1825464780309532848
[4] https://x.com/hahauenstein/status/1825100328515015079
[5] https://x.com/hahauenstein/status/1825086621827383429
[6] /Schwerpunkt-Polizeigewalt-und-Rassismus/!t5008089
[7] https://x.com/hahauenstein/status/1825068409207271640
[8] https://x.com/S_Ibrahimkhil/status/1812187414481580036
[9] https://x.com/SDGMasterglass/status/1795610343068348685
[10] https://www.amnesty.ie/attacks-on-peaceful-protest-across-europe/
## AUTOREN
Hanno Fleckenstein
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