| # taz.de -- Nachspiel zum Palästina-Kongress: Einreiseverbot gekippt | |
| > Der britisch-palästinensische Arzt Ghassan Abu Sittah durfte nicht in die | |
| > EU einreisen. Das Verwaltungsgericht Potsdam erklärte dies für | |
| > rechtswidrig. | |
| Bild: Der britisch-palästinensische Chirurg Ghassan Abu Sittah in Beirut im De… | |
| Freiburg taz | Das Verwaltungsgericht Potsdam hat in einem Eilbeschluss das | |
| Schengen-Einreiseverbot für den britisch-palästinensischen Arzt und | |
| Wissenschaftler Ghassan Abu Sittah gekippt. Die Entscheidung hat EU-weite | |
| Bedeutung. | |
| [1][Ghassan Abu Sittah ist ein britisch-palästinensischer Chirurg] und | |
| Rektor der staatlichen University of Glasgow. Im Oktober und November 2023 | |
| hielt er sich mit der Organisation Ärzte ohne Grenzen in Gaza auf und | |
| versuchte, in zwei Krankenhäusern medizinische Hilfe zu leisten. | |
| Über seine dortigen Erfahrungen sollte er Mitte April auf dem später | |
| [2][von der Polizei aufgelösten Palästina-Kongress] in Berlin sprechen. | |
| Doch ihm wurde schon auf dem Berliner Flughafen die Einreise verwehrt. Er | |
| musste nach London zurückfliegen. | |
| Anfang Mai wurde ihm auch die Einreise nach Frankreich verweigert, wo er | |
| auf Einladung der französischen Grünen im Senat über seine Erfahrungen in | |
| Gaza sprechen sollte. Die französischen Behörden teilten ihm mit, dass ein | |
| von deutschen Behörden verhängtes Einreiseverbot für den ganzen | |
| Schengen-Raum bestehe. Das Schengen-Gebiet besteht aus den meisten | |
| EU-Staaten plus Norwegen, Island und der Schweiz. | |
| Aufgrund dieses Einreiseverbots hätte Ghassan Abu Sittah auch einer | |
| Einladung der palästinensischen Botschaft zu einem Vortrag in der | |
| niederländischen Hauptstadt Den Haag nicht nachkommen können. | |
| ## Keine ausreichenden Belege | |
| Deshalb beantragte Ghassan Abu Sittah beim Verwaltungsgericht (VG) Potsdam | |
| eine einstweilige Anordnung auf Löschung des Einreiseverbots aus dem | |
| Schengen-Informations-System (SIS). Das VG Potsdam ist zuständig, weil | |
| solche Einreiseverbote von der Bundespolizei verhängt werden und die | |
| Bundespolizei ihren Hauptsitz in Potsdam hat. | |
| Das VG Potsdam gab nun dem Antrag von Ghassan Abu Sittah in vollem Umfang | |
| statt. In dem sechsseitigen Eilbeschluss, der der taz vorliegt, heißt es, | |
| dass die Ausschreibung zur Einreiseverweigerung „unrechtmäßig“ erfolgt se… | |
| dürfte. Die Bundespolizei konnte nicht belegen, dass Abu Sittah eine | |
| „schwere Straftat“ begangen hat oder zu begehen plant. | |
| Die Bundespolizei hatte auf Internet-Posts Abu Sittahs verwiesen, aus denen | |
| sie den Anfangsverdacht der Volksverhetzung und der Billigung von | |
| Straftaten ableite. Beide Delikte würden aber keine „schweren Straftaten“ | |
| darstellen, so das VG. Im Übrigen sieht das Gericht auch keine Gefahr, dass | |
| Ghassan Abu Sittah im Gebiet der Schengen-Staaten weitere derartige Posts | |
| absetzt. Der Inhalt der Posts wird in dem Gerichtsbeschluss nicht | |
| mitgeteilt. | |
| Außerdem hatte die Bundespolizei geltend gemacht, dass Ghassan Abu Sittah | |
| über intensive Kontakte zu Mitgliedern der linken palästinensischen | |
| Terrororganisation PFLP verfüge. Die Bundespolizei konnte hierzu aber keine | |
| konkreten Belege präsentieren. Die Ankündigung der Bundespolizei, man werde | |
| noch einmal bei den anderen deutschen Sicherheitsbehörden nachfragen, | |
| wertete das VG so, dass „jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt keine | |
| konkreten Hinweise insoweit vorliegen“. | |
| Der Eilbeschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Bundespolizei kann | |
| binnen zwei Wochen Beschwerde einlegen. Darüber würde dann das | |
| Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entscheiden. | |
| Wenn das Einreiseverbot beseitigt ist, kann Ghassan Abu Sittah wieder in | |
| alle EU-Staaten einreisen. Weitere Verfahren zu politisch motivierten | |
| Schengen-Einreiseverboten liegen dem bundesweit zuständigen VG Potsdam | |
| derzeit nicht vor. | |
| Anhängig sind am VG Potsdam noch Verfahren zu den Einreiseverboten gegen | |
| den [3][linken griechischen Ex-Minister Yanis Varoufakis] und den | |
| österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner. Dort geht es aber um | |
| andere Rechtsgrundlagen, weil beide EU-Bürger sind und sie eigentlich | |
| EU-Freizügigkeit genießen. | |
| 16 May 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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