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# taz.de -- Gesichtsverhüllungsverbot in Hamburg: Scheinheilig und diskriminie…
> Hamburgs rot-grüne Koalition behauptet, „offene Kommunikation“ an Schulen
> zu fördern. Tatsächlich aber führt sie einen Kulturkampf.
Bild: Will die Hamburger Regierungskoalition nicht in der Schule sehen: Niqabtr…
Künftig ist es in Hamburg allen Schüler*innen verboten, in der Schule
ihr Gesicht zu verhüllen. So will es eine Gesetzesänderung, die die
[1][Bürgerschaft kürzlich beschlossen] hat.
Allen Schüler*innen? Nun ja, es gibt Ausnahmen: wenn sie aus
gesundheitlichen Gründen eine medizinische Maske tragen oder wenn sie im
Chemieunterricht Schutzmasken brauchen. Auch für Theaterstücke und beim
Schulkarneval dürfen Hamburger Schüler*innen ihr Gesicht weiterhin
verhüllen.
Aber für wen gilt dann die Gesetzesänderung überhaupt, die Rot-Grün unter
dem Titel „Gewährleistung der offenen Kommunikation an Hamburger Schulen“
zur Abstimmung eingebracht hat? Für die schätzungsweise zehn Schülerinnen,
die in Hamburg Niqab oder Burka tragen – jene muslimischen Kleidungstücke,
die das Gesicht bis auf einen Schlitz oder ein Netz über der Augenpartie
komplett verdecken.
In dem Antrag geht es darum aber gar nicht, sondern vordergründig um
„offene und gleichberechtigte“ Kommunikation. Für die sei „die gegenseit…
Wahrnehmung von Gesichtszügen und -ausdruck“ ein Kernstück – wofür es
übrigens bislang [2][keinerlei wissenschaftlichen Beleg] gibt. Gleichzeitig
stellte sich Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) freimütig vor die
NDR-Kamera und sprach über „vermehrte Einzelfälle von Mädchen, die mit
einer kompletten Gesichtsverhüllung in der Schule sind“. Man nehme „aus
bestimmten Gemeinden eine Radikalisierung wahr“. Dem wolle man „die Stirn
bieten“.
## Kein wissenschaftlicher Beleg
Wenn sie ehrlich wären, hätten SPD und Grüne gleich ein
Niqab-und-Burka-Verbot-Gesetz auf den Weg gebracht. Aber ein Gesetz, das so
spezifisch die Freiheit einer einzelnen Gruppe einschränkt, wäre ja
diskriminierend gewesen. Ein Gesetz, das nur scheinbar allgemeingültig ist,
aber am Ende doch nur für eine – ohnehin marginalisierte – Gruppe
Konsequenzen hat, ist aber auch diskriminierend.
Klar, vielleicht sind unter den rund zehn Schülerinnen eine oder zwei,
deren Eltern sie einerseits dazu zwingen, eine Burka zu tragen – ihre
Freiheitsrechte also nicht anerkennen –, andererseits aber so gesetzestreu
sind, dass sie ihrer Tochter erlauben, künftig ohne Verhüllung in die
Schule zu gehen; und nicht das Verbot unterlaufen, indem sie das Kind von
der Schule nehmen oder gar ins Ausland schicken.
Man schützt Kinder nicht vor der Unterdrückung durch ihre Familien, indem
man ihnen etwas verbietet, sondern nur, indem man sie ernst nimmt, für sie
da ist, sie stärkt und sie darin unterstützt selbstbestimmt zu leben.
Wie wenig die Gesetzesänderung am Wohl der Schülerinnen orientiert ist,
zeigt sich in ihrer Begründung: Für nicht schulpflichtige Schülerinnen gebe
es die „Alternative, den Schulbesuch zu beenden“. Zudem könne der
angestrebte Bildungserfolg auch „anders als durch den Besuch einer
Präsenzschule erreicht werden“, heißt es da.
SPD und Grüne wollen Schülerinnen also lieber gar nicht in der Schule haben
als mit Niqab oder Burka. Und das im Namen der Kommunikation. Damit nehmen
sie in Kauf, dass die Betroffenen den Kontakt zu Gleichaltrigen und
Lehrer*innen komplett verlieren.
[3][Islamismus bekämpft man nicht, indem man Verhüllung verbietet], sondern
indem man Prävention finanziert und Diskriminierung abbaut, statt
muslimischen Mädchen das Gefühl zu geben, dass sie unerwünscht sind.
[4][Radikalisierungsprozesse sind komplex], aber Diskriminierungserfahrung
kann eine Rolle darin spielen. Nicht zuletzt, dass CDU und AfD zugestimmt
haben, zeigt: SPD und Grüne führen einen Kulturkampf – und geben es nicht
mal zu.
31 May 2024
## LINKS
[1] /Hamburg-verbietet-Verhuellung-an-Schulen/!6007599
[2] /Debatte-ueber-Nikab-Verbot-in-Hamburg/!5662269
[3] /Hamburgs-Verschleierungs-Verbotsplaene/!6007600
[4] https://www.bpb.de/themen/infodienst/
## AUTOREN
Franziska Betz
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
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Niqab
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