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# taz.de -- Hamburg verbietet Verhüllung an Schulen: Niqab nur an Karneval
> Zehn Schülerinnen in Hamburg tragen Niqab oder Burka. Hamburgs rot-grüne
> Koalition will den Mädchen nun verbieten, ihr Gesicht zu verhüllen.
Bild: In Hamburg zukünftig offiziell verboten: Schüler*innen mit Niqab beim S…
Hamburg taz | Mit Niqab und Burka die Schule besuchen: Das soll in Zukunft
in Hamburg nicht mehr möglich sein. [1][Beide Kleidungsstücke vereint],
dass sie das Gesicht vollständig verdecken. Die Regierungsfraktionen von
SPD und Grünen wollen am heutigen Mittwoch in der Bürgerschaft beantragen,
das Schulgesetz entsprechend zu ändern.
Laut Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) gibt es in Hamburg aktuell zehn
Schülerinnen, die mit verhülltem Gesicht den Unterricht besuchen wollen.
Wie alt die Schülerinnen sind, weiß die Schulbehörde nicht. Man führe dazu
keine Statistik, sagte ein Sprecher.
Dem NDR sagte Bekeris, dass die Behörde in diesen zehn Fällen mit „Beratung
nicht weitergekommen“ sei. Um was für eine Beratung genau es sich dabei
handelte, konnten weder die Schulbehörde noch die Fraktionen am Dienstag
beantworten. Ein Sprecher der Schulbehörde sprach von „Gesprächen der
Schulen mit betroffenen Eltern und Schülerinnen“.
Bisher gibt es für ein Verbot der gesichtsverhüllenden muslimischen
Kleidungsstücke in Hamburg keine gesetzliche Grundlage. Im Jahr 2020 hatte
eine damals 16-jährige Berufsschülerin vor dem Hamburger Verwaltungsgericht
erstritten, mit Niqab am Unterricht teilnehmen zu dürfen. Zuvor hatte sie
getrennt von ihren Mitschüler*innen in einem Nebenraum sitzen müssen.
Die Schulaufsicht hatte der Mutter der Schülerin damals mit einem
Zwangsgeld von 500 Euro gedroht, wenn sie ihre Tochter nicht dazu bringe,
ihr Gesicht zu zeigen.
## Religiöse Gefühle sind kein Härtefall
Nach dem verlorenen Gerichtsverfahren hatte der damalige Schulsenator Ties
Rabe angekündigt, [2][die Gesichtsverhüllung notfalls auch per Gesetz] zu
verbieten. Dieser Schritt ist nun gekommen.
Zur Begründung sagte Nils Hansen von der SPD-Fraktion: „Offene
Kommunikation ist in Hamburger Schulen gelebte Praxis.“ Sie brauche
allerdings „einen klaren gesetzlichen Rahmen“. Zu dieser offenen
Kommunikation gehöre „das Lesen von Mimik, weswegen das Gesicht in der
Schule nicht bedeckt sein sollte“, sagt Grünen-Pressesprecher Nicolas Garz.
Beide Fraktionen betonen, dass das Tragen einer medizinischen Maske
weiterhin möglich sein soll. So steht es auch in dem geplanten
Gesetzestext.
Für schulpflichtige Schüler*innen soll es die Möglichkeit geben, „in
ganz besonders gelagerten Härtefällen eine Ausnahme“ zu machen. Die
Belastung und Gewissenskonflikte, gegen die eigenen religiösen
Überzeugungen zu verstoßen, stellten dabei keine Härte dar. Nur wenn die
betroffene Schülerin „in Gesundheit und Leben gefährdet“ erscheine, sei
eine Abwägung zulässig.
Bei den nichtschulpflichtigen Schülerinnen gebe es auch die „Alternative,
den Schulbesuch zu beenden“. Zudem könne der angestrebte Bildungserfolg
auch „anders als durch den Besuch einer Präsenzschule erreicht werden“.
## Linksfraktion grundsätzlich einverstanden
Und es gibt noch mehr Ausnahmen: etwa, wenn im Chemieunterricht eine
Schutzmaske erforderlich ist. Auch im Fach Theater, wenn „die gespielte
Rolle eine Bedeckung des Gesichts erfordert“ oder bei „schulischen
Karnevalsfeiern“ sollen Schulleitungen Ausnahmen machen dürfen.
Die Hamburger Linksfraktion ist nicht grundsätzlich gegen ein
Verhüllungsverbot, hält den aktuellen Antrag von Rot-Grün allerdings für
„überhastet“, sagt deren Sprecher. Die religionspolitische Sprecherin der
Fraktion, Insa Tietjen, sagt, es wäre „deutlich klüger, die
Präventionsarbeit in den Haushaltsverhandlungen zu stärken“, sofern es
Rot-Grün um die Bekämpfung des Islamismus gehe. Senatorin Bekeris hatte
gegenüber dem NDR von einer „[3][Radikalisierung in bestimmten Gemeinden]“
gesprochen, der man die Stirn bieten wolle.
## GEW fürchtet weiteren Ausschluss
Thimo Witting, Sprecher der Stadtteilschulleiter, begrüßt das geplante
Verbot. Für Witting ist es eine „gute Hilfestellung“, die für Transparenz
sorgt. Diese Rechtssicherheit begrüßt auch die Lehrer*innen-Gewerkschaft
GEW. Deren stellvertretende Vorsitzende Yvonne Heimbüchel weist aber auf
die Gefahr hin, „dass ein solches gesetzlich verankertes Verbot die
intersektionale Diskriminierung betroffener Mädchen und Frauen noch
verstärkt“. Es sei „bildungspolitisch fatal“, wenn die Betroffenen durch
einen möglichen Ausschluss vom Unterricht „verloren“ gingen.
In Hamburg forderten CDU und AfD zuletzt 2017 ein Verhüllungsverbot. In
Bayern, Niedersachsen, [4][Schleswig-Holstein] und Baden-Württemberg gibt
es das Verbot bereits.
15 May 2024
## LINKS
[1] /Theologe-Buelent-Ucar-ueber-Niqabs/!5658704
[2] /Verschleierungsverbot-an-Schulen/!5428528
[3] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Gesichtsverhuellung-an-Hamburger-Sch…
[4] /Burka-Beschluss-in-Kiel/!5668625
## AUTOREN
Franziska Betz
## TAGS
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