# taz.de -- Schweizer Verhüllungsverbot in Kraft: Verhüllen mit Ausnahmen ver… | |
> Religiöse Gesichtsschleier und Masken bei Demonstrationen sind in der | |
> Schweiz ab dem 1. Januar verboten. Für Kritiker ist das vor allem | |
> Symbolpolitik. | |
Bild: Verhüllte Berg-Idylle am Lungenersee am Brünigpass in der Schweiz | |
Basel taz | Ob mit Niqab am Gletschersee oder mit Sturmhaube bei einer | |
Demonstration – wer ab 1. Januar in der Schweiz sein Gesicht verhüllt, muss | |
mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Franken, umgerechnet 1.068 Euro, | |
rechnen. Im November 2024 beschloss der Bundesrat das Inkrafttreten des | |
Gesetzes mit Beginn des neuen Jahres. Die Schweiz wird damit [1][eines von | |
sieben Ländern in Europa], die ein landesweites Verhüllungsverbot | |
eingeführt haben. Zuvor hatte sich die Schweizer Bevölkerung 2021 knapp für | |
die Volksinitiative „Ja zum Verhüllungsverbot“ ausgesprochen. Seither steht | |
in der Schweizer Bundesverfassung: „Niemand darf sein Gesicht im | |
öffentlichen Raum und an Orten verhüllen, die öffentlich zugänglich sind.“ | |
Der Verfassungsartikel sieht jedoch Ausnahmen vor und so tut es auch das ab | |
1. Januar geltende Gesetz. Das Tragen von Gesichtsmasken zum Schutz der | |
eigenen Gesundheit, Fastnachts- und Karnevalsverkleidung und Verhüllungen | |
bei Kunstaktionen sollen beispielsweise nicht geahndet werden. Außerdem | |
können kantonale Behörden für Demonstrationen Ausnahmen gutheißen, so zum | |
Beispiel, wenn ohne Verhüllung der Teilnehmenden die Versammlungs- oder | |
Meinungsfreiheit eingeschränkt würde. | |
Laut einer Studie des Zentrums für Religionsforschung der Universität | |
Luzern aus dem Jahr 2020 tragen nicht mehr als 37 in der Schweiz wohnhaften | |
Frauen Niqab. Dabei verhüllen sich muslimische Frauen mit einem weiten | |
Umhang, bedecken die Haare und die Stirn und zusätzlich auch das Gesicht | |
unterhalb der Augen. Eine Burka, mit der auch die Augen verdeckt werden, | |
trägt der Studie zufolge niemand. So wird dem Gesetz vor allem | |
Symbolcharakter zugeschrieben. | |
Die 2021 angenommene Initiative lancierte das „Egerkinger Komitee“, eine | |
Gruppe von Mitgliedern der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei | |
(SVP) und der nationalkonservativen Kleinpartei EDU. Vor einer | |
„Islamisierung der Schweiz“ warnte das Komitee damals im Abstimmungskampf. | |
Auf seiner Webseite beschreibt es sich als Gruppe, die „Widerstand gegen | |
die Machtansprüche des politischen Islam“ organisiere. Schon vor über 16 | |
Jahren lancierte das „Egerkinger Komitee“ eine [2][Initiative zum | |
landesweiten Verbot für den Bau von Minaretten, die 2009 ebenfalls von der | |
Bevölkerung angenommen wurde.] | |
## Bürger:innen sollen Verstöße gegen das Gesetz melden | |
Von verschiedenen Seiten wird dem Komitee vorgeworfen, Islamophobie und | |
Ausländerfeindlichkeit zu betreiben. Mit dem Verhüllungsverbot würden | |
außerdem Stereotype über den Islam produziert, die vor allem muslimische | |
Frauen diskriminieren würden, so Kritiker:innen. Das Verbot führe nicht zur | |
Verbesserung der Lebensumstände von Musliminnen, die von Unterdrückung | |
durch Kleidervorschriften betroffen sind. | |
Das Gesetz umsetzen wird nun die lokale Polizei in jedem Kanton. In den | |
Kantonen Tessin und St. Gallen gelten schon lokale Verbote, denen die | |
Bevölkerungen zuvor zugestimmt hatten. Nach der Einführung im Jahr 2016 | |
stellte die Tessiner Polizei in vier Jahren 28 Bussen gegen Burka- und | |
Niqabträgerinnen aus. | |
Wegen der geringen Anzahl an Niqab- und Burkaträger:innen in der | |
Schweiz wird der Hauptanwendungsbereich des bundesweiten Gesetzes vor allem | |
bei Tourist:innen gesehen, zum Beispiel in der Stadt Luzern oder in | |
Urlaubsorten in den Alpen wie Interlaken. Aus Angst vor Umsatzeinbussen | |
bekundeten deshalb auch Stimmen aus der Tourismusbranche in der | |
Vergangenheit Sorge. Doch mittlerweile scheinen die Tourismusverbände keine | |
Gefahr mehr zu befürchten. Die einheitliche Regelung schaffe Klarheit, | |
muslimische Tourist:innen in der Schweiz seien in den letzten Jahren | |
immer weniger mit Gesichtsverhüllung unterwegs, so der Direktor von | |
Interlaken Tourismus. | |
Aus Sorge vor einer laschen Anwendung des Gesetzes hat das „Egerkinger | |
Komitee“ mittlerweile eine Meldestelle eingerichtet, an die Bürger:innen | |
Verstöße gegen das Verbot per Foto schicken sollen. Politiker:innen | |
aus verschiedenen Parteien bezeichnen die Meldenstelle als unangebracht, | |
denunziatorisch und provokativ. Eine Meldestelle, [3][die sich darum | |
kümmere, wie Frauen richtig angezogen sein müssen, kenne sie nur aus dem | |
Iran], so die Nationalrätin Tamara Funiciello der Sozialdemokratischen | |
Partei. | |
1 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Schleierverbote-in-Frankreich/!5662203/ | |
[2] /Minarettverbot-in-der-Schweiz/!5151685 | |
[3] /Psychiatrie-bei-Kopftuchverstoss-in-Iran/!6048941 | |
## AUTOREN | |
Jonas Frey | |
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