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# taz.de -- Bundesweiter Streik im Baugewerbe: Zum Arbeitskampf genötigt
> Nachdem die Arbeitgeber die Tarifschlichtung im Baugewerbe abgelehnt
> haben, ruft die Gewerkschaft nun zum Streik auf. Als Erstes trifft es
> Niedersachsen.
Bild: Gestreikt wird nicht flächendeckend, sondern „punktuell“ im gesamten…
Hannover dpa | Auf dem Bau wird zum ersten Mal seit 17 Jahren wieder
gestreikt. In der festgefahrenen Tarifrunde startet die
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ihren angekündigten
Ausstand. Den Auftakt macht an diesem Montag Niedersachsen. Einen Tag
später werde der Arbeitskampf auf weitere Regionen ausgeweitet, sagte ein
Sprecher. Gestreikt werde aber nicht flächendeckend, sondern „punktuell“ im
gesamten Bundesgebiet.
„Jetzt wird gestreikt, und das massiv“, sagte IG-BAU-Chef Robert Feiger.
„Wir werden die Betriebe und Baustellen lahmlegen, weil es die
Bauunternehmen nicht anders wollen. Jetzt haben es die Arbeitgeber in der
Hand, ob die Häuser und Wohnungen fristgerecht fertig werden, ob der Stau
aufgrund von Autobahnbaustellen noch länger wird.“
Wann und wo genau es zu Arbeitsniederlegungen kommen soll, ließ die
Gewerkschaft zunächst offen. Laut Arbeitgeberverband könnte es neben
Straßenbau und Großbaustellen auch private Bauherren und Einfamilienhäuser
treffen.
„Die Streiks werden zu Bauverzögerungen führen und damit wirtschaftlichen
Schaden anrichten“, sagte Uwe Nostitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeber
und Vizepräsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB).
„Gerade jetzt, in konjunkturell schwierigen Zeiten, insbesondere im
Wohnungsbau, kommen Streikmaßnahmen zur Unzeit.“ Es müsse nun schnell eine
Verhandlungslösung gefunden werden.
## Schlichtung brachte keine Lösung
Der Baugewerbe-Verband Niedersachsen erklärte, die Mitgliedsfirmen seien
auf den Arbeitskampf vorbereitet. „Sicherlich wird es zu streikbedingten
Behinderungen kommen, wir hoffen und appellieren jedoch an die streikenden
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass diese das rechte Augenmaß beachten“,
sagte eine Sprecherin. Prognosen über mögliche Beeinträchtigung ließen sich
aber nur schwer treffen. „Wir gehen davon aus, dass es nur zu einer
kurzfristigen streikbedingten Verzögerung auf den Baustellen kommen wird.“
Hintergrund ist die Anfang Mai geplatzte Tarifschlichtung im
Bauhauptgewerbe mit 930 000 Beschäftigten. Für den Start des bundesweiten
Ausstands habe man Niedersachsen ausgewählt, weil die dortigen Arbeitgeber
zusammen mit einigen anderen Regionen die Umsetzung des Schlichterspruchs
verhindert hätten, so die Gewerkschaft. Eine zentrale Kundgebung soll am
Montag in Osnabrück stattfinden.
Nach drei erfolglosen Verhandlungsrunden hatte der Schlichter Rainer
Schlegel am 19. April zweistufige Lohnerhöhungen vorgeschlagen. Zunächst
sollten die Einkommen zum Mai pauschal um 250 Euro steigen und elf Monate
später noch einmal 4,15 Prozent im Westen und 4,95 Prozent im Osten.
Während die IG BAU den Kompromissvorschlag annahm, lehnten die
Arbeitgeberverbände ihn Anfang Mai ab.
## Ablehnung spaltet Arbeitgeberlager
An den Schlichterspruch fühle man sich nun nicht mehr gebunden, sagte
IG-BAU-Chef Feiger. Gestreikt werde wieder für die ursprüngliche Forderung
von 500 Euro mehr im Monat. „Die Ablehnung des Schlichterspruchs wird den
Bauunternehmen noch auf die Füße fallen, denn jetzt kann es nur teurer
werden“, warnte Feiger.
Auch innerhalb der Arbeitgeberverbände gab es Kritik am Scheitern der
Schlichtung. Laut Bauindustrieverband Hamburg Schleswig-Holstein nahmen die
Verbände der Bauindustrie den Schlichterspruch in allen Bundesländern an.
Gescheitert sei er an den Verbänden des Baugewerbes. In der Tarifrunde
bilden Bauindustrie und Baugewerbe eine Tarifgemeinschaft.
Mittlerweile wollen die Arbeitgeber die Löhne der Beschäftigten freiwillig
anheben. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) sowie der ZDB
schlugen vor, im Westen 5 Prozent und im Osten 6 Prozent draufzulegen. Der
Vorschlag liegt über ihrem Angebot in den Tarifverhandlungen.
Zuletzt war es 2007 auf dem Bau zum Ausstand gekommen, damals regional
begrenzt auf Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Einen bundesweiten
Streik gab es auf dem Bau zuletzt 2002.
[1][Das Bauhauptgewerbe ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland]
und mit einem Umsatz von rund 162 Milliarden Euro 2023 laut ZDB eine
wichtige Säule für die deutsche Wirtschaft. Im Immobilienboom hatte die
Branche jahrelang die Konjunktur gestützt, nun ist sie wegen der Krise im
Wohnungsbau zum Sorgenkind geworden.
13 May 2024
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