# taz.de -- Streik bei DuMont: Gegen prekäre Arbeitsbedingungen | |
> Das Image des altehrwürdigen Verlagshauses DuMont bröckelt. Das liegt vor | |
> allem an seinem Umgang mit den Mitarbeitenden. | |
Bild: Auch das Amtsblatt „Bundesanzeiger“ (hier im Jahr 2003) gehört zu Du… | |
Einst stand der Name [1][DuMont] in Köln und weit über die Domstadt hinaus | |
für ein über 200 Jahre altes, ehrwürdiges Verlagshaus, geführt von einer | |
Dynastie von Vollblut-Verlegern. Davon scheint jetzt nicht mehr viel übrig | |
zu sein. Das Zeitungswesen steht zwar überall durch Digitalisierung sowie | |
sinkende Auflagen und steigende Kosten unter Druck. Aber der Stil der | |
DuMont-Führungsspitze, wie mit diesen Herausforderungen umgegangen wird, | |
lässt einiges zu wünschen übrig. | |
Gerade erst am Samstag hat die Gewerkschaft Verdi beim Bundesanzeiger | |
Verlag, der DuMont gehört, den siebten Warnstreik in diesem Jahr beendet. | |
Denn die Konzerntochter verweigert aktuell Tarifverhandlungen. Betriebsrat | |
Gerhard Treinen kritisiert vor allem, dass sich ein großer Teil der rund | |
560 Beschäftigten und der bis zu 280 Leiharbeitenden in prekären | |
Arbeitsverhältnissen befindet. | |
„Ich habe einen Nebenjob angenommen, damit ich vielleicht auch mal in | |
Urlaub fahren kann“, berichtete eine Warnstreikende, die ungenannt bleiben | |
möchte, weil sie Repressionen ihres Arbeitgebers befürchtet. Andere | |
Mitarbeitende wiederum schilderten, dass ihnen schon direkt beim | |
Einstellungsgespräch nahegelegt worden sei, sich eine Nebenbeschäftigung zu | |
suchen. | |
„Bei einer 35-Stunden-Woche geht das schon“, habe der Vorschlag gelautet. | |
Etwas über 2.200 Euro brutto pro Monat beträgt zum Beispiel das | |
Einstiegsgehalt im Bereich Sachbearbeitung. Dabei konnte die Konzerntochter | |
zuletzt laut Insider-Informationen mit etwa 130 Millionen Euro Jahresumsatz | |
einen satten Gewinn von 18 bis 20 Millionen Euro verbuchen. | |
## Der „Bundesanzeiger“ | |
Die Konzerntochter besitzt außerdem, quasi als wichtiges Verkündungs- und | |
Bekanntmachungsorgan der deutschen Bundesbehörden, eine Monopolstellung. | |
Der Bundesanzeiger wird vom Bundesministerium der Justiz herausgegeben und | |
zum größten Teil von ihm finanziert. | |
Bereits Ende März hatte [2][Jörg Detjen], der für Die Linke im Kölner | |
Stadtrat sitzt, darauf hingewiesen, dass der Bundesanzeiger damit eine | |
wichtige Funktion innerhalb des Staates erfüllt. Im Koalitionsvertrag von | |
SPD, Grünen und FDP war als Ziel formuliert worden, künftig nur noch | |
Aufträge ab einem bestimmten Betrag an Unternehmen vergeben zu wollen, die | |
tariftreu sind. Detjen urteilte daher: „Tariftreue müsste beim | |
Bundesanzeiger doppelt wirksam sein.“ | |
Treinen beklagt außerdem die gängige Praxis, weit über 200 Leiharbeitende | |
im Betrieb einzusetzen: „Bei vielen von ihnen lässt man die Verträge | |
auslaufen, um sie dann nach drei Monaten wieder einzusetzen, nur damit sie | |
gehaltsmäßig nicht mit den anderen Kolleginnen und Kollegen gleichgestellt | |
werden.“ Manche hätten das schon bis zu fünfmal mitgemacht. Und zahlreiche | |
andere Beschäftigte verfügten nur über befristete Verträge, so Treinen. | |
Betroffen zeigen sich die Mitarbeitenden über die Reaktionen des | |
Verlagshauses: Es gibt bisher keine. Auch auf taz- Anfrage reagierten die | |
Verantwortlichen nicht. „Mit sozialer Verantwortung und fairem Umgang mit | |
den Beschäftigten nimmt der DuMont-Konzern es häufig nicht so genau“, | |
kommentiert der zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretär Ingo Weerts dieses | |
Verhalten. | |
## Inhalte von außerhalb | |
Ein weiteres hochaktuelles Beispiel dafür ist die Abschaffung des eigenen | |
Magazinteils beim Kölner Stadt-Anzeiger, der zur DuMont-Mediengruppe | |
gehört. Das Ressort „Ratgeber, Magazin, Freizeit“, das bei den | |
Zugriffszahlen gerade wegen seiner lokalen Informationen ganz oben steht, | |
wird von der Verlagsführung aus Gründen der „Kosten- und | |
Ressourceneffizienzen“ eingestellt. | |
Die Inhalte sollen künftig von Agenturen kommen. Das hatte unter anderem zu | |
einem Brief aller Redakteurinnen und Redakteure an die Konzernspitze | |
geführt, in dem davor gewarnt wird, dass die Zeitung „systematisch | |
kaputtgespart“ wird. Es ist eigentlich die erste geschlossene kritische | |
Reaktion der Redaktion auf einen bereits jahrelang andauernden Rückbau. | |
Eingeweihte vermuten, dass die Rotstift-Taktik des Medienhauses auch mit | |
einem kostspieligen Engagement auf anderen Geschäftsfeldern zu tun hat: Die | |
DuMont-Tochter United Marketing Technologies zum Beispiel erwirbt Start-ups | |
wie etwa die Censhare AG, einen Anbieter für Cloud Services, in der | |
Hoffnung, zukünftig damit Gewinne zu erzielen. | |
21 Apr 2024 | |
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[1] /Entlassungen-beim-DuMont-Verlag/!5965441 | |
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## AUTOREN | |
Wilfried Urbe | |
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