# taz.de -- Nach Putins Amtseinführung: Alles bleibt beim Alten | |
> Die Umbildung des Moskauer Regierung hat nur eins zum Ziel: einen langen | |
> Abnutzungskrieg gegen die Ukraine. Und Putins Machterhalt. | |
Bild: Der neue russische Verteidigungsminister Andrei Belousov bei einem Treffe… | |
Wofür der neue russische Verteidigungsminister sorgen soll? Präsident | |
Wladimir Putin formuliert es so: Es solle ein Gleichgewicht zwischen Butter | |
und Kanonen her, eine „organische Anpassung dieser Beziehung in die | |
Entwicklung unseres Staats“. Als er das sagte, war [1][der Neue, der | |
Wirtschaftsmann Andrei Beloussow,] gerade im Amt bestätigt. Er ist die | |
herbeigeholte Superwaffe in Putins Maschinerie des Tötens. | |
Der Spruch von Kanonen und Butter ist [2][Nazisprech, Reichsminister Rudolf | |
Hess] schärfte ihn 1936 den Deutschen ein, als es galt, ziviles Leben der | |
Aufrüstung unterzuordnen, Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels wollte | |
„zur Not auf die Butter verzichten, auf Kanonen aber niemals“. Putin, der | |
seinen militärischen Prioritäten mittlerweile alles unterordnet, auch die | |
Sozial- und die Bildungspolitik, will beides haben: Andrei Beloussow soll | |
für Butter und Kanonen zugleich sorgen. | |
Das Volk soll von höheren Löhnen und sonstigen sozialen Annehmlichkeiten | |
profitieren (davon ausgenommen sind die, die als „ausländische Agenten“, | |
„Extremisten“, „Terroristen“ aus der Gesellschaft ausgeschlossen sind).… | |
soll auch Opfer bringen für den „großen Sieg“, den ihm Putin und seine | |
Propagandist*innen jeden Tag aufs Neue verkaufen. Das Volk kauft fast | |
schon bereitwillig das höllische Päckchen aus Größe und Einzigartigkeit, | |
das sich aus Unsicherheit, Verbitterung und Angst speist. | |
Damit, dass Putin den belächelten, in der Ukraine [3][nicht bewährten | |
Sergei Schoigu] absetzen würde, war zu rechnen. Den Zivilisten Beloussow | |
aber, bis vor Kurzem als Vizepremier für Wirtschaftspolitik zuständig, | |
hatte niemand im Blick. Unlogisch ist der Schritt nicht. Putin kennt den | |
65-jährigen Moskauer seit Jahren als Berater in Wirtschaftsfragen. Noch vor | |
nicht allzu langer Zeit war der stets auf Staatsregulierungen ausgerichtete | |
Ökonom mit seinen eigenwilligen Ideen nicht sonderlich gefragt. Nun aber | |
erscheint er geradezu zeitgemäß, zumal er auch Putins Besessenheit teilt, | |
von allerlei Feinden umzingelt zu sein. | |
## Befehle erteilt der Kremlherrscher | |
Der nicht gedient habende [4][Beloussow ist der, der das | |
Verteidigungsministerium auf Effizienz trimmen soll], er hat dort keine | |
eigenen Leute, die hinter ihm stehen. Damit sind auch für Putin die Risiken | |
gering, dass sich ihm jemand in den Weg stellte. Befehle erteilt der | |
Kremlherrscher selbst. Zusammen mit dem von seinem Posten des Industrie- | |
und Handelsministers auf die Vizepremierstelle gewechselten Denis Manturow | |
soll Beloussow die Kriegswirtschaft optimieren. | |
Putins Personalentscheidungen zur neuen Amtszeit sind nicht sonderlich | |
spektakulär. Im Großen und Ganzen soll das beibehalten werden, was es gibt, | |
es soll nur produktiver werden. Das macht die wenigen Umbauten allerdings | |
nicht unbedeutend. Sie sind vielmehr gefährlich. In erster Linie für die | |
Ukraine. Aber auch für den Westen, wo sich viele immer noch im Wunschdenken | |
eingerichtet haben, man müsse nur mit Putin reden, schon komme der Frieden | |
und es werde wieder alles, wie es einmal war. | |
Das wird es nicht. Das Regime in Russland richtet sich auf einen [5][langen | |
Abnutzungskrieg] ein und tut alles dafür, als Sieger daraus hervorzugehen. | |
Es baut das gesamte System um, formt vom Kindergarten an kleine Soldaten. | |
Auf Moskauer Spielplätzen sinnieren bereits Sechsjährige darüber, wohin sie | |
eine [6][Atombombe werfen könnten]. | |
Im Moskauer Siegespark schießen kleine Jungs mit Plastikwaffen auf | |
zerbeulte Beutepanzer aus der Ukraine, während die Eltern ihre „kleinen | |
Patrioten“ stolz fotografieren. Der Krieg, mag er in Russland auch nicht | |
als solcher bezeichnet werden, ist längst in den Alltag eingebettet. Er ist | |
zur Norm geworden und wird die Gesellschaft, selbst nach dem wie auch immer | |
gearteten [7][Ende der Kampfhandlungen, noch Jahre beschäftigen]. | |
## Der moderne Zar bedenkt seine Verbündeten | |
Der moderne Zar sichert derweil die Macht für sich und seine Umgebung, | |
indem er die Clans, die eng mit ihm verbunden sind – manche noch aus der | |
Osero-Datschenkooperative bei Sankt Petersburg –, mit wichtigen Posten | |
bedenkt und so das Machtgefüge disponiert. Boris Kowaltschuk, Sohn seines | |
Kumpanen Juri, ist nun Vorsitzender des Rechnungshofs, Dmitri Patruschew, | |
der Sohn des ehemaligen Sicherheitsrat-Sekretärs Nikolai, steigt zum | |
Präsidentenberater auf. | |
Die Rotenbergs, reich und einflussreich, bedenkt Putin, indem er Roman | |
Starowoit zum Verkehrsminister gemacht hat, und den Rohstoffhändler Gennadi | |
Timtschenko, indem er Sergei Ziwiljow zum Energieminister ernannt hat. | |
Michail Mischustin bleibt als Ministerpräsident auch weiterhin der leise, | |
effektive Technokrat. Sie alle sind kompetent, und sie sehen sich im Krieg | |
gegen den Westen. | |
18 May 2024 | |
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Inna Hartwich | |
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