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# taz.de -- Kämpfe in der Region Charkiw: Russland eröffnet neue Kriegsfront
> Nördlich der Stadt Charkiw hat Russland eine Offensive gestartet. Noch
> hält die Ukraine dagegen.
Bild: Evakuierung aus Wowtschansk
Die russischen Truppen haben ihren Vormarsch in die Region Charkiw im
Morgengrauen des 10. Mai begonnen. Seitdem gibt es dort heftige Kämpfe. Am
Samstag und Sonntag verkündete das russische Verteidigungsministerium,
insgesamt neun Dörfer nördlich der Stadt Charkiw eingenommen zu haben. Von
ukrainischer Seite gab es bis Redaktionsschluss keine Bestätigung.
Nachdem die russischen Soldaten am Freitagmorgen die Grenze überschritten
hatten, starteten sie, unterstützt von Artillerie und Luftstreitkräften,
eine Offensive in zwei Richtungen – eine in Richtung der Stadt Charkiw und
die andere in Richtung des Ortes Wowtschansk. Sechs ukrainische
Grenzdörfer wurden in Schutt und Asche gelegt. Drei bis fünf Bataillone der
neu geschaffenen Militärgruppierung „Nord“ waren daran beteiligt.
Ziel der russischen Truppen ist es, die aktive Frontlinie von derzeit etwa
800 Kilometern Länge zu erweitern. Dadurch sollen die ukrainischen
Streitkräfte gezwungen werden, sich noch weiter zu zerstreuen und Kräfte
von der Hauptfront im Donbass abzuziehen. Die russischen Truppen wollen
damit ihrem Ziel näherkommen, [1][die Region Donezk] vollständig
einzunehmen.
Zudem will Russland eine sogenannte Pufferzone an der ukrainisch-russischen
Grenze schaffen. Oder, wie der russische Präsident Wladimir Putin es in
einer seiner Reden sagte, eine „Sanitätszone“. Die russische Führung will
damit die Frontlinie von der russischen Stadt Belgorod nahe der
ukrainischen Grenze sowie den umliegenden Dörfern, die immer wieder unter
ukrainischen Beschuss geraten sind, verlegen. Kämpfe sollen ausschließlich
auf ukrainischem Territorium ausgetragen werden. Das russische Regime will
seinem Volk demonstrieren, dass es in der Lage ist, seine Siedlungen zu
verteidigen.
Das ukrainische Kommando soll vorab von den russischen Plänen zum erneuten
Vormarsch auf Charkiw gewusst haben. Überrascht wurde die Ukraine also
nicht, verfügte allerdings nicht über eine ausreichende Konzentration von
Personal, Ausrüstung und Munition, um die Angriffe zurückzuschlagen. Am
zweiten Tag der Angriffsabwehr berichteten ukrainische Militärangehörige
vor Ort jedoch, dass ausreichend Munition zur Verfügung stehe – unter
anderem aus den neuen militärischen [2][Hilfspaketen westlicher Partner].
In Richtung [3][Wowtschansk] stellt der russische Vorstoß noch keine
ernsthafte Gefahr dar. Die russischen Streitkräfte wenden dort ihre übliche
Taktik an und zerstören die Stadt durch Gleitbomben aus der Luft. Laut
örtlichen Behörden wurden allein am Samstag mehr als 20 Bomben auf
Wowtschansk abgeworfen, wodurch die wichtigste zivile Infrastruktur des
Stadtzentrums vollständig zerstört wurde.
Auf russischen Propaganda-Militärblogs lässt sich lesen, der aktuelle
Angriff sei für die russischen Truppen kein „Spaziergang“. Die russische
Seite will sich auf ihre Überlegenheit in der Luft verlassen. Die
topografischen Gegebenheiten sowie die bewaldeten Gebiete erschweren jedoch
auch die Verteidigungsmöglichkeiten der ukrainischen Streitkräfte. Die
russischen Truppen dringen in kleinen Gruppen in die Wälder ein, richten
Positionen ein und ziehen weiter. Sollte es den Ukrainern nicht gelingen,
die neuen russischen Positionen zu zerstören, ist zu erwarten, dass die
Russen sie nach und nach ausweiten und damit immer tiefer vordringen
werden.
Sollte es die russische Armee schaffen, das logistisch wichtige Dorf Lyptsi
einzunehmen und dort Position zu beziehen, wäre dies eine direkte Bedrohung
für Charkiw. Experten gehen davon aus, dass die Menge an Munition, über die
die ukrainische Armee verfügt, von entscheidender Bedeutung dafür sein
wird, ob die Russen in Richtung Charkiw vorrücken können. Die geschätzt
etwa 40.000 bis 50.000 an dieser Offensive beteiligten russischen Soldaten
reichen vermutlich nicht aus, um die gut befestigte Millionenstadt Charkiw
tatsächlich einzunehmen. Sollte es ihnen aber doch gelingen, könnten sie
dieses Szenario in anderen Grenzgebieten wiederholen. Zum Beispiel in der
Region Sumy, die an Charkiw angrenzt und wo die Russen bereits Truppen
konzentrieren.
Trotz der Öffnung des neuen Frontabschnitts finden die Hauptkämpfe immer
noch im Donbass statt, im Osten der Region Charkiw in der Nähe der Stadt
Kupjansk sowie im Süden des Landes [4][in der Region Saporischschja].
12 May 2024
## LINKS
[1] /Schwere-Kaempfe-in-der-Ostukraine/!6000708
[2] /Waffenlieferungen-an-die-Ukraine/!5990543
[3] /Grenzstadt-Wowtschansk/!5912467
[4] /Journalismus-im-Ukrainekrieg/!5998884
## AUTOREN
Anastasia Magasowa
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