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# taz.de -- Studieren in Kriegszeiten: Durchhalten im Hörsaal
> Im Krieg gegen die Ukraine versuchen die Universitäten ihren Betrieb
> fortzusetzen. Viele Studierende aber sind nur im Onlinestudium – oder im
> Ausland.
Bild: Studierende in Lviv protestieren gegen die geplante Zusammenlegung ihrer …
Luzk taz | Morgens werden die Studierenden der Ukrainischen Katholischen
Universität (UKU) in der [1][westukrainischen Stadt Lwiw] oft von
Kirchenglocken geweckt. Der Dom der heiligen Sophia befindet sich im
Zentrum ihres Campus. In unmittelbarer Nähe liegen Unterrichtsgebäude,
Wohnheim, Sportzentrum, selbst ein Postamt und einen Park gibt es hier.
Alle Standorte sind durch unterirdische Korridore miteinander verbunden –
sehr praktisch in Zeiten des Krieges.
Dieses Glück haben nicht alle ukrainischen Studierenden. Sogar in der
Hauptstadt Kyjiw, die am besten vor russischen Raketen geschützt ist, sind
[2][viele Universitäten wieder zum Onlinestudium übergegangen]. Der Grund
dafür sind oft nicht nur Raketenangriffe, sondern auch das Bemühen,
Energiekosten zu sparen. Zudem fehlen zunehmend auch die Studierenden.
Nach Angaben des ukrainischen Ombudsmanns für Bildung, Sergei Gornatschow,
studiert mittlerweile jede*r Vierte im Ausland. Und auch die Zahl der
Abiturient*innen nimmt ab. Seit Beginn des russischen Überfalls im
Februar 2022 sind bereits mehr als 800.000 Schüler*innen in einem
EU-Staat zur Schule gegangen. Die ukrainische Regierung hat deshalb in
diesem Jahr eine unpopuläre Entscheidung getroffen: Wenn es in kleineren
Städten mehrere Universitäten gibt, werden diese zusammengelegt.
Die Katholische Universität in Lwiw wurde von dieser Maßnahme verschont.
Sie finanziert sich über Mäzene und Studiengebühren und steht heute in
allen Bildungsrankings der Ukraine an der Spitze. Ein Studium an der UKU
ist auch deshalb attraktiv, weil es hier ein großes Gemeinschaftsgefühl
gibt. „Ich habe hier vor 20 Jahren meinen Abschluss gemacht, aber ich gehe
nicht weg, ich stehe der Universität und ihren Menschen nahe“, sagt etwa
der Absolvent Mikhail Salo.
## Studierende engagieren sich ehrenamtlich
Dieses Gemeinschaftsgefühl ist dieser Tage besonders wichtig. Normalerweise
treffen die Studierenden an der UKU neben ihren Vorlesungen
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder besuchen ergänzende
Veranstaltungen mit berühmten Wissenschaftler*innen. Seit Beginn des
Angriffskriegs engagieren sich die meisten Studierenden ehrenamtlich.
Der Student Ivan Konkevitsch und seine Kommiliton*innen etwa stellen
Tüten mit Trockenlebensmitteln für die Front zusammen. Sie gehen an Schulen
und zeigen, wie dort geholfen werden kann. Trotz allem findet ein
weitgehend regulärer Uni-Betrieb statt: „Heute hatte ich vier Stunden
Unterricht und einen zusätzlichen Deutschkurs. Ich habe den
Mitarbeiter*innen in der Bibliothek geholfen, war bei einem Treffen
mit einem berühmten Architekten, und am Abend gibt es einen
Uni-Filmwettbewerb über das Studentenleben“, schreibt der angehende
Soziologe seinen Eltern. Aber es gibt auch solche Meldungen: „Gestern Nacht
ist eine Rakete über uns hinweggeflogen, wir waren von 4 bis 7 Uhr morgens
in einem Luftschutzbunker.“
Lwiw liegt 70 Kilometer von der Grenze zu Polen entfernt, aber auch bis
hierher fliegen die russischen Raketen. Bei Luftalarm ist es verpflichtend,
Schutzräume aufzusuchen. Wie ernst die Bedrohung ist, zeigt eine Gedenkecke
im Hauptgebäude. Sie erzählt von Absolventen der Uni sowie von Angehörigen,
die im Krieg gestorben sind. Es sind mehrere Dutzend.
Eine andere Folge des Krieges sind die „Flüchtlingsuniversitäten“. Nach d…
24. Februar 2022 zogen 44 Universitäten aus dem Osten und Süden in andere
Städte um – die meisten aus Cherson und Mykolajiw. Laut Oleg Scharow, der
im ukrainischen Bildungsministerium für den Bereich Hochschulen zuständig
ist, hätten die evakuierten Einrichtungen an Qualität verloren.
Die Universitäten Charkiw, Saporischschja und Dnipro sind nicht umgezogen,
einige ihrer Gebäude wurden zerstört, der Unterricht findet online statt.
Die Nationale Technische Universität Donezk musste seit 2014 bereits
zweimal den Ort wechseln. Heute ist sie in Luzk zu finden.
Aus dem Russischen von Barbara Oertel
24 Apr 2024
## LINKS
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[2] /Ukrainische-Studierende-im-Krieg/!5973114
## AUTOREN
Juri Konkewitsch
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Kolumne Krieg und Frieden
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