# taz.de -- AfD-Prozess in Münster: Kommt bald das Urteil? | |
> Die AfD versucht weiter mit allen Mitteln, den Prozess gegen den | |
> Verfassungsschutz zu verzögern. Doch das Gericht will zum Ende kommen. | |
Bild: Berufungsverfahren zur Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz, hi… | |
MÜNSTER taz | Gegen Mittag plötzlich klang der AfD-Anwalt Christian Conrad | |
schließlich verdächtig nach dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, | |
verantwortlich für den Mauerbau: „Niemand hat das Interesse an einer | |
Prozessverschleppung“, behauptete er kühn – wohlgemerkt nach dem bereits | |
zweiten abgelehnten Befangenheitsantrag gegen das Gericht nur an diesem | |
Vormittag. Dabei war die AfD bereits mit zwei Befangenheitsanträgen am | |
ersten Prozesstag im März gescheitert. Danach hatte sie Beweisanträge zur | |
Vernehmung von Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes mühsam und | |
schleppend Wort für Wort gleichlautend vorgetragen, teils nur mit | |
geänderten Namen. | |
Heute sagt Conrad: „Bis heute kann mir keiner erklären, was Sinn und Zweck | |
einer Prozessverschleppung wäre.“ Dann verlangte er eine Erklärung für den | |
Vorwurf, warum die AfD das Interesse haben sollte, das Verfahren schieben | |
zu wollen – „dann können wir auch aufhören, allgemeine Beweisanträge zu | |
stellen“, so Conrad. Danach folgten allein bis zur Mittagspause: ein Antrag | |
auf Vertagung, ein Antrag auf Akteneinsicht, ein weiterer allgemeiner | |
Beweisantrag. | |
Dabei ist nicht schwer zu erklären, warum die AfD ein Urteil scheut: Sie | |
wehrt sich juristisch gegen ihre Einstufung als rechtsextremer | |
Verdachtsfall von 2021. Im März 2022 gab das Verwaltungsgericht Köln dem | |
Verfassungsschutz recht und [1][selbst in der AfD rechnet sich niemand | |
wirklich gute Chancen] in der Berufungsinstanz vor dem | |
Oberverwaltungsgericht Münster aus. Die Partei strickt zwar eifrig an ihrer | |
Opferlegende von einem instrumentalisierten Verfassungsschutz, tatsächlich | |
kommt dieser aber seiner gesetzlich definierten Aufgabe nach: Er | |
beobachtete verfassungsfeindliche Tendenzen. Und die gibt es in der AfD nun | |
mal zuhauf. | |
Deswegen gilt es auch als relativ sicher, dass vom Verfahren in Münster | |
auch die drohende [2][Hochstufung zu einer gesichert rechtsextremistischen | |
Bestrebung] abhängt. Das Ziel der AfD im Superwahljahr 2024 ist, bei den | |
Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg aus der politischen | |
Isolation herauszukommen und [3][ein drohendes Verbotsverfahren möglichst | |
lange aufzuschieben]. Schon jetzt will keine der demokratischen Parteien | |
mit der AfD zusammenarbeiten, eine behördlich besiegelte Hochstufung zur | |
gesichert rechtsextremen Partei auf Bundesebene würde den Graben eher | |
vertiefen und etwaige Koalitionspartner wie der FDP und der CDU in noch | |
größere Erklärungsnöte bringen als ohnehin schon. | |
## Anträge der AfD „rechtsmissbräuchlich“ | |
Das Mammutverfahren umfasst mittlerweile tausende Aktenseiten | |
Belegsammlungen rechtsextremer Ausfälle der sich [4][seit zehn Jahren | |
kontinuierlich radikalisierenden Partei]: ob nun der gerade parallel wegen | |
SA-Parolen angeklagte Höcke schon 2019 in seinem Buch ein großangelegtes | |
„Remigrationsprojekt“ mit „wohltemperierter Grausamkeit“ forderte oder | |
EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah davon spricht, dass das Land „bunt wie | |
eine Müllhalde“ werde, multikulturell auch „multikriminell heiße“ und | |
Verschwörungsideologien vom „Großen Austausch“ verbreitet. | |
Dass auch das Gericht die Belegsammlung des Verfassungsschutzes für eine | |
Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall für ausreichend hält, hatte | |
sich bereits am Prozesstag zuvor angedeutet. Vor einer Woche hatte der | |
vorsitzende Richter Gerald Buck es abgelehnt, dass die AfD alle rund 470 | |
Beweisanträge der AfD mündlich vorträgt und darum gebeten, diese | |
schriftlich einzureichen. Dann verwarf er sie teils als „unerheblich“, | |
andere seien darauf ausgerichtet, den Verfassungsschutz auszuforschen und | |
daher ebenfalls abzulehnen. Tatsachenbehauptungen der AfD seien teils aus | |
der Luft gegriffen. Zudem gebe es genügend Hinweise bei der AfD, die auf | |
Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung hinweisen | |
würden. | |
Ähnlich erfolglos war die AfD auch an diesem Montag: Auch die neuen | |
Befangenheitsanträge lehnte Richter Buck ab. Sie seien | |
„rechtsmissbräuchlich“, begründete das Gericht, und „gänzlich untaugli… | |
und „daher ungeeignet“, die Befangenheit des 5. Senats des OVG zu belegen. | |
Die AfD beantragte dann noch eine weitere Vertagung, um Zeit zu bekommen, | |
um sich zu allen rund 470 abgelehnten Beweisanträge einzeln äußern zu | |
können. Doch das Gericht lehnte auch eine Vertagung für einen Extra-Termin | |
ab. Der vorsitzende Richter Buck sagte: „Wir sehen keinen Anlass für eine | |
Unterbrechung und eine schriftliche Formulierung, Rechtsauffassungen | |
gehören in die mündliche Verhandlung.“ Die Vertagung wurde ebenso wie zwei | |
weitere Beweisanträge abgelehnt. | |
AfD-Bundesvorstand Roman Reusch war am Nachmittag entsprechend wenig | |
optimistisch. Er sagte der taz: „In dieser Instanz haben wir keinen | |
Blumentopf mehr zu gewinnen. Das ist ja kein Geheimnis. Wir arbeiten nur | |
noch für die nächste Instanz.“ Der vorsitzende Richter Buck sagte wenig | |
später, er sehe kein Grund für weitere Sachaufklärung und nannte die Sache | |
„entscheidungsreif“. | |
Man merkte auch am Montag, dass das Gericht gerne rasch zum Urteil kommen | |
würde, auch wenn Prozesstage bis zum Juni angesetzt sind. Der Senat ist mit | |
seiner Gliederung durch; das Einzige, was dem Urteil noch im Weg steht: | |
weitere luftige Anträge der AfD. Aber in der extrem rechten Partei hat ja | |
niemand die Absicht, einen Prozess zu verzögern. | |
6 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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