# taz.de -- Krise in der Photovoltaikbranche: Zweite Solarfirma schließt | |
> Erst gab Meyer Burger auf, jetzt stoppt auch Solarwatt seine | |
> Modulfertigung in Deutschland. 190 Mitarbeiter des Dresdner Unternehmens | |
> sind betroffen. | |
Bild: Im August zu Ende: Lötstation bei Solarwatt in Dresden | |
Berlin taz | Die deutsche Solarindustrie schrumpft weiter: Nur wenige | |
Wochen, nachdem die [1][Firma Meyer Burger ihre Modulproduktion im | |
sächsischen Freiberg endgültig aufgegeben hat], will nun auch die Firma | |
Solarwatt in Dresden ihre Modulfertigung im Sommer einstellen. Das Werk | |
verfügt über eine Jahreskapazität von 300 Megawatt. Nach eigenen Angaben | |
ist das Unternehmen europäischer Marktführer bei sogenannten | |
Glas-Glas-Modulen – das sind Paneele, bei denen sich die Solarzellen | |
zwischen zwei Glasscheiben befinden. Sie gelten als besonders belastbar und | |
langlebig. | |
Die Nachricht aus Dresden kam unmittelbar, nachdem [2][Bundestag und | |
Bundesrat] Ende vergangene Woche das „Solarpaket 1“ verabschiedet hatten. | |
In dem Paket ist der lange von der Branche erhoffte „[3][Resilienzbonus]“ �… | |
ein Zuschlag bei der Einspeisevergütung für Solaranlagen mit heimischen | |
Komponenten – nicht enthalten. | |
So gesehen dürfte der Zeitpunkt der Entscheidung des Firmenmanagements, die | |
Modulfertigung stillzulegen, direkt mit den politischen Entwicklungen in | |
Berlin zusammenhängen. Solarwatt-Geschäftsführer Detlef Neuhaus sagte, | |
seine Firma habe „angesichts des internationalen Verdrängungswettbewerbs | |
keine andere Wahl“, als die Fertigung Ende August einzustellen. | |
Etwa 190 der 750 Mitarbeiter des Unternehmens seien betroffen, heißt es. | |
Sollten sich die Bedingungen am Markt allerdings wieder bessern, könne man | |
die Produktion in Dresden schnell wieder aufnehmen. Der Maschinenpark | |
nämlich soll erhalten bleiben. Auch das Wissen will die Firma weiterhin am | |
Ort vorhalten, nicht zuletzt für die Qualitätssicherung der von | |
Auftragsfertigern bezogenen Module. | |
## Modulproduktion „nicht akzeptabler Ballast“ | |
Ohnehin wird am Firmensitz in Dresden weiterhin Forschung und Entwicklung | |
stattfinden, zumal dort auch Batteriesysteme für den Heimbereich samt | |
Steuerung gefertigt werden. Statt Geld zu verbrennen mit der | |
Modulproduktion, die sich derzeit als „nicht akzeptabler Ballast“ erweise, | |
will die Firma lieber in ihren anderen Sparten umso mehr investieren. | |
Das Unternehmen, das 1993 gegründet wurde und damit zu den | |
Traditionsunternehmen der deutschen Solarwirtschaft gehört, begann noch mit | |
der manuellen Fertigung von Solarmodulen. Im Jahr 2000 startete Solarwatt | |
dann in Dresden mit der ersten Serienproduktion. Heute ist die Firma, die | |
2012 nach dem Zusammenbruch der deutschen Photovoltaik in die Insolvenz | |
geriet und erfolgreich saniert wurde, zu einem großen Teil auch ein | |
Installationsbetrieb. | |
Jede fünfte Solaranlage in Deutschland stamme im [4][Segment der kleinen | |
Dachanlagen (bis zehn Kilowatt)] von Solarwatt, wirbt das Unternehmen. In | |
den vergangenen Jahren haben die Dresdner mehrere Installationsunternehmen | |
übernommen, erst im Februar erwarben sie die Mehrheit an einem großen | |
Installationsbetrieb für Solar- und Dachtechnik in Bückeburg im Landkreis | |
Schaumburg. | |
Mittlerweile verfügt Solarwatt über eigene Niederlassungen in Frankreich, | |
Großbritannien, den Niederlanden, Italien und Spanien; rund 40 Prozent des | |
Gesamtumsatzes generiert die Firma bereits im europäischen Ausland. | |
Dahinter stehe ein Netzwerk von 8.500 Handwerkern. Das Unternehmen nennt | |
sich selbst „Vorreiter im Bereich solargetriebener Sektorenkopplung“. | |
Für 2025 peilt Solarwatt einen Umsatz von 1 Milliarde Euro an – europaweit | |
entspricht das etwa 200.000 verkauften Photovoltaik-Anlagen. Aufgrund | |
seines starken Standbeins im Installationsgewerbe hat das Unternehmen | |
bereits mitgeteilt, es könne den bisherigen Mitarbeitern der ab Sommer | |
ruhenden Modulproduktion in vielen Fällen ein Übernahmeangebot machen. | |
Monteure, Servicemitarbeiter oder Planer werden schließlich weiterhin | |
gebraucht – selbst wenn die Module dann alle aus Asien kommen. | |
30 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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