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# taz.de -- Regierung streitet über Waldgesetz: Nur jeder fünfte Baum ist ges…
> Die Wälder leiden unter der Dürre, Hitze und dem Schädlingsbefall der
> vergangenen Jahre. Die Ampelkoalition streitet über ein neues Waldgesetz.
Bild: Totholz am Brocken. Dort kann wieder Wald wachsen – aber welcher?
Berlin taz | Wieso geht es dem deutschen Wald so schlecht? Die Antworten
darauf sind ein Politikum – und fallen dementsprechend unterschiedlich aus.
„Die Klimakrise hat unseren Wald fest im Griff“, betonte
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), als er am Montag in
Berlin den diesjährigen Waldzustandsbericht vorstellte. „Lang andauernde
Trockenheit und hohe Temperaturen der letzten Jahre haben bleibende Schäden
hinterlassen“, fuhr er fort.
Der Verband „Die Waldeigentümer“ (ADGW) teilte diese Sichtweise: Mit Blick
auf die aktuelle forstpolitische Diskussion sei zu betonen, „dass nicht die
rechtlichen Rahmenbedingungen die Ursache für die Waldschäden sind, sondern
der Klimawandel und dessen Folgen“. [1][Das geltende Bundeswaldgesetz habe
sich bewährt und sei auch in den kommenden Jahren eine gute Grundlage für
die Waldbewirtschaftung]. „Wir brauchen Pragmatismus, keine zusätzliche
Regulierung, die den notwendigen klimaresilienten Waldumbau lähmt“, so die
Waldeigentümer.
Die Umweltverbände sehen das anders: Sie warnen, Landwirtschaftsminister
Özdemir schiebe „den schlechten Zustand der Wälder vor allem auf die
Klimakrise. Er unterschlage damit aber seine „Verantwortung der von ihm
regulierten Forstwirtschaft“, kritisierte etwa Greenpeace. Das laxe
Waldgesetz habe der industriellen Forst- und Holzwirtschaft jahrzehntelang
einen Freifahrtschein ausgestellt, um wertvolle Wälder rücksichtslos
auszubeuten – auf Kosten von Umwelt und Klima, erklärte die
Umweltorganisation.
Auch der WWF sieht Wetterextreme als Dauerproblem – und forderte daher
„umgehend einen Paradigmenwechsel hin zu naturnahen Wäldern, die mit der
Erderhitzung besser umgehen können“. Mit der Novelle des
Bundeswaldgesetzes, die derzeit im Bundestag vorbereitet wird, biete sich
dazu eine große Chance. „Das neue Waldgesetz muss die Wälder fitter
machen“, so der WWF.
## Waldgesetz lässt auf sich warten
Das Bundeswaldgesetz aus dem Hause Özdemir sollte ursprünglich in diesem
Sommer verabschiedet werden. Allerdings hängt das Gesetz, das unter anderem
die Bewirtschaftung, aber auch die Freizeitnutzung der Wälder regeln soll,
bislang in der Ressortabstimmung der Bundesregierung fest. Einen Zeitplan
kann das Bundeslandwirtschaftsministerium derzeit nicht nennen.
Dabei herrscht eigentlich Zeitdruck: Die seit Mitte der 80er Jahre
erhobenen Zahlen zum Waldzustand sind alarmierend: Nur noch jeder fünfte
Baum war 2023 gesund. „Gesund“ bedeutet, dass die Bäume im
Untersuchungszeitraum Juli und August über dichte, geschlossene Kronen
verfügen. Die Gutachterteams, die im Auftrag der Länder unterwegs sind,
haben in 5-Prozent-Schritten die Abweichung der Bäume von einem voll
benadelten oder voll belaubten Baum eingestuft. Weicht ein Baum mehr als 25
Prozent von einer dichten Krone ab, leidet er unter einer „deutlichen
Kronenverlichtung“.
Die Krone als „Photosyntheseorgan“ benötigt der Baum für seinen
Stoffwechsel; fehlen Blätter, schwächt das den Baum. Verluste von bis zu
einem Viertel der Blatt- oder Nadelfläche können Bäume dabei kompensieren,
ab 25 Prozent wird es schwierig. „Sie sind dann nicht mehr so wehrhaft
gegen Schädlinge oder Trockenheit“, sagt Nicole Wellbrock vom
Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde. Buchen besäßen die
Fähigkeit, sich nach Trockenheit zu regenerieren, Fichten seien dazu nicht
in dem Maße fähig, so Wellbrock.
Während sich der Zustand aller Baumarten im vergangenen Jahr verschlechtert
hat, hat sich der der besonders hitzeanfälligen, aber
trockenheitstoleranten Kiefern gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert.
Allerdings: So gut wie 2017 geht es dem Nadelbaum nicht. „Das gilt für alle
Arten“, sagt Wellbrock, [2][„vor den drei Hitze- und Dürrejahren 2018 bis
2020 ging es allen Baumarten besser, sie haben sich davon nicht erholt“.]
## Mittelfristig ein anderes Waldbild
Die Waldökologin Wellbrock gehört nicht zu den Wissenschaftlern, die davon
ausgehen, dass sich „Wald“ in einigen besonders vom Klimawandel betroffenen
Regionen Deutschlands – etwa dem Harz oder Brandenburg – nicht mehr halten
lässt. „Es gibt ja auch in mediterranen Gebieten Wald“, sagt sie, „wir
werden mittelfristig ein anderes Waldbild bekommen“. Der Wald werde
niedriger und lichter sein und aus anderen Baumarten bestehen.
13 May 2024
## LINKS
[1] /Baustoffexperte-ueber-Pelletheizungen/!5973344
[2] /Waldumbau-in-Deutschland/!5962709
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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Wald
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