# taz.de -- Hunderte Tote durch Fluten: Land unter in Ostafrika | |
> In Kenia und Tansania starben Hunderte Menschen durch Starkregen und | |
> Überschwemmungen. Schuld ist nicht nur das Wetter. | |
Bild: Bewohner von Mai Mahiu in Kenia gucken auf ihre davongeschwemmte ehemalig… | |
KAMPALA taz | Die Regenzeit setzte in Ostafrika mit voller Heftigkeit ein. | |
Von der Küste am Indischen Ozean bis tief in den kongolesischen Dschungel | |
hinein kam es in den vergangenen Tagen und Wochen zu extrem starken | |
Regenfällen, die ganze Regionen überfluteten, Seen und Flüsse übertreten | |
und sogar Dämme bersten ließ. | |
Allein [1][in Kenia] verloren laut offiziellen Angaben in den vergangenen | |
Tagen 169 Menschen in den Fluten ihr Leben. Weit über 100 mussten | |
schwerverletzt in Krankenhäusern behandelt werden. In der Hauptstadt | |
Nairobi verloren über 10.000 Menschen ihre Häuser, vor allem in den | |
zahlreichen Armenvierteln, wo es kein funktionierendes Abwassersystem gibt. | |
Immer noch suchen landesweit Einheiten des Katastrophenschutzes nach | |
Hunderten Vermissten, so Regierungssprecher Isaac Mwaura. | |
Besonders hart traf es Dörfer [2][rund um die Kleinstadt Mai Mahiu], rund | |
50 Kilometer nordwestlich von Nairobi mitten im Rift Valley. Dort starben | |
am Montag bis zu 50 Menschen in den Fluten, noch immer werden Dutzende | |
vermisst. | |
In den bewaldeten Bergen rundherum hat es bereits in den vergangenen Jahren | |
Schlammlawinen gegeben, die tonnenweise Erde und Gestein in die Täler | |
gespült hatten. All dieses Geröll wurde dann durch den Starkregen am | |
vergangenen Wochenende in ein Flussbett gespült, wo es am Montag eine | |
Eisenbahnbrücke traf, die letztlich brach und den gewaltigen Wasser- und | |
Geröllmassen den Weg ins Tal nach Mai Mahiu freigab und zahlreiche Menschen | |
im Schlaf überraschte. | |
Kenias Geologen kritisieren bereits seit Jahren, dass die Regierung keine | |
Präventionsmaßnahmen habe, um solche Katastrophen frühzeitig zu erkennen | |
oder ihnen zu begegnen, bevor sie Menschenleben kosten. | |
## Von Tansania bis Äthiopien | |
Dies ist auch in den umliegenden Ländern der Fall. [3][In Tansania] starben | |
bislang 155 Menschen durch Fluten und Erdrutsche. Über 50.000 Häuser wurden | |
zerstört, weit über 200.000 Menschen wurden dadurch obdachlos, so | |
Premierminister Kassim Majaliwa. | |
In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ertranken in der vergangenen | |
Woche mindestens vier Menschen, so die Katastrophenschutzkommission. Das | |
UN-Koordinierungsbüro in Äthiopien warnte zu Beginn der Regenzeit im April, | |
dass in dem gebirgigen Land rund 1,9 Millionen Menschen von Fluten und | |
Starkregen gefährdet seien. | |
Im kleinen bettelarmen Burundi erreichte der Wasserstand des gewaltigen | |
Tanganyika-Sees durch Starkregen ein Rekordhoch und [4][der See trat über | |
die Ufer]. Mit dazu beigetragen hat auch die Tatsache, dass der einzige | |
Abfluss aus dem gewaltigen See, der Lukuga-Fluss Richtung Demokratische | |
Republik Kongo, durch Schlamm und Geröll teilweise blockiert ist und die | |
Wassermassen deswegen nicht abfließen können. | |
Besonders schlimm betroffen ist die Gegend Gatumba am nordöstlichen Ufer | |
des Sees, wo über 2.000 Haushalte evakuiert werden mussten. Zwischen | |
überfluteten Häusern stapfen statt der Menschen Nilpferde durch die Gassen. | |
Verursacht wird das Extremwetter von zwei Phänomenen in den Ozeanen, | |
gepaart mit dem Klimawandel. Bekannt sind zum einen die Meeresströmungen | |
namens [5][El Nino], die alle paar Jahre im Pazifik auftreten und die | |
Wassertemperatur auf der gesamten Südhalbkugel ansteigen lassen. | |
Verstärkt wird dies an der Ostküste Afrikas durch einen Temperaturanstieg | |
im Indischen Ozean, das sogenannte [6][Dipole]. Dabei ist die | |
Wassertemperatur in Küstennähe erhöht, während sie im östlichen Ozean unter | |
dem Durchschnitt liegt. Dies sorgt für enormen Niederschlag. Die | |
internationale Wetterorganisation hat angekündigt, dass dieses Phänomen | |
noch das ganze Jahr 2024 andauern kann. | |
## Es gab Warnungen – sie wurden ignoriert | |
Bereits im vergangenen Jahr kam es im Juni und im November, also jeweils in | |
der Regenzeit, zu Überschwemmungen in ganz Ostafrika, die weit über 1.000 | |
Menschen das Leben kosteten. Die UNO warnte damals schon vor einer | |
„Jahrhundertflut“. | |
In diesem Jahr haben sämtliche Wetterinstitute in der Region bereits im | |
Frühjahr vor Extremwetter und Starkregen gewarnt. Doch nur die wenigsten | |
Regierungen haben reagiert. | |
In Ruanda immerhin, wo bei Überschwemmungen im vergangenen Jahr über 130 | |
Menschen starben und über 20.000 Menschen obdachlos wurden, ist im Westen | |
des Landes ein gewaltiges Auffangbecken ausgehoben worden, das zwei | |
Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Sebeya-Fluss aufnehmen kann, sollte | |
dieser erneut über die Ufer treten. | |
Seit über einem Jahr arbeitet das ruandische Wasseramt WRB an Notfallplänen | |
und Präventivmaßnahmen, um die Bevölkerung zu schützen. Dieses Modell will | |
nun auch Kenias Regierung einführen. | |
1 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://reliefweb.int/disaster/fl-2024-000045-ken | |
[2] https://www.youtube.com/watch?v=cqhBZH9ERqA | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=0zV1CPYtG0A | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=juhKa07Q0fA | |
[5] https://wmo.int/news/media-centre/el-nino-weakens-impacts-continue | |
[6] https://www.worldweatherattribution.org/climate-change-indian-ocean-dipole-… | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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