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# taz.de -- Parlamentswahlen in Kroatien: Konservative gegen Sozialdemokraten
> Bei den Parlamentswahlen in Kroatien geht es um nichts Geringeres als
> Europas Zukunft. Und die weitere Unterstützung für die Ukraine.
Bild: Wahlplakate der konservativen Partei HDZ in Zagreb
Sarajevo taz | Überschattet von innenpolitischen Krisen hält das Nato- und
EU-Mitgliedsland Kroatien am Mittwoch Parlamentswahlen ab. 151 Sitze sind
im Sabor, dem kroatischen Parlament, zu besetzen, und die konservative
Regierungspartei HDZ von Ministerpräsident Andrej Plenković könnte die
Oberhand behalten. Die Regierung wird allerdings von den Sozialdemokraten
SDP herausgefordert, die gemeinsam mit anderen kleineren oppositionellen
Parteien unter Präsident Zoran Milanović angeführt wird.
Dabei zieht Milanović alle Register, um an Plenković vorbeizukommen [1][und
die Macht zu erreichen]. Er will auch am rechten Rand fischen. Milanović
wird bei der Wahl also direkt für ein Abgeordnetenmandat antreten. Als
Ministerpräsident verspricht er sich einen Machtzuwachs. Als Präsident
waren seine populistisch-antidemokratischen außenpolitischen Akzente
bedeutungslos. Nachdem Milanović die Wahl angesetzt hatte, stürzte er sich
für die sozialdemokratische SDP in den Wahlkampf.
Doch das Verfassungsgericht intervenierte und erklärte, Milanović müsse
erst als Präsident zurücktreten, um sich um einen Sitz im Parlament
bewerben zu können. Dieser aber ignorierte die Entscheidung des
Verfassungsgerichts, blieb im Amt und setzte seinen Wahlkampf für das von
der SDP angeführte Parteienbündnis fort.
Aber: Mit dieser Entscheidung, als Präsident den Sabor aufzulösen und
Neuwahlen auszuschreiben, lässt sich Milanović auf ein schwieriges
Machtspiel ein. Die Gerichte müssen darüber endgültig entscheiden. Im
Augenblick geht alles noch seinen Gang. Die Wahlen werden am Mittwoch
stattfinden. Plenković hat sich in den letzten Jahren in den Augen Brüssels
als zuverlässiger Partner der EU erwiesen.
## Vorboten für EU-Wahl und Präsidentschaftwahl
[2][In der Ukraine-Frage] hat er sich auf die Seite des Westens gestellt,
während Milanović russischen Positionen nicht abgeneigt ist und in der
Kritik an Europa oft mit Ungarns Staatschef Orbán und der neuen
slowakischen Führung übereinstimmt. Milanović wäre, falls er gewählt würd…
für die liberalen Demokratien ein Unsicherheitsfaktor auf dem Balkan. Die
meisten Umfragen sagen einen Sieg der HDZ voraus. Allerdings ohne Mehrheit,
um allein regieren zu können.
[3][Doch die Parteien im rechtskonservativen Lager stehen bereit.] Zudem
wird Plenković sich nicht scheuen, wie bisher mit der serbischen Partei
eine Koalition einzugehen. Sollte die HDZ an der Macht bleiben, dürfte
Kroatien seinen prowestlichen Kurs beibehalten und vor allem an der Hilfe
für die Ukraine festhalten. Ein Erfolg für die SDP könnte zu weiteren
Erfolgen Milanović’ bei den Wahlen für das EU-Parlament im Juni und für das
Präsidentenamt im Dezember führen.
Bei Umfragen kann Plenković mit 60 Sitzen im Parlament rechnen, während für
die SDP etwas mehr als 40 Sitze prognostiziert werden. Die
rechtskonservativen Parteien Most und DP könnten mit jeweils 10 Prozent der
4,5 Millionen Wahlberechtigten rechnen. Für die SDP sollen sich lediglich
22 Prozent ausgesprochen haben, die links-grüne Partei Mosemo, die in
Zagreb den Bürgermeister stellt, wird im gesamten Land bei 8 bis 9 Prozent
liegen.
## Wahlen ohne politischen Inhalt
Doch so ganz aussichtslos ist Milanović nicht. In der Bosnien-Frage hat er
Plenković rechts überholt und mit den serbischen Nationalisten und Milorad
Dodik angebändelt. Das haben die Bündnispartnern von Plenković in Bosnien,
die HDZ-BiH unter Dragan Čović zwar auch, doch man wird sehen, wie sich die
bosnischen Kroaten entscheiden, die mit dem Ukraine-Kurs Plenković’ nicht
glücklich sind.
Der Polit-Experte Žarko Puhovski kritisiert, dass die Wahlen keinen
politischen Inhalt haben. „Wir hatten überhaupt keine Diskussionen.
Milanović hat das Programm abgesagt. Plenković ist in die gleiche Richtung
gegangen.“ Er glaubt, dass SDP und HDZ ähnlicher sind als je zuvor, und
verweist aber auf die Haltung im Ukrainekrieg. „Zwischen uns und der
Ukraine liegt nur Ungarn, wir sind nicht so weit entfernt, es ist nicht so,
dass er uns nichts angeht“, sagte er.
16 Apr 2024
## LINKS
[1] /Wahlen-in-Kroatien/!5996354
[2] /Schwere-Kaempfe-in-der-Ostukraine/!6000708
[3] /EU-und-der-Westbalkan/!5971906
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Schwerpunkt Europawahl
Kroatien
Serbien
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Kolumne Geraschel
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