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# taz.de -- Symposium von Tesla-Kritiker:innen: Auf dem Highway in die Teslokra…
> Um Tech-Milliardäre zu hofieren, werfen Politiker:innen
> demokratische Grundsätze über Bord. Dabei braucht es gerade in der
> Wirtschaft Demokratie.
Bild: Tech-Milliardär mit Hang zum Autoritären: Elon Musk auf einen Besuch im…
Berlin taz | Für Tesla gelten in Brandenburg Sonderregeln, davon ist
Sebastian Walter, der Fraktionsvorsitzende der Brandenburger Linken,
überzeugt. „Jede Currywurstbude hätte schon dicht machen müssen, hätte sie
nur annähernd so viele Rechtsverstöße begangen“. Fast fünf Jahre nach der
Entscheidung Elon Musks, das erste europäische Teslawerk im
brandenburgischen Grünheide zu errichten, ist die Liste an Verfehlungen des
Elektroautobauers lang: [1][Havarien,] [2][Arbeitsunfälle] und [3][immer
wieder Verstöße gegen geltende Vorschriften]. Konsequenzen gab es bislang
kaum. Das systematische Wegschauen der Politik ist eine Gefahr für die
Demokratie – diese Schlussfolgerung ziehen Aktivist:innen, Expert:innen
und Politiker:innen auf dem Symposium „Teslokratie“, das am
Mittwochabend in der Berliner Volksbühne stattfand.
Das Hauptproblem sei, erklärt Walter, dass die brandenburgische
Landesregierung aus SPD, CDU und Grünen der Standortpolitik alles andere
unterordne. Für Brandenburger Verhältnisse bezahle Tesla die 12.000
Mitarbeiter:innen überdurchschnittlich, das Unternehmen ist für einen
Großteil des starken Wirtschaftswachstums verantwortlich. Aus Angst, den
wankelmütigen Tesla-Chef zu verprellen, drückt die Landesregierung schon
mal ein, oder auch alle Augen zu. „Die Landesregierung lässt sich massiv
erpressen, glaubt aber, dass Elon Musk ein Kumpel von ihnen ist“, sagt
Walter.
Der Linkenpolitiker spielt auf das Verhalten des SPD-Ministerpräsidenten
Dietmar Woidke an, der Elon Musk im März vergangen Jahres in einem
persönlichen Brief vollste Unterstützung zusicherte, eine Lösung für die
Wasserprobleme zu finden. Auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach hält
wenig von Distanz und postete fast zeitgleich ein Foto von sich im
Tesla-Shirt beim „Besuch bei Freunden“ im texanischen Werk des
Elektroautobauers.
## Unterwürfige Landespolitik
Dass sich Tesla weiterhin auf die politische Rückendeckung aus Potsdam
verlassen kann, zeigen die aktuellen Entwicklungen in Grünheide. Am
Mittwoch gab der zuständige Wasserverband Strausberg Erkner (WSE) bekannt,
dass er die Grenzwertüberschreitungen bei Phosphor und Stickstoff in den
Tesla-Abwässern noch bis Juli tolerieren wird, bis der Verband eine
Entscheidung trifft.
Seit zwei Jahren leitet das Werk mehr Schadstoffe ein als verträglich
vereinbart. Da jeglicher Protest erfolglos war, drohte der Verband im
Februar damit, die Abwasserentsorgung komplett einzustellen. Die endgültige
Entscheidung vertagte der Verband bereits ein erstes Mal im Februar,
vermutlich auf politischen Druck. Der damalige Vorsitzende der
Verbandsversammlung Henryk Pilz trat daraufhin zurück mit den Worten „Die
Lobbyisten haben gewonnen“.
Bemühungen, die Schadstoffeinleitungen zu reduzieren, machte Tesla bislang
nicht. Stattdessen präsentierte man der Verbandsversammlung ein
Gegengutachten, in dem die Sinnhaftigkeit der WSE-Grenzwerte in Zweifel
gezogen wurde, wie der Stern am Dienstag berichtete.
Dass Tesla-Chef Elon Musk kein Freund von demokratischen Entscheidungen
ist, zeigt sich auch im Umgang mit dem Ergebnis [4][der
Einwohner:innenbefragung im Februar]. Dort stimmten über 60 Prozent
der Grünheider:innen gegen eine Werkserweiterung, für die noch einmal
100 Hektar Wald gerodet werden müssten. Anstatt das Votum zu akzeptieren,
hofft Tesla nun mit einem geänderten Bebauungsplan die geplante Erweiterung
realisieren zu können. Demnach sollen nur noch 50 Hektar gerodet werden,
aber weiterhin die ganze Fläche vom Land an Tesla verkauft werden.
## Expansion trotz Massenentlassungen
„Das ist wieder so eine Trickserei“, kritisiert Anwohner Heiko Baschin auf
dem Podium, der sich in der lokalen Bürgerinitiative gegen Tesla engagiert.
„Wenn das Land verkauft, kann Tesla den Wald später immer noch in ein
Industriegebiet umwandeln.“ Tesla argumentiert, dass nur durch die
Erweiterung ein Güterbahnhof gebaut werden könne – und somit der belastende
Lkw-Verkehr vermieden.
Verschweigen würde das Unternehmen, so Baschin, dass es bereits seit 2020
einen gültigen Bebauungsplan für einen Güterbahnhof auf dem bestehenden
Fabrikgelände gäbe.
Teslas Expansionspläne wirken bizarr vor dem Hintergrund, dass das
Unternehmen weltweit 10 Prozent seiner Arbeiter:innen entlassen will.
Auch in Grünheide entlässt das Unternehmen 300 Leiharbeiter:innen, wie es
am Donnerstag bekannt gab.
Schon länger hat das Unternehmen Probleme, genügend seiner Elektroautos
abzusetzen. Linkenpolitiker Sebastian Walter vermutet, die Erweiterung habe
vor allem das Ziel, den zuletzt eingebrochenen Börsenwert des Unternehmens
zu steigern.
## Musk kuschelt mit Faschisten
Unbehagen bereitet den Symposium-Teilnehmer:innen auch die Person Elon
Musk. Der chattet schon mal auf seiner im letzten Jahr gekauften
Kurznachrichtenplattform X mit dem AfD-Faschisten Björn Höcke oder
verbreitet rechtsextremistische Verschwörungstheorien. „Die Antwort, die
Tech-Milliardäre wie Musk auf globale Probleme haben, ist nicht
Demokratie“, warnt Digital-Expertin Cathy Mulligan. Stattdessen stilisieren
sie sich selbst als Heilsbringer, die mit technischen Lösungen die Welt
retten. Das Elektroauto als Scheinlösung für die Klimakrise sei dabei das
prominenteste Beispiel, stimmt auch der kanadische Tech-Journalist Paris
Marx zu.
Statt Tesla bedingungslose Unterstützung zuzusagen, sollte die Politik dem
Unternehmen harte Vorgaben machen, fordert die Journalistin und
Tesla-Expertin Nina Scholz auf dem Podium. So sollte das Land einen
geltenden Tarifvertrag, Arbeitsschutz oder die Einhaltung strenger
Umweltauflagen zur Bedingung für die Standortansiedlung machen. „Tesla hält
sich an keine demokratischen Spielregeln“, sagt Scholz.
Einen weiteren Weg, Tesla und andere Unternehmen in die Schranken zu
weisen, sieht Sebastian Walter in einer Demokratisierung der Wirtschaft.
Dies könne durch Gewerkschaften, Betriebsräte oder auch staatliche
Beteiligung geschehen. Aber auch radikalere Mittel sind für Walter denkbar:
„Wenn ein Unternehmen 500 Milliarden wert ist, ist es einfach zu mächtig.
Tesla müsste zerschlagen und vergesellschaftet werden.“
18 Apr 2024
## LINKS
[1] /26-Tesla-Havarien-in-Brandenburg/!5964260
[2] /!5988655/
[3] /Tesla-Fabrik-in-Brandenburg/!5694839
[4] /Buergerbefragung-zur-Werkserweiterung/!5993733
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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