# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: No Future mit Elon | |
> Selbst in grünen Milieus ecken die Aktionstage gegen Tesla teils an. Doch | |
> die Welt nach der Klimakrise darf keine neofeudale Dystopie werden. | |
Bild: Utopie, das geht nur ohne Elon Musk, aber der will ja eh im All leben | |
In der Linken gab es lange die Annahme, dass die Menschen schon gegen die | |
Zustände revoltieren würden, wenn sie nur Bescheid wüssten. Doch spätestens | |
mit der Klimakrise hat sich gezeigt, dass das Problem komplizierter ist. | |
Denn das Wissen über die Klimakrise ist ja weit verbreitet – und trotzdem | |
ist keine Revolte in Sicht. In vielerlei Hinsicht ist heute deshalb nicht | |
das Fehlen von Informationen das Problem, sondern etwa der mangelnde | |
Glauben an die Wirksamkeit von Widerstand – und, ganz zentral, die | |
Verdrängung von Informationen. | |
Der Prototyp des Verdrängers ist natürlich der rechte Kulturkämpfer, der in | |
kleinkindlicher Trotzigkeit noch die klimaschädlichste Praktik als Bastion | |
der Freiheit verteidigt. Es gibt aber noch einen milderen, liberalen Typus: | |
Die bis ins grüne Milieu zu findenden Technologiefetischist:innen. Sie | |
klammern sich an die Ideologie des grünen Kapitalismus und unendlichen | |
Wachstums. Aus Angst vor tiefgreifenden Veränderungen halten sie sich an | |
den Glauben fest, dass das Problem ein rein technisches sei, dass alles | |
weitergehen kann wie bisher, höchstens mit leicht verändertem Klang des | |
aufheulenden Motors. | |
Was den Kulturkämpfern der Diesel, ist diesen Menschen ihr Tesla. Fanatisch | |
wird die Technologie der E-Autos verteidigt, weil an ihr die gesamte | |
Weiter-so-Ideologie hängt. Selbst in grünen Milieus ecken deshalb die | |
[1][Aktionstage gegen Tesla in Grüneheide] teilweise an, zu denen das | |
[2][Klimagruppenbündnis Disrupt] vom Mittwoch (8. 5.) bis zum Sonntag (12. | |
5.) aufruft. Denn braucht es nicht auch in Zukunft noch Individualverkehr | |
in relevanten Größenordnungen? Ist Tesla nicht ein Teil der Lösung, auch | |
wenn die Personalie Elon Musk unangenehm ist? | |
## Die dunkle Seite der Elektromobilität | |
Nicht alles an solcher Kritik ist falsch. Grundsätzlich stimmt, dass die | |
Forderung nach einer tatsächlich gerechten Mobilitätswende mehr braucht, | |
als den Verweis auf einen ausgebauten und kostenlosen ÖPNV. Dass | |
Klimaaktivist:innen durch Massenaktionen des zivilen Ungehorsams auf | |
die Korrumpiertheit des liberalen Klimadiskurses hinweisen, bleibt aber | |
trotzdem richtig. Denn auch ohne alle Antworten zu haben ist die Frage | |
wichtig, wie sie aussehen soll, die post-fossile Welt. | |
Denn es ist doch längst bekannt, wofür E-Autos stehen. Wir wissen, [3][die | |
Mär von der klimaneutralen Technologie ist so schlicht falsch]. Wir ahnen, | |
angesichts von Berichten über für die für Lithium verwüsteten Landstriche | |
[4][zum Beispiel in Lateinamerika], welche neokoloniale Ordnung sich hier | |
reproduziert. Klammheimlich wissen wir, dass es sich um eine globale | |
Verteilungsfrage handelt. Dass mal wieder die Lebensgrundlagen indigener | |
Menschen zerstört werden, damit das deutsche Bürgertum über die Autobahn | |
brettern kann. | |
Gerade will Elon Musk im austrocknenden Brandenburg seine Gigafabrik | |
erweitern, obwohl sich eine große Mehrheit der Grünheider:innen dagegen | |
ausgesprochen hat. Doch Musk und die Demokratie, das ist keine Love-Story, | |
schließlich prahlt der Oligarch schon mal damit, [5][wenn nötig jede | |
Regierung wegzuputschen]. Also entscheidet Musk auch in der Metropolregion | |
Berlin im Alleingang über die Wasserfrage. Das von Arbeitsunfällen und | |
Union Busting geprägte Betriebsklima bei Tesla, es ist ein Vorgeschmack | |
darauf, wie es sich unter den Fittichen des neuen Fürsten lebt. | |
Eine echte Klimagerechtigkeitsbewegung muss die Frage auf die Tagesordnung | |
setzen, ob wir wirklich in einer neufeudalen Welt leben wollen, in der ein | |
kleiner privilegierter Teil sich einmauert – während der Rest ausgebeutet | |
und unterdrückt wird. Oder ob nicht doch eine demokratische und global | |
gerechte Welt möglich ist, ein neues Kapitel nicht nur im Verhältnis | |
zwischen Mensch und Natur, sondern auch in den zwischenmenschlichen | |
Beziehungen. | |
## Aktionstage gegen Tesla – was geht? | |
Das Protestcamp für „Wasser, Wald und Gerechtigkeit“ ist der perfekte | |
Ausgangspunkt, um diese Frage zu stellen und sich für den gemeinsamen Kampf | |
gegen Tesla zu vernetzen. Das Camp befindet sich auf der Festwiese in | |
Grünheide (Adresse: An der alten Schule 5), nur einen Spaziergang entfernt | |
vom Regionalbahnhof Fangschleuse (RE1), der [6][Wasserbesetzung | |
TeslaStoppen] und den Werkstoren von Tesla. [7][Hier] geht es zu einer | |
detailierten Anfahrtsbeschreibung. | |
Am Mittwoch (6. 5., 16 Uhr) starten die Aktionstage direkt mit einer | |
[8][Demo am Alten Markt vor dem Brandenburger Landtag] in Potsdam – zu der | |
natürlich auch alle Menschen eingeladen sind, die nicht mit campieren. Vom | |
Landtag führt der Protestzug gegen die Erweiterung der Teslafabrik und die | |
Lüge des grünen Kapitalismus bis zur Staatskanzlei. Im Camp gibt es | |
anschließend noch ein Konzert. | |
Dort finden am Donnerstag auch [9][zahlreiche Workshops] statt, etwa zur | |
europäischen Rohstoffpolitik „grüner Opferzonen“ (11 Uhr, Workshopzelt 1) | |
oder zur Geschichte des Widerstands gegen Tesla in Grünheide (14:15 Uhr, | |
Großes Zelt). Außerdem kann sich in Aktionstrainings und -plena über | |
mögliche Widerstandsformen informiert und vorbereitet werden. Das [10][Kino | |
Movieland in Erkner] (Friedrichstraße 58) zeigt am Abend (19 Uhr) den Film | |
„Lützerath – Gemeinsam für das gute Leben“. | |
Am Freitag (10. 5.) findet vor dem Werkstor bei Tesla [11][eine ganztägige | |
Kundgebung (von 9 bis 18 Uhr)] statt. Der Protest ist familienfreundlich | |
und dient auch dazu, miteinander ins Gespräch zu kommen. Ab 12 Uhr wird | |
gemeinsam ein großer Drache gebastelt, der dann vor dem Werkstor in die | |
Höhe steigen wird. Im Camp gibt es weitere Workshops, Filmvorführungen und | |
abends noch ein Konzert. | |
## Klimakampf heißt Antifa | |
Großer Aktionstag ist der Samstag (11. 5.). Neben den Blockaden startet ab | |
14 Uhr [12][die Großdemo vom Bündnis Tesla den Hahn abdrehen] am Bahnhof | |
Fangschleuse. Im Zentrum des Aufrufs stehen die Pläne der | |
Gemeindevertretung, am 16. Mai einen Bebauungsplan für die Teslaerweiterung | |
durchzuwinken, der sich nur kosmetisch vom in der Volksbefragung | |
abgelehnten Entwurf unterscheide. Ein Fahrradzubringer startet aus Berlin | |
um 11:30 Uhr an der Rummelsburger Bucht. | |
Und übrigens: Der Kampf für eine Zukunft und das gute Leben für alle hat | |
viele Fronten. Klimakampf heißt Antifa, deshalb gilt es auch, an den Tagen | |
der Befreiung und des Sieges auf die Straße zu gehen. Am 8. Mai beginnt in | |
Berlin um 15 Uhr ein antifaschistisches Gedenken am Ehrenmal in der | |
Wiltbergstraße in Buch, anschließend startet pünktlich um 18 Uhr eine | |
[13][Gegendemo gegen die AfD am S-Bahnhof Blankenburg], die am Tag der | |
Befreiung mit einem Treffen provoziert. [14][Die 9. Mai-Demo zum Tag des | |
Sieges] startet am Folgetag um 17:30 Uhr am S+U Bahnhof Friedrichstraße. | |
7 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://disrupt-now.org/disrupt-tesla/ | |
[2] https://disrupt-now.org/ | |
[3] /Studie-zur-Oekobilanz/!5976000 | |
[4] /Lithiumgewinnung-in-Argentinien/!6005333 | |
[5] https://www.theguardian.com/books/2023/nov/25/we-will-coup-whoever-we-want-… | |
[6] /Wald-Besetzung-gegen-Tesla/!5998886 | |
[7] https://t-den-hahn-abdrehen.org/anreise/ | |
[8] https://t-den-hahn-abdrehen.org/demo-in-potsdam/ | |
[9] https://t-den-hahn-abdrehen.org/programm-camp/ | |
[10] https://kinomovieland.de/veranstaltungen-erkner/sonderveranstaltung-luetze… | |
[11] https://t-den-hahn-abdrehen.org/drachensteigen-vor-dem-werkstor-von-tesla/ | |
[12] https://t-den-hahn-abdrehen.org/demo-wasser-wald-gerechtigkeit/ | |
[13] https://asanb.noblogs.org/?event=8-mai-nazi-frei | |
[14] https://asanb.noblogs.org/?event=nie-wieder-faschismus-nie-wieder-krieg | |
## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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