| # taz.de -- Entscheidung über Tesla-Werkserweiterung: Ein fauler Kompromiss | |
| > Am Donnerstag berät der Grünheider Gemeinderat über den überarbeiteten | |
| > Bebauungsplan. Gegner:innen fordern, die Bürgerbefragung zu | |
| > akzeptieren. | |
| Bild: Aktivist:innen versuchen während des Massenprotests am Wochenende auf da… | |
| Berlin taz | Die Zelte der Tesla-Gegner:innen in Grünheide sind gerade | |
| abgebaut, [1][die spektakuläre Massenaktion am Wochenende] hat für | |
| internationale Medienaufmerksamkeit gesorgt. Doch die eigentliche | |
| Entscheidung, wie es mit Tesla in Brandenburg weitergehen soll, fällt am | |
| Donnerstag in einer unscheinbaren Multifunktionshalle im Grünheider | |
| Ortsteil Hangelsberg. Dort berät die Gemeindevertretung über den | |
| Bebauungsplan Nr. 60 und damit darüber, ob der Autobauer weitere | |
| Waldflächen für seine geplante Werkserweiterung roden darf. | |
| „Ich blicke mit Sorge auf die Sitzung“, sagt Manu Hoyer, Mitglied der | |
| Bürgerinitiative Grünheide und Tesla-Gegnerin der ersten Stunde. Die | |
| derzeitigen Kräfteverhältnisse im Gemeinderat sprechen dafür, dass man dort | |
| den Weg für den umstrittenen Bebauungsplan frei macht. Dies umso mehr, als | |
| der Hauptausschuss bereits am 2. Mai eine Beschlussempfehlung für den | |
| B-Plan abgegeben hat. | |
| Ursprünglich hatte Tesla geplant, sein 300 Hektar großes Betriebsgelände um | |
| weitere 110 Hektar nach Osten hin zu erweitern. Dafür hätten weitere 100 | |
| Hektar ökologisch wertvoller Wald im Landschaftsschutzgebiet gerodet werden | |
| müssen. Die zusätzlichen Flächen will der Konzern vor allem für einen | |
| Güterbahnhof und als Lagerflächen nutzen. | |
| Aufgrund zahlreicher Bedenken von Anwohner:innen, Naturschutzverbänden und | |
| Behörden beschloss der Gemeinderat im Dezember, eine | |
| Bürger:innenbefragung über die geplante Erweiterung durchzuführen. | |
| Das Ergebnis des Votums im Februar war überraschend eindeutig: Fast 60 | |
| Prozent der Grünheider:innen stimmten gegen eine Erweiterung. Auch die | |
| Beteiligung war mit über 75 Prozent ungewöhnlich hoch. | |
| ## Guter Kompromiss? | |
| Nach der Abstimmung kündigte die Gemeinde eine Überarbeitung des | |
| Bebauungsplans an. Statt 100 Hektar sollen nur noch 53 Hektar gerodet | |
| werden. Der geplante Güterbahnhof kann weiterhin auf dem Gelände entstehen, | |
| dafür fallen Werkskindergarten und einige Lagerflächen weg. Einen „guten | |
| Kompromiss“ nennt Grünheides parteiloser Bürgermeister Arne Christiani den | |
| überarbeiteten Bebauungsplan. | |
| „Es ist ein B-Plan für die Gemeinde Grünheide und nicht für Tesla“, sagt | |
| der Bürgermeister zur taz, „dabei geht es zum Großteil um die Erweiterung | |
| der Infrastruktur.“ | |
| Tesla plant, seine Produktionskapazitäten auf eine Million Fahrzeuge zu | |
| vervierfachen. Die Zahl der Beschäftigten will das Unternehmen nach eigenen | |
| Angaben von derzeit rund 12.000 auf bis zu 40.000 Arbeiter:innen | |
| erhöhen. Auch wenn diese Ziele angesichts der [2][Massenentlassungen und | |
| Absatzschwierigkeiten durch die chinesische Konkurrenz] heute utopisch | |
| erscheinen, plant auch das Land Brandenburg in seiner Verkehrsprognose mit | |
| einer deutlichen Erhöhung der Produktionszahlen. | |
| „Tesla braucht diesen Bahnhof unbedingt“, sagt auch Steffen Schorcht von | |
| der Grünen Liga Brandenburg, „er ist Grundlage für die zweite Ausbaustufe | |
| des Werks.“ Allein mit Lastern ließe sich der Transport von Mensch und | |
| Material nicht bewerkstelligen. Die Erhöhung der Produktion bedeute jedoch | |
| auch, dass die Belastungen für Anwohner:innen und Natur unterm Strich | |
| eher zu- als abnehmen werden, auch wenn durch den Güterbahnhof ein Teil des | |
| Transports auf die Schiene verlagert wird. | |
| ## Mehr Verkehr, mehr Belastung | |
| Schorcht warnt den Gemeinderat davor, das Ergebnis der | |
| Bürger:innenbefragung zu ignorieren: „Das Votum ging ja klar um die | |
| Frage Erweiterung oder Nichterweiterung.“ Dass nun mit dem Erhalt eines | |
| Teils der Waldfläche versucht wird, eine Lösung des Konflikts zu | |
| präsentieren, sieht Schorcht als typische „Salamitaktik“ Teslas. | |
| Der Umweltschützer befürchtet, dass auch das inmitten des Bebauungsplans | |
| und durch Straßen und Schienen eingehegte Waldstück später an Tesla | |
| verkauft wird. Bürgermeister Christiani beantragte bereits im Oktober | |
| vergangenen Jahres eine Herauslösung der gesamten Fläche aus dem | |
| Landschaftsschutzgebiet, was eine spätere Umwandlung in ein Industriegebiet | |
| deutlich vereinfachen würde. | |
| Gegenüber der taz betont Christiani allerdings, dass er anstrebe, das 47 | |
| Hektar große Waldstück sowohl im Landschaftsschutzgebiet als auch im Besitz | |
| des Landes Brandenburg zu halten. Auch dieser Punkt findet sich am | |
| Donnerstag auf der Tagesordnung. | |
| Tesla-Gegnerin Manu Hoyer traut den Aussagen ihres Bürgermeisters nur | |
| wenig: „Der neue Bebauungsplan ist eine Mogelpackung.“ [3][Die Bevölkerung | |
| werde ständig „verarscht“ schimpft Hoyer.] So behaupteten | |
| Tesla-Befürworter:innen, der Güterbahnhof sei nicht auf dem bestehenden | |
| Werksgelände realisierbar. Dabei sah der alte Bebauungsplan von 2019 genau | |
| diese Variante vor. „Wenn der B-Plan beschlossen wird, werden wir klagen“, | |
| kündigt Manu Hoyer an. | |
| Zur Gemeinderatssitzung am Donnerstag kündigte das Bündnis „Tesla den Hahn | |
| abdrehen“, in dem auch Hoyers Bürgerinitiative Grünheide organisiert ist, | |
| schon mal eine Protestkundgebung an. „Der B-Plan ist eine große Missachtung | |
| der Bürgerbefragung“, sagt die Bündnis-Sprecherin Karolina Drzewo zur taz. | |
| „Wir werden mit Plakaten, Bannern und Redebeiträgen noch mal auf das | |
| Ergebnis des Votums hinweisen.“ | |
| 15 May 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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