# taz.de -- Tesla baut schon – ohne Baugenehmigung: Alle Schalter auf Erfolg | |
> Wo sich vor ein paar Monaten noch märkische Kiefern drängten, werden | |
> schon Fundamente gegossen. Aber alles rechtens. Ein Wochenkommentar. | |
Bild: Tesla ist ein ganz fixes Unternehmen: Baugeschehen in Grünheide (Branden… | |
Der Bau der Tesla-Monsterfabrik – pardon: Gigafactory – in Grünheide nimmt | |
immer groteskere Züge an: Wo sich noch vor ein paar Monaten Zehntausende | |
märkische Kiefern drängten, werden schon Fundamente gegossen, und in Kürze | |
sollen sich die ersten Gebäude erheben. Das Unternehmen von Milliardär Elon | |
Musk, das sich den straffen Zeitplan gegeben hat, schon im Juli 2021 die | |
ersten Elektro-SUVs mit dem Label „Made in Brandenburg“ zu verkaufen, | |
drückt auf die Tube. | |
Der Witz dabei: Weder für die Rodung von knapp hundert Hektar Forst noch | |
die Planierung des Bodens noch die Fundamentarbeiten und auch nicht für die | |
baldigen Rohbauten gibt es eine Baugenehmigung. Kann es auch nicht geben, | |
weil das Bundesimmissionsschutzgesetz bei Projekten dieser Größenordnung | |
ein umfangreiches Beteiligungsverfahren vorsieht. Das läuft und wird seinen | |
Höhepunkt erst im September mit einem öffentlichen Erörterungstermin | |
erreichen. | |
Allerdings macht Tesla auch nichts Verbotenes: Genutzt wird die legale | |
Möglichkeit der „Zulassung vorzeitigen Maßnahmenbeginns“, für die bereits | |
vier Anträge gestellt wurden. Grünes Licht gibt es in solchen Fällen dann, | |
wenn „gute Aussichten“ auf die Gesamterlaubnis bestehen. Das trifft in | |
diesem Fall nicht nur laut Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach | |
(SPD) zu. Die PolitikerInnen in der Region überstürzen sich ob der | |
kommenden Autofabrik entweder mit Jubelarien – oder Schweigen. Zu groß ist | |
die Angst, als Verhinderer dazustehen. | |
Dabei hat Musk eigentlich nicht das Zeug zum Traum-Schwiegersohn deutscher | |
Mitte-links-Regierungen: Von all seinen Extravaganzen und | |
überambitionierten High-Tech-Projekten (Weltraumtourismus, bemannte | |
Rohrpost usw.) mal abgesehen, handelt es sich natürlich auch um einen | |
knallharten Kapitalisten. Was letztens deutlich wurde, als Musk sich mit | |
den kalifornischen Behörden anlegte, die die Arbeit in seinem Werk in | |
Fremont zwecks Pandemieeindämmung gestoppt hatten. Der Chef wütete, so ein | |
Lockdown sei „Faschismus“, und drohte mit dem Abzug des Headquarter aus dem | |
Bundesstaat und seinen Angestellten: Wer nicht am Fließband erscheine, | |
müsse mit Abzügen rechnen. | |
## Bald fließen Fördermillionen | |
Hörte man da irgendeinen Mucks von Minister Steinbach oder seiner grünen | |
Amtskollegin Ramona Pop? Natürlich nicht. Hier sind längst alle Schalter | |
auf Erfolg umgelegt. Bald werden ja auch die Fördermillionen fließen, die | |
Tesla schon bei der Brandenburger Investitionsbank ILB eingereicht hat. | |
Diesmal, nach all den Desastern mit Cargolifter, Chipfabrik und Co, muss es | |
klappen! | |
Dass die kleine Bürgerinitiative GGG (Grünheide gegen Gigafactory) die | |
längst begonnene Ansiedlung verhindern kann, ist also, na ja, | |
unwahrscheinlich. Gut aber, dass die AnwohnerInnen und NaturschützerInnen | |
die richtigen Fragen stellen: etwa die nach dem Impact der geplanten | |
Pfahlgründungen auf das Grundwasser. Dass man viele tausend Betonpfeiler | |
von der Höhe eines dreistöckigen Hauses in den Sand rammen wollte, hatte | |
Tesla erst gar nicht erwähnt. Jetzt steht es (als abgespeckte Variante) in | |
den Unterlagen. | |
Vorzeitige Pfahlgründungen hat das in Sachen Tesla handzahme Brandenburger | |
Umweltministerium abgewendet. Denn wenn Tesla doch keine Genehmigung | |
bekommen sollte oder wenn Musk eines Morgens twittert, er habe beschlossen, | |
sein „Model Y“ doch nicht Deutschland, sondern in der Ukraine zu bauen, | |
muss alles wieder in den Ursprungszustand versetzt werden. Und das könnte | |
heiter werden. | |
18 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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