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# taz.de -- Verfassungsblog gegen die AfD: Höhere Hürden für Höcke
> Das „Thüringen-Projekt“ vom Verfassungsblog macht Vorschläge zur Stärk…
> von Demokratie. Warum die AfD es damit schwerer haben wird.
Bild: Gefährdete Demokratie? Blick in den Landtag von Thüringen
Freiburg taz | „Nur eine vorbereitete Demokratie ist eine wirklich
wehrhafte Demokratie.“ So begründete der Journalist und Jurist Maximilian
Steinbeis die Vorschläge seines Teams für präventive Rechtsänderungen in
Thüringen, wo im September ein neuer Landtag gewählt wird. Die AfD kann
nach aktuellen Umfragen mit 29 bis 31 Prozent der Wählerstimmen rechnen.
Steinbeis ist Gründer des Verfassungsblogs, in dem seit 2009
verfassungsrechtliche Fragen diskutiert werden. Vor einem Jahr gründete
Steinbeis [1][das „Thüringen-Projekt“], in dem er mit zehn Mitarbeitenden
untersucht, wie die AfD nach einem Wahlerfolg Demokratie und Rechtsstaat in
Thüringen gefährden könnte und wie die Politik dies im Vorfeld verhindern
oder jedenfalls erschweren sollte. Das Thüringen-Projekt hat nun ein
Policy-Paper mit sieben Empfehlungen vorgestellt. Das Papier spricht
übrigens nie von der „AfD“, sondern stets von einer
„autoritär-populistischen“ Partei. Doch natürlich weiß jede:r, wer gemei…
ist.
Dabei gibt das Thüringen-Projekt keine Empfehlungen, was zu tun wäre, wenn
die AfD in Thüringen eine absolute Mehrheit erringt und dann beginnt,
rassistische Gesetze zu beschließen oder die Opposition bei Wahlen und
Demonstrationen zu behindern. Die Vorschläge des Thüringen-Projekts setzen
eher früher an, wenn die AfD noch keine absolute Mehrheit hat, aber mit
mehr als einem Drittel der Sitze im Landtag bestimmte Entscheidungen
blockieren kann. Oder wenn die AfD Teil einer Koalitionsregierung wird und
einzelne Minister oder sogar den Ministerpräsidenten stellt.
So könnten AfD-Minister:innen etwa ohne Begründung politische Beamte in
den einstweiligen Ruhestand versetzen. Der Thüringer Landesvorsitzende
Björn Höcke hat bereits angekündigt, dass er gerne [2][Stephan Kramer, den
Präsidenten des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz], ersetzen
würde. Bisher könnte ein:e Thüringer Innenminister:in dies ohne
Weiteres tun.
## Politische Beamte
Das Thüringen-Projekt schlägt nun vor, die Polizeipräsident:in und
die Präsident:in des Verfassungsschutzes aus der Thüringer Liste der
politischen Beamten zu streichen. Die Amtsinhaber:innen könnten dann
nicht mehr ohne Begründung entlassen werden. Würde der Vorschlag umgesetzt,
könnte er freilich auch nach hinten losgehen. Wenn sich ein Thüringer
Polizeipräsident nach Ernennung selbst radikalisiert, dann kann er eben
auch von einer SPD- oder CDU-Innenminister:in nicht so einfach entlassen
werden.
Anderes Beispiel: Derzeit kann ein:e Thüringer Ministerpräsident:in
Staatsverträge kündigen, ohne dass der Landtag zustimmen muss. Ein
Ministerpräsident Höcke könnte so die allgemeinen Rundfunkstaatsverträge
oder den Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) kündigen und
Thüringen damit aus dem Verbund öffentlich-rechtlicher Medien herausnehmen.
Das Thüringen-Projekt schlägt vor, dass die Kündigung von Staatsverträgen
nur mit Zustimmung des Erfurter Landtags möglich sein soll. Falls die AfD
allein regiert, wäre das keine große Hürde, und in einer Koalition der AfD
mit CDU oder BSW wäre sicher auch manches möglich, was man bisher für
undenkbar hielt.
Die Vorschläge des Thüringen-Projekts sehen in der Regel also keine
absoluten Stoppschilder vor, weil sie verfassungsrechtlich auch schlecht zu
begründen wären. Wenn eine Partei die Wahlen gewinnt, soll sich dies ja in
einer entsprechenden Politik niederschlagen können. Meist will das Projekt
nur die Hürden für politisch heikle Änderungen etwas erhöhen.
## Kann geändert werden
So sollte etwa die Landeszentrale für politische Bildung erstmals
gesetzlich geregelt werden, empfiehlt das Thüringen-Projekt. Dann könnte
die nächste Thüringer Landesregierung sie nicht einfach abschaffen oder mit
einem neuen deutschnationalen Auftrag versehen. Ein entsprechendes Gesetz
könnte nach der Landtagswahl von einer AfD-geführten Landtagsmehrheit aber
durchaus wieder geändert werden.
Außerdem will das Projekt die [3][Arbeitsfähigkeit des
Landesverfassungsgerichts] sichern, konsultative Volksbefragungen der
Landesregierung verbieten und Unklarheiten zur Ministerpräsidentenwahl in
der Landesverfassung beseitigen.
Für Verfassungsänderungen ist freilich eine Zweidrittelmehrheit im Erfurter
Landtag erforderlich.
19 Apr 2024
## LINKS
[1] https://verfassungsblog.de/thuringen-projekt/
[2] /AfD-gegen-Verfassungsschutz/!5991973
[3] /Thueringer-Untersuchungsausschuss/!5965503
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
Schwerpunkt AfD
Landesverfassung
Björn Höcke
GNS
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Björn Höcke
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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