# taz.de -- Anschlag in Moskau: Wer ist der ISKP? | |
> Zu dem Anschlag in Moskau hat sich der Islamische Staat Khorasan Provinz | |
> mittlerweile selbst bekannt. Die wichtigsten Fragen und Antworten. | |
Bild: Russland gedenkt an diesem Sonntag der Opfer des Anschlags in Moskau. Men… | |
Ist der „Islamische Staat“ nun zurück? | |
Die Terrormiliz war nie weg, sie hat nur ihr Gesicht verändert. Zwischen | |
2013 und 2017 kontrollierte sie große Teile des syrischen und irakischen | |
Staatsgebiets, wurde aber von einer breiten Front – von westlichen Armeen | |
bis zu vom Iran unterstützten schiitischen Milizen – zurückgedrängt. Damit | |
verschwand sie auch aus dem Bewusstsein vieler. | |
Heute ist die Terrormiliz vor allem in zwei Regionen mit mehreren | |
Lokalablegern, die sich selbst Verwaltungsbezirke – arabisch wilayah – | |
nennen, aktiv: [1][in Subsahara-Afrika], vor allem im Sahel und in | |
Zentralafrika, wo sie teilweise Gebiete kontrolliert und immer wieder | |
tödliche Anschläge verübt. | |
In Zentralasien, vor allem in Afghanistan und Pakistan, wo sie zwar – | |
auch aufgrund der Bekämpfung durch die Taliban – keinen Boden kontrolliert, | |
aber ebenfalls Terrorattacken begeht. Die Gruppe firmiert dort unter dem | |
Namen Islamischer Staat Khorasan-Provinz (ISKP). Wie aktiv der IS auch | |
heute noch weltweit ist, zeigt ein Projekt des Washington Institute for | |
Near-East Policy: Allein letzten Monat gab es demnach insgesamt 108 dem IS | |
zugerechnete Angriffe mit 319 Toten. Dabei ist der Anschlag von Moskau noch | |
nicht mitgezählt. | |
Warum begeht ausgerechnet der zentralasiatische Ableger des IS einen | |
Anschlag in Moskau? | |
Während der IS im Sahel und in Zentralafrika vor allem in seinen | |
Kerngebieten die lokale Bevölkerung attackiert, scheint sich die | |
zentralasiatische Gruppe internationaler aufzustellen. [2][Der ISKP fiel in | |
Europa] im vergangenen Jahr vermehrt auf: Kurz vor Weihnachten 2023 wurden | |
in Österreich drei Anhänger der Gruppe festgenommen, sie hatten Anschläge | |
auf Weihnachtsmärkte und Silvesterfeiern geplant. Festnahmen gab es unter | |
anderem in Deutschland. | |
Auch für einen Angriff mit vielen Toten im Iran Anfang Januar erklärte sie | |
sich verantwortlich. Während aber vor allem der IS in Zentralafrika und im | |
Sahel in den vergangenen drei Jahren deutlich mehr Angriffe vermeldete, | |
gingen die vom ISKP ausgeführten Attacken im Allgemeinen deutlich zurück. | |
Das liegt wohl daran, dass die Islamistenmiliz Taliban, die Afghanistan | |
heute kontrolliert, im Land selbst gegen den ISKP hart vorgeht. | |
Aber: Im vergangenen Jahr hat der ISKP laut dem Washington Insitute for | |
Near-East Policy insgesamt 21 Angriffe in neun verschiedenen Ländern | |
geplant. Während die Gruppe in Afghanistan selbst zurückgedrängt wird, | |
scheint sie ihr Wirken ins Ausland zu verlagern. Afghanistan könnte so – | |
wie bereits, als al-Qaida das Land als Rückzugsort nutzte, was schließlich | |
zum Einmarsch der USA führte – wieder zu einer Brutstätte des | |
internationalen dschihadistischen Terrors werden. | |
Warum nennt sich die Gruppe „Khorasan Provinz“? | |
Der Name bezieht sich auf eine Hadith, eine Überlieferung des Wirkens des | |
muslimischen Propheten Mohammed durch seine Vertrauten. Knapp | |
zusammengefasst besagt sie: Wenn schwarze Fahnen über Khorasan – einer | |
historischen Provinz in Zentralasien – aufzögen, sollten Gläubige ihren | |
Trägern folgen, denn unter ihnen sei der von Gott gesandte Mahdi, der das | |
Ende der Zeit ankündigt und der Jerusalem erobern werde. Die Authentizität | |
der Hadith zweifeln zwar auch Religionsgelehrte an, doch der IS – mit | |
seinem schwarzen Banner – nutzt sie, um unter Gläubigen sein Vorgehen als | |
legitim zu verkaufen. | |
Den Anschlag in Russland im Namen des ISKP verübten Männer aus | |
Tadschikistan. Gibt es da eine besondere Verbindung? | |
Auch die Verhafteten in Österreich und Deutschland stammten teilweise aus | |
Tadschikistan. Das ehemals zur Sowjetunion gehörende Land verzeichnet – so | |
wie einige muslimisch geprägte ehemalige Sowjetgebiete, etwa Tschetschenien | |
in Südrussland – einen erhöhten Zulauf zum islamistischen Extremismus. | |
In Tadschikistan liegt das auch an der Politik des seit 1994 regierenden | |
Präsidenten [3][Emomalij Rahmon]. Einer wachsenden Islamisierung seines | |
Landes, etwa durch Onlineprediger und aus dem Ausland Zurückkehrende, tritt | |
er mit repressiven Gesetzen entgegen. So wurde etwa unter 18-Jährigen der | |
Besuch von Moscheen außer zu Beerdigungen verboten – obwohl sich in | |
Tadschikistan über 90 Prozent der Menschen zum Islam bekennen. Korruption, | |
Armut und Perspektivlosigkeit tragen ebenfalls zu einem Hinwenden zu | |
extremen Ausprägungen des Islams bei. | |
24 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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