# taz.de -- Tatmotiv Rassismus?: Zu viele offene Fragen | |
> Ab April ist der Mord an Burak Bektaş Thema im Neuköllner | |
> Untersuchungsausschuss. Auch der damals leitende Ermittler wird dort noch | |
> mal befragt. | |
Bild: Ort der Erinnerung, Trauer und Mahnung: Das Denkmal für Burak Bektaş an… | |
BERLIN taz | Der Täter kam, schoss mehrmals und verschwand, in der Nacht | |
vom 4. auf den 5. April 2012. Die Schüsse trafen eine Gruppe junger Männer: | |
Den damals 22-jährigen Burak Bektaş und seine Freunde. Zu fünft hatten sie | |
den Abend in einem Park in Neukölln verbracht und warteten an der Rudower | |
Straße auf den Nachtbus. Zwei der Freunde wurden lebensgefährlich verletzt, | |
überlebten aber. Der 22-jährige Bektaş starb später im Krankenhaus. Eine | |
Kugel hatte seine Lunge durchbohrt. Der Täter [1][konnte sich unerkannt vom | |
Tatort entfernen]. | |
Bis heute ist der Mord nicht aufgeklärt. „Jeder Tag ohne Burak ist schwer“, | |
hatte [2][Melek Bektaş der taz zum zehnten Todestag] ihres Sohnes gesagt. | |
Die Tat ist nicht nur in Neukölln unvergessen: Dafür gesorgt hat auch die | |
Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş, die sich kurz nach | |
dem Mord gegründet hat und seitdem mit Gedenkkundgebungen, Mahnwachen und | |
öffentlichen Äußerungen vehement Aufklärung fordert. Die Initiative drängt, | |
Rassismus als Tatmotiv ernst zu nehmen. Ihrem Beharren ist es auch zu | |
verdanken, dass sich der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu rechten | |
Anschlägen in Neukölln ab Mitte April mit dem Mord befassen wird. | |
Vier Termine sind dafür angesetzt. Schon in der kommenden Sitzung am 12. | |
April wird der Ausschuss einen Mann befragen, der im Verdacht steht, | |
rechtsextreme Straftaten nicht verfolgt zu haben. Erst im November war | |
öffentlich geworden, dass [3][beim Landeskriminalamt in den Jahren 2020 und | |
2021 fast 400 Fälle rechtsextremer Straftaten unbearbeitet] | |
liegengeblieben waren – unter Kommissariatsleiter Alexander Huebner. | |
[4][Huebner war zuvor Leiter der 6. Mordkommission], die mit der Aufklärung | |
an dem Mord an Bektaş befasst war. | |
Diese – [5][scheibchenweise an die Öffentlichkeit] gelangten – | |
Informationen hatten die Mutter von Burak Bektaş noch einmal mehr in ihrem | |
Vertrauen in eine gewissenhafte Aufklärung erschüttert. „Mit welchem | |
Gewissen konnte dieser Kommissar, als ein Vertreter des Staates, mir in die | |
Augen schauen und sagen, ‚Frau Bektaş, ich verstehe Sie sehr gut. Wir | |
suchen unter jedem Stein?‘“, fragt sie. | |
## Rassistisches Motiv naheliegend | |
Im [6][Ausschuss ist außerdem] Dieter Horstmann als Zeuge geladen. Er war | |
der leitende Staatsanwalt bei den Ermittlungen. Als dritter Zeuge soll der | |
Rechtsanwalt Lukas Theune vor dem Ausschuss erscheinen, er ist einer der | |
Anwälte der Familie Bektaş. | |
„Wir haben den Mord an Burak Bektaş in den Untersuchungsauftrag | |
reingenommen, weil ein rassistisches, rechtsextremes Tatmotiv naheliegend | |
ist“, sagt Niklas Schrader, Linke-Abgeordneter und Mitglied im Ausschuss. | |
Der Mord stehe im Kontext von rechtsterroristischen Taten aus der Zeit, es | |
gäbe einen großen öffentlichen Aufklärungsbedarf. | |
Im Ausschuss soll es auch um den Mord an Luke Holland gehen. Der britische | |
Student war 2015 ebenfalls in Neukölln auf offener Straße erschossen | |
worden. Die [7][Richter hatten Rolf Z. 2016 als Mörder von Luke Holland zu | |
elf Jahren Haft] verurteilt. In Z.s Wohnung hatten die Ermittler | |
Nazidevotionalien gefunden. Die Initiative fordert seitdem, zu prüfen, ob | |
Z. auch Burak ermordet haben könnte. | |
„Im 12. Jahr nach dem Mord schwindet die Hoffnung, noch neue | |
ermittlungsfördernde Erkenntnisse zu erhalten“, sagt Vasili Franco, | |
Grünen-Abgeordneter und Vorsitzender des Untersuchungsausschusses. Die | |
Polizei habe den Fall bereits mehrere Male überprüft. „Es geht vor allem | |
darum, [8][Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit herzustellen]“, sagt | |
er. | |
## Fehler der Behörden aufzeigen | |
Aufklären werde der Ausschuss den Mord wohl nicht, sagt auch Schrader. | |
Allerdings könne er all die Erkenntnisse und die Kritik aus der Initiative | |
systematisch zusammentragen. „Was wir leisten können, ist das Fehlverhalten | |
der Behörden aufzuzeigen und anzuregen, dass sie aus den Fehlern lernen“, | |
sagt er. Dazu gehört auch die Frage, ob ein Zusammenhang zur rechten | |
Neuköllner Anschlagsserie untersucht wurde. | |
In den folgenden Terminen sollen noch Vertreter der Opferperspektive, von | |
ReachOut, Polizist*innen, Staatsanwälte und eine Vertretung der Nebenklage | |
von Luke Holland befragt und angehört werden. | |
Die Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak Bektas ruft [9][für | |
Samstag zu einer Kundgebung am Gedenkort] am Möwenweg in Neukölln auf, um | |
an seinen 12. Todestag zu erinnern. Auch bei den kommenden | |
Ausschusssitzungen will die Initiative präsent sein und demonstrieren. | |
4 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Unaufgeklaerter-Mord-an-Burak-Bekta/!5394316 | |
[2] /Tatmotiv-Rassismus/!5843092 | |
[3] /Ermittlungen-gegen-Berliner-Polizisten/!5971521 | |
[4] /Neukoellner-Anschlagsserie/!5977440 | |
[5] /Rechtsextreme-Straftaten-in-Berlin/!5972862 | |
[6] https://www.parlament-berlin.de/Ausschuesse/19-1-untersuchungsausschuss-neu… | |
[7] /Urteil-im-Mordfall-Luke-Holland/!5317573 | |
[8] /Bekta-Mord-und-U-Ausschuss-Neukoelln/!5848397 | |
[9] https://burak.blackblogs.org/2024/03/19/aufruf-zur-kundgebung-am-6-4-2024-1… | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
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