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# taz.de -- DFB-Trikot in der Kritik: Runen, Werte und drei Streifen
> Adidas stoppte den Verkauf eines DFB-Trikots. Ein Nazi-Trikot war
> bestimmt keine Absicht. Mit seiner Geschichte könnte der Konzern sich
> aber beschäftigen.
Bild: Rune des Anstoßes: Trikot der deutschen Nationalmannschaft mit unglückl…
Manchmal passieren Dinge, die dürfen einfach nicht passieren. Das mit den
SS-Trikots von Adidas ist so eine Sache. Da war bei der Entwicklung des
Schrifttyps für die Ziffer 4 sicher kein Nazi am Werk. Und doch sieht
[1][das neue Trikot der DFB-Elf] aus wie ein Textil mit SS-Runen aus einem
Nazi-Devotionalien-Shop im Darknet, wenn man es mit der Rückennummer 44
versieht.
[2][Beim Sportartikelhersteller am Standort Deutschland] war man ebenso
erschrocken über das eigene Produkt wie beim DFB, der mit dem „offiziellen
Name & Numbering Partner“ 11teamsports für das Design der Leibchen
verantwortlich ist. Man kann sich nun kein Trikot mit der Nummer 44 mehr
kaufen.
Adidas-Sprecher Oliver Brüggen verbreitete schnell die Erzählung seines
Unternehmens als Förderer von „Vielfalt und Inklusion“, betonte, dass sich
das Unternehmen „aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Gewalt
und Hass in jeder Form“ einsetzt, und machte klar, dass „alle Versuche,
spaltende oder ausgrenzende Ansichten zu fördern, nicht Teil unserer Werte
als Marke“ seien“. Aha, Marken haben jetzt also auch schon Werte.
## Was Adidas nicht gesagt hat
Apropos Werte – was Brüggen auch hätte sagen können: „Unser Unternehmen …
sich seiner Geschichte bewusst und setzt sich aktiv mit der Rolle der Firma
in der Zeit des Nationalsozialismus auseinander. Im Wissen um die Tatsache,
dass der Namensgeber unseres Unternehmens Adolf Dassler 1933 in die NSDAP
eingetreten ist und bis zur Niederlage des Deutschen Reichs im 2. Weltkrieg
die Hitlerjugend in Herzogenaurach betreut hat, sind wir uns unserer
besonderen Verantwortung bewusst.“
„Dass bei der Produktion von Kriegswaffen am Unternehmensstandort ab 1943
auch Zwangsarbeiter beschäftigt worden sind, gehört ebenso zu Geschichte
von Adidas wie die vielen Erfolge, die Athleten weltweit in Sportausrüstung
mit den drei Streifen erzielt haben. Auch wenn wir niemandem, der am Design
des neuen Trikots beteiligt war, eine sinistre Absicht unterstellen, so ist
im Ergebnis ein Textil auf den Markt gekommen, für das wir uns nur schämen
können.“ Hat Brüggen aber nicht gesagt.
Wundern muss man sich darüber nicht. Die Geschichte des
Sportartikelherstellers lebt von der Erinnerung an große Sportler, die in
Adidas-Klamotten zu ihren Erfolgen gekommen sind, von Designs, die sich in
das kollektive Gedächtnis der Gesellschaft eingebrannt haben.
Wer sich neue Adidas-Sneakers im Retro-Design in einem „Flagship Store“ von
Adidas holt, möchte nun wirklich nicht belästigt werden mit unangenehmen
Wahrheiten aus der Firmengeschichte. Solche Treter werden im gängigen
PR-Sprech dieser Tage als „iconic“ bezeichnet. Übrigens: die legendären
Treter mit dem Namen „Samba“ gibt es jetzt auch in „silver dawn“, was a…
immer das für eine Farbe sein mag.
Und wer sich in Gedenken an den verstorbenen deutschen Fußballimperator
Franz Beckenbauer ein neues Paar „Kaiser 5“ zum Kicken holen möchte, mag
gewiss nicht daran erinnert werden, dass Adidas als Begründer der modernen
Sportkorruption gilt, ohne den es [3][eine Figur wie Sepp Blatter] nie und
nimmer an die Spitze des Internationalen Fußballverbands geschafft hätte.
3 Apr 2024
## LINKS
[1] /EM-Trikot-wird-Verkaufsschlager/!5996343
[2] /DFB-Wechsel-von-Adidas-zu-Nike/!5999783
[3] /Korruption-bei-der-Fifa/!5363332
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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