# taz.de -- Talking Heads Film „Stop Making Sense“: Wo die Hütte brennt | |
> Jonathan Demmes Konzertfilm „Stop Making Sense“ mit den Talking Heads | |
> kommt restauriert ins Kino. Der „Psycho Killer“ ist zurück. | |
Bild: Würden Sie diesem Mann ein Mikrofon abkaufen? David Byrne in „Stop Mak… | |
„Hi. I’ve got a tape I wanna play.“ Mit diesem Satz begrüßt David Byrne | |
trocken sein Konzertpublikum. Bevor man den Sänger der Talking Heads im | |
Kino vollständig auf der Leinwand zu sehen bekommt, zeigt die Kamera | |
zunächst seine Schuhe, wie sie vom Bühnenvorhang bis vorn ans Mikrofon | |
schreiten. Neben den Füßen wird ein Kassettenrekorder abgestellt, die | |
„Play“-Taste gedrückt, ein Drumcomputer setzt ein. | |
So trocken wie der Anfang von „Stop Making Sense“ ist auch der Rest von | |
[1][Jonathan Demmes] Konzertfilm mit den Talking Heads inszeniert. Der | |
Regisseur, der zuvor unter anderem Komödien und Actionfilme in Hollywood | |
gedreht hatte und ein paar Jahre später den einflussreichen Psychothriller | |
„Das Schweigen der Lämmer“ beisteuern sollte, produzierte den Film mit dem | |
geringen Budget von einer Million US-Dollar, die Band trieb die Summe | |
eigenständig auf. | |
Gedreht wurde an drei Abenden im Pantages Theater in Hollywood während der | |
Tournee für das Album „Speaking in Tongues“. Seit der Film 1984 in die | |
Kinos kam, hat er sich seinen Ruf als bester Konzertfilm aller Zeiten | |
erhalten. In Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma A24 entstand jetzt | |
eine digital restaurierte Fassung, dank der man ihn mit 40 Jahren Abstand | |
wieder im Kino erleben kann. | |
Auch auf die Gefahr hin, nach billiger Reklame zu klingen: Der Mitschnitt | |
ist nach wie vor geeignet, spontan begeisterte Reaktionen hervorzurufen, | |
seine elektrifizierende Energie schlägt unvermindert Funken. Selbst bei | |
einer äußerst spärlich besuchten Berliner Preview – es gab an dem Abend | |
gleich mehrere zur gleichen Zeit – fingen Leute im Kino auf einmal an, | |
heftig in ihren Sitzen mitzugrooven und nach den Songs zu klatschen. | |
Demme folgt streng der Choreografie der Band, die nach und nach in | |
Erscheinung tritt, beginnend mit Byrne, der auf seiner akustischen Gitarre | |
und begleitet von besagtem Drumcomputer den frühen Hit „Psycho Killer“ mit | |
manischem Blick neu interpretiert. Als Zweite tritt die Bassistin Tina | |
Weymouth hinzu, dann rollen die Techniker ein Podest mit dem Schlagzeug | |
herein, an dem Chris Frantz Platz nimmt. | |
Den sukzessiven Bühnenaufbau behält Demme kontinuierlich im Blick. Als alle | |
neun Livemusiker versammelt sind, neben dem vierten Bandmitglied Jerry | |
Harrison ist das unter anderem der Keyboarder Bernie Worrell, starten sie | |
mit „Burning Down the House“ die erste Funk-Attacke. Man sieht, wie bei den | |
meisten Songs danach, lediglich die Band in Aktion, was wörtlich zu nehmen | |
ist, der körperliche Einsatz besonders von Byrne und den Sängerinnen Lynn | |
Mabry und Ednah Holt ist immens. Und ansteckend. | |
Man wundert sich immer noch, wie Byrne es geschafft hat, gleich im | |
anschließenden „Life During Wartime“ seinen mehrfachen Rundlauf auf der | |
Bühne durchzuhalten, ohne zusammenzuklappen. Überhaupt die | |
Körperbeherrschung Byrnes: Unglaublich bleibt vor allem sein Tanz mit einer | |
Stehlampe, die er nach vorn und zurückfallen lässt und punktgenau im | |
letzten Moment wieder auffängt, ohne dass sie auf dem Boden zu Bruch geht. | |
Schöne Details sind auch die perfekte Koordination selbst kleiner Gesten, | |
zum Beispiel wenn Byrne sich das Sakko auszieht und mit gestrecktem Arm | |
nach hinten hält, wo sie gleich darauf ein diskreter Techniker in Empfang | |
nimmt. Apropos Sakko: Wunderbar absurd wirkt bis heute der „big suit“, in | |
dem Byrne in der zweiten Konzerthälfte auftritt. Und womöglich ist es kein | |
Zufall, dass in der [2][Komödie „Dream Scenario“ mit Nicolas Cage], vor | |
Kurzem in Deutschland in den Kinos angelaufen, genau dieser Anzug als Zitat | |
auftaucht: Produziert wurde sie von A24. | |
28 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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