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# taz.de -- Genderverbot von Österreich geklaut: Eh scho wissen
> Bei rückschrittlichen Trends ist Österreich Deutschland weit voraus. Wie
> wär’s damit, aus Österreichs Schmarrn zu lernen, anstatt ihn zu kopieren?
Bild: Davon sollte sich Deutschland eine Scheibe abschneiden: Schnitzel OHNE So…
[1][Bayern verbietet das Gendern]. Dafür erntete Markus Söder Beifall von
rechts, während in München vergangenen Sonntag Hunderte Menschen auf die
Straße gingen, um gegen den Erlass zu demonstrieren. Als Österreicher kann
ich hier nur sagen: „Eh scho wissen.“ Übersetzt: Alter Hut, kenn ich schon.
In Niederösterreich, dem Bayern Österreichs (größtes Bundesland und keiner
mag’s), setzte Frau Landeshauptmann Johanna Mikl-Leitner von der ÖVP
(Österreichische Volkspartei) bereits vergangenen Sommer ein Genderverbot
durch. Das brachte ihr auch einiges an Häme ein, die österreichische
Satire-Plattform die [2][Tagespresse titelte] etwa: „Verstoß gegen
Genderverbot: St. Pöltner wird am Dorfplatz mit 30 Hieben ausgepeitscht“.
Zugegeben, Genderverbote gibt es auch schon in anderen deutschen
Bundesländern wie Thüringen oder Sachsen, angestoßen von der CDU. Aber die
Frage, ob die Idee fürs Genderverbot aus einem österreichischen oder einem
deutschen rechtskonservativen Kopf stammt, ist wie die Frage nach dem Huhn
und dem Ei.
## Niederösterreich, das Bayern Österreichs
Schneiden sich die Deutschen also mal wieder eine Scheibe von der
Alpenrepublik im Süden ab? Österreich nachzuahmen ist nämlich selten eine
gute Idee und immer mit Risiko verbunden, vor allem für Deutschland. Mal
bekommt man Hitler (nicht gut), ein anderes mal Haydn (schon gut). Die
[3][deutsche Nationalhymne] nämlich hatte Joseph Haydn eigentlich als
österreichische Kaiserhymne komponiert.
Dennoch ist es schwer, das Gefühl abzuschütteln, dass meist nur Schlechtes
aus Österreich nach Deutschland überschwappt. René Benko und die
Signa-Krise habt ihr Deutschen euch ja auch bei uns Ösis eingetreten.
Ähnlich verlief es auch damals mit [4][Jan Marsalek und dem
Wirecard-Skandal]. Beides Beispiele, wo österreichische Wunderwuzzis
wahnsinnig erfolgreich ein Unternehmen hochjazzen und Politiker und Medien
in ihren Bann ziehen, nur um sich dann mit dem Schwanz zwischen den Beinen
aus dem Staub zu machen, weil das gesamte finanzielle Konstrukt in sich
zusammenfällt.
Sowohl Signa als auch Wirecard gingen insolvent und bei der Signa-Krise
bleibt Deutschland jetzt zum Beispiel auf einem [5][halb gebauten Elbtower]
sitzen. Ach, und Jan Marsalek, der wegen Bilanzfälschung und
Börsenmanipulation international gesucht wird, ist [6][vermutlich auch noch
ein russischer Spion].
Worauf ich mit diesem Text appellieren möchte: Bitte, liebe Deutsche, lernt
aus euren Fehlern und seid vorsichtiger damit, was ihr von uns
Österreichern übernehmt. Eine gewisse Lernkurve ist wenigstens schon zu
erkennen: Der rechtsextreme Vordenker [7][Martin Sellner darf nicht mehr
nach Deutschland einreisen]. Das Konzept Einreiseverbot hätte man vor
hundert Jahren schon mal auf einen anderen hetzenden Österreicher anwenden
können. Aber besser spät als nie.
## Schnitzel OHNE Soße
Der nächste Schritt in dieser Lernkurve wäre es, selektiv Dinge aus
Österreich zu übernehmen (zum Beispiel das Schnitzel) und diese dann nicht
zu verschlechtern (die Tunke zum Schnitzel ist ja wirklich eine Frechheit).
Oder vielleicht kann man ja sogar mal was verbessern. Ich denke da an die
[8][Ibiza-Affäre]. Die Folge von der war es ja, dass die ÖVP-FPÖ-Regierung
unter Sebastian Kurz gesprengt wurde, nachdem Vize-Kanzler Heinz-Christian
Strache (FPÖ) auf Ibiza unter anderem die auflagenstärkste österreichische
Privatzeitung an eine russische Oligarchin verkaufen wollte.
[9][Strache war nach dieser in eigenen Worten „bsoffenen Gschicht“ weg vom
Fenster] und bei den folgenden Neuwahlen flog die FPÖ aus der Regierung.
Lang gehalten hat das aber nicht: Unter Herbert Kickl ist die [10][FPÖ
erneut auf Erfolgskurs].
Was kann Deutschland daraus lernen? Man kann versuchen, ähnliche
„Ausrutscher“ der FPÖ-Schwesterpartei AfD weniger schnell zu vergessen. Die
Demo-Welle gegen rechts nach der [11][Correctiv-Recherche zum Geheimtreffen
in Potsdam] war zwar ein gutes Zeichen, große Stimmenverluste für die AfD
gab es aber nicht. Trotzdem, das Bewusstsein gegenüber den rechtsextremen
Bestrebungen der AfD ist in weiten Teilen der Gesellschaft da. Wichtig wäre
es, dass es nicht versandet, so wie es in Österreich in Bezug auf die
korrupten Tendenzen der FPÖ geschah.
## Nach dem Genderverbot ist vor dem Weißwurst-Gebot
Noch mal zurück nach Niederösterreich. Als dort das Genderverbot den
Gedanken der dortigen schwarz-blauen Landesregierung entsprang, legte diese
ein weiteres Ei: die Wirtshausprämie. Diese greift Betrieben finanziell
unter die Arme, die „traditionelle und regionale“ Küche anbieten. Eine
Prämie fürs Schnitzelhaus und nicht für den Kebab-Stand also.
Wenigstens davor müsste man in Deutschland nicht allzu große Angst haben,
da der [12][Döner Kebab] ja bekanntlich 1972 in Berlin erfunden wurde.
Obwohl, Kreuzberg ist ja nicht Deutschland, wenn man CDU-Chef Friedrich
Merz Glauben schenken mag.
In diesem Licht werd ich wohl in nächster Zeit so oft wie möglich Kebab,
Pizza und Co. essen müssen. Wer weiß, wie lange es noch dauert, bis
irgendein rechter Landesfürst à la Markus Söder die Wirtshausprämie für
sich entdeckt. Denn: Nach dem Genderverbot ist vor dem Weißwurst-Gebot. Ein
Albtraum.
25 Mar 2024
## LINKS
[1] /Gender-Verbot-an-Unis-und-Behoerden/!5999469
[2] https://dietagespresse.com/vorbild-taliban-niederoesterreich-bestraft-gende…
[3] /Die-deutsche-Nationalhymne-wird-100/!5870020
[4] /Inside-Austria-Podcast-ueber-Wirecard/!5995974
[5] /Elbtower-Mieter-springt-ab/!5992490
[6] /Spionageverdacht-gegen-Jan-Marsalek/!5962871
[7] /Einreiseverbot-fuer-Austro-Rechtsaussen/!5999357
[8] /Buch-ueber-Ibiza-Affaere/!5617734
[9] /Querelen-in-der-FPOe/!5650129
[10] /OeVP-und-FPOe-arbeiten-wieder-zusammen/!5922624
[11] /Geheimtreffen-mit-Rechtsextremen/!5984871
[12] /Imbiss-Kritiken-im-Netz/!5977565
## AUTOREN
Livio Koppe
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