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# taz.de -- Streit um Haushalt in Schleswig-Holstein: Opposition prüft Verfass…
> Weil die schwarz-grüne Regierung den Haushalt mit drei Notkrediten
> finanzieren will, prüfen SPD und FDP eine Verfassungsklage.
Bild: Ole-Christopher Plambeck (l, CDU), Ministerpräsident Daniel Günther (CD…
Rendsburg taz | „Armselig“, schimpfte Tobias Koch, CDU-Fraktionschef am
Mittwoch im Kieler Landtag in Richtung von FDP und SPD. „Realsatire“ nannte
Christopher Vogt (FPD) den Haushaltsentwurf aus dem Ministerium der grünen
Finanzministerin Monika Heinold, die sich entnervt an die SPD-Fraktion
wandte: „Nicht lang schnacken, eigene Vorschläge machen!“ Die Debatte
bildete den Höhepunkt eines Streits, der sich seit Wochen zwischen der
schwarz-grünen Regierung und der Opposition zuspitzt.
Es geht um den Landeshaushalt, in dem Ausgaben von über 17 Milliarden Euro
vorgesehen sind. Heinold will 1,5 Milliarden Euro davon [1][aus Notkrediten
finanzieren]. Das ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur
unter sehr strengen Regeln möglich. CDU und Grüne gehen davon aus, dass sie
diese Regeln einhalten, die Minderheitenpartei SSW stimmt ihnen zu. Die FDP
lehnte den Vorschlag sofort ab, die SPD zögerte lange, sich festzulegen.
Auch bei der Landtagsdebatte am Mittwoch blieb die Fraktionsvorsitzende und
Oppositionsführerin Serpil Midyatli vage: „Wir haben Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit. Wir prüfen“, sagte sie.
Erst in der Debattenpause erklärte sie sich deutlicher: Gemeinsam mit der
FDP habe die SPD den [2][Bielefelder Rechtswissenschaftler Simon Kempny]
als Prozessbevollmächtigten beauftragt, der ein Gutachten erstellen soll.
Wenn es vorliegt, „werden wir entscheiden, ob und gegen welche Teile des
Haushalts wir klagen“, sagte Midyatli der Deutschen Presseagentur.
Spätestens im Juni könnte es so weit sein. Für eine Verfassungsklage
braucht es zwei Fraktionen oder ein Drittel der Abgeordneten des
Parlaments.
Notkredite will die Landesregierung wegen der [3][Ostsee-Flut im Jahr
2023], dem Angriffskrieg auf die Ukraine 2022 und der Coronapandemie von
2020 aufnehmen. Das ist einzigartig: Zwar nutzen auch Brandenburg, Bremen,
das Saarland und Sachsen-Anhalt Notkredite, aber nur Schleswig-Holstein
macht gleich drei Töpfe auf. Das Land ist bereits mit fast 32 Milliarden
Euro verschuldet.
## Keine Vorschläge von SPD und FDP
Dass die Flut eine akute Notlage darstellt und es Geld braucht, um die
Schäden zu beseitigen, diese Ansicht teilen alle Fraktionen. Aber Corona?
Ausgerechnet in Schleswig-Holstein, das vergleichsweise gut durch die
Pandemie kam? „Sie wollen über diesen Kredit Radwege bauen, weil Radfahren
das Immunsystem stärkt – das klingt nach Loriot“, sagte Christopher Vogt.
„So plump kann man nicht argumentieren.“
Heinold widersprach: „Die Kosten sind die Folge älterer Beschlüsse.“ Der
Staat müsse handlungsfähig sein, es brauche mehr Geld für Kommunen oder für
Kitas. Die meisten Ausgaben, die die FDP nun kritisiere, seien noch von der
Jamaika-Koalition, also mit der FDP, beschlossen worden. Das Land müsse
verlässlich sein und halten, was versprochen wurde.
Während der SSW über 150 Anträge zum Haushalt gestellt und einige
Änderungen durchgesetzt hatte – unter anderem mehr Geld für die dänische
und friesische Minderheit und für ein Kulturfest –, gab es von SPD und FDP
gar keine Vorschläge, wie das Land seine Aufgaben erfüllen und dennoch im
Schuldenrahmen bleiben könnte. Dafür gab es Kritik, unter anderem von der
Grünen Eka von Kalben: „Die Menschen sollen wissen, wer wofür steht. Das
schadet der Demokratie.“
## SPD will Debatte über Schuldengrenze
Die SPD hält den Haushalt auch durch Änderungen für „nicht heilbar“ und
hatte sich stattdessen eine Debatte über die Schuldenbremse gewünscht: „Wir
sehen den dringenden finanziellen Handlungsbedarf für die Zukunft
Schleswig-Holsteins“, sagte Midyatli. Doch die „strukturellen Fragen
können nur beantwortet werden, wenn sich gerade die Kolleginnen und
Kollegen der CDU ehrlich machen und sich zu einer notwendigen Reform der
Schuldenbremse bekennen“. Gerade von Ministerpräsident Daniel Günther
wünschte sie sich Klarheit: „Er soll sich nicht immer wegducken.“
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch nannte die Verknüpfung von
Landeshaushalt und Schuldenbremse auf Bundesebene einen „Kuhhandel“ und ein
„parteipolitisches Spielchen“. Wenn der Haushalt verfassungswidrig sei,
werde er nicht durch einen Antrag im Bundesrat geheilt.
Monika Heinold sieht es ähnlich: „Lücken in der Finanzplanung lassen sich
nicht mit politischen Debatten über die Schuldenbremse lösen“, sagte sie.
Angesichts [4][der angespannten Haushaltslage] gebe es aktuell keine
Alternative zu Notkrediten. In den kommenden Jahren werde die Lage eher
noch schwieriger werden, warnte die Finanzministerin. Schwarz-Grün habe
daher einen Konsolidierungskurs vereinbart. Sie verwies darauf, dass das
Land es bereits 2009 geschafft hatte, den Haushalt zu sanieren.
Trotz der drohenden Verfassungsklage konnten die Regierungsparteien mit
ihrer Mehrheit und den Stimmen des SSW den Haushalt verabschieden. Am
Nachmittag diskutierten die Abgeordneten die einzelnen Posten – mit ebenso
scharfen Wortwechseln wie am Vormittag.
20 Mar 2024
## LINKS
[1] /Energiewende/!5971519
[2] https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/rechtswissenschaft/ls/kempny/
[3] /Jahrhundert-Hochwasser-an-der-Ostsee/!5967816
[4] /Energiewende/!5971519
## AUTOREN
Esther Geißlinger
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