Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ramadan-Beleuchtung in Frankfurt: Es ist ein Leuchten in der Stadt
> In Frankfurt hat man zum Ramadan eine öffentliche Festbeleuchtung
> angeknipst. Manche sehen darin den Untergang des Abendlandes.
Bild: Ein sanftes Spiel der Lichter, zur Nacht hin nach dem Fasten
Frankfurt taz | Sonntagabend in der Frankfurter Fußgängerzone, die letzten
Vorbereitungen für die Premiere auf der Großen Bockenheimer Straße werden
getroffen. Die die Stadt regierende Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt
will zum Ramadan ein Zeichen setzen. An diesem 10. März soll in Frankfurt
erstmals in Deutschland eine öffentliche Festbeleuchtung zum islamischen
Fastenmonat [1][Ramadan] erstrahlen.
Im Juni hatte die Stadtverordnetenversammlung dafür 100.000 Euro bewilligt.
Seit ein paar Tagen hängt, noch unbeleuchtet, der Schriftzug „Happy
Ramadan“ über der Straße. [2][AfD], rechte Influencer und Rassisten laufen
dagegen Sturm. Unter dem Hashtag „Unterwerfung“ verbreiten sie Hass und
Hetze im Netz.
Die Grüne Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg hält dagegen. „Was
soll man gegen Licht haben? Für mich ist es ein Zeichen in dunklen Zeiten,
gegen Krieg, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und gegen
Islamfeindlichkeit“, sagt sie der taz. Das ist ihre Botschaft, bevor die
Festbeleuchtung angeschaltet wird. Sie begrüßt Vertreter der christlichen
[3][Kirchen], der jüdischen Gemeinde, viele Ratsmitglieder und Mitglieder
der 40 Moscheegemeinden der Stadt.
Auch Nadim, 39, und seine beiden Töchter verfolgen die Premiere. „In
Deutschland leben mehrere Millionen Moslems“, sagt Nadim, der als Ingenieur
arbeitet. „Ich finde es cool, wenn sie hier wie alle anderen Religionen
feiern, dass sie das Gefühl haben, willkommen zu sein“, sagt er. Er selbst
hat Abstand zu seinem Kinderglauben in Syrien. „Es war schwer zu fasten,
wenn es im Ramadan so heiß war“, sagt er. Tochter Talja will es trotzdem
ausprobieren, „weil Fasten ja gesund sein soll und ich gerne neue
Erfahrungen mache“, sagt die 10-Jährige.
„Der Islam gehört nicht zu Deutschland, dem Land Martin Luthers!“ steht auf
einem Pappschild, das ein älterer Mann hochhält. Der Mann schaut stur
geradeaus. „Gegen Islam und für Glaubensfreiheit“ ist seine Botschaft. „…
soll das zusammengehen?“, fragt ihn Mohammed, 13, Frankfurter und
Eintracht-Fan. Doch der Mann mit dem Schild lässt sich nicht auf Gespräche
ein.
„Danke Frankfurt, Stop Genocide in Gaza!“, fordern zwei junge Frauen mit
Kopftüchern. In den Reden ist vom Zeichen des Friedens die Rede, das von
den Lichtern in Frankfurt ausgehen möge. Was das für die Menschen in Israel
und Palästina heißen soll, bleibt offen.
Merzak Hayat ist mit den „Flower Kids“ nach Frankfurt gekommen. Sie ist
Vorsitzende des Vereins „Blühende Integration“. Die Vorschulkinder aus
Steinbach am Taunus singen ein Lied zum Ramadan. Die Kids sind gut drauf.
Sie wollen feiern, den Beginn des Ramadans und die Lichter, mit der die
Mehrheitsgesellschaft das islamische Fest zur Kenntnis nimmt.
Neben der Bürgermeisterin spricht ihre Parteifreundin, die Vorsteherin der
Stadtverordnetenversammlung Hilime Arslaner. „Frankfurt ist ein guter
Haufen“, sagt sie, „200 Sprachen und 180 Herkunftsländer.“ Der fünftgr�…
Stadt in Deutschland bescheinigt sie eine Vorreiterrolle bei der
Integration. Oberbürgermeister Mike Josef, die Bürgermeisterin und sie
selbst: „Wir sind alle nicht hier geboren, wir gehören hierher und haben
unsere Plätze erkämpft“, sagt sie. „Weltweit“ hätten die Frankfurter
Friedenslichter zum Ramadan „Wellen geschlagen“, stellt sie fest und fügt
fast trotzig hinzu: „Die Unruhe und die Aufregung, die das ausgelöst hat,
zeigt, dass wir alles richtig gemacht haben.“
Neben den Rechtspopulisten hatten auch einzelne Stadtverordnete der CDU
bemängelt, dass die Beleuchtung mit Steuergeldern finanziert würde, dass es
für den Lichterschmuck zu christlichen und jüdischen Festen nur Zuschüsse
gebe. Die AfD sieht gar den Untergang des Abendlandes. „Anders als in den
naiv formulierten offiziellen Stellungnahmen der Grünen“ seien die Lichter
nicht Zeichen für Frieden und Miteinander, sondern eine Geste der
Unterwerfung unter den Islam, teilt die Partei mit.
## Es wird einfach gern gefeiert
Am Sonntag wäre das Schimmern des Neumonds in Frankfurt um 18.13 Uhr zu
sehen gewesen, hätten nicht Wolken den Himmel bedeckt. Wegen der Reden
beginnt der Countdown mit Verspätung. Als die Beleuchtung schließlich über
den Köpfen erstrahlt, brandet Beifall auf.
„Hoffentlich passiert nichts, hoffentlich kommt keiner und schießt!“, hatte
Nadim auf dem Weg in die Stadt gesagt, weniger besorgt, eher heiter.
„Schade, dass sie das nicht akzeptieren können“, kommentiert er die
feindlichen Reaktionen. Er lebt gerne mit seiner Familie in Frankfurt. „Wir
feiern Ramadan und auch Weihnachten und Neujahr, weil wir gerne feiern“,
sagt er und spendiert den beiden Töchtern je eine Eistüte.
15 Mar 2024
## LINKS
[1] /Ramadan/!t5036617
[2] /Schwerpunkt-AfD/!t5495296
[3] /Kirche/!t5007616
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Religion
Frankfurt am Main
Schwerpunkt Stadtland
wochentaz
Ramadan
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Stadtland
wochentaz
Ramadan
Schwerpunkt Stadtland
Israel
Bremen
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Stadtland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Unterwegs im Leipziger Auwald: Für ein Pesto mit Waldgeschmack
Der Leipziger Auwald bietet viel Bärlauch. Weil den manche massenhaft aus
dem Wald holen, ist dort die Bärlauchstreife unterwegs.
Hauptbahnhof in Stuttgart: Es fährt ein Zug von irgendwo
Auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof treffen täglich tausende Menschen
aufeinander. Wenn da nicht dieser Umbau zum Milliardengrab Stuttgart 21
wäre.
Zeche Zollverein in Essen: Mächtig viel Kohle und Kultur
Einst war sie die größte Steinkohlezeche der Welt. Heute ist die Zeche
Zollverein ein Gesamtkunstwerk und Ort der Begegnung für Anwohner und
Touristen.
die ortsbegehung: Was vom Berliner Müll übrig bleibt
Im Müllheizkraftwerk Ruhleben landen angebrochene Milchtüten genauso wie
verschimmelte Kühlschränke. Wie es damit weitergeht und was übrigbleibt.
Kommerzialisierung des Ramadan: Ausverkauf statt Besinnung
Es ist nicht so, dass der Ramadan die Gesellschaft islamisiert. Es ist
andersherum: Der Ramadan wird zunehmend kommerzialisiert – wie Weihnachten.
Bahnhof in Wuppertal: Das Wunder am Stinkefluss
Die Stadt an der Wupper hat nicht den besten Ruf. Dennoch lässt sich dort
mit einem Klavier im Hauptbahnhof ein kleines Wunder vollbringen.
Angehörige über Geiseln in Gaza: „Wir brauchen die Hilfe der Welt“
Am 7. Oktober wurde Alon Gats Schwester nach Gaza entführt. Seit mehr als
100 Tagen hat er nichts von ihr gehört. Doch er kämpft weiter um sie.
Schwerelosigkeit in Bremer Fallturm: 146 Meter mit weißem Zylinder
Das im Bremer Fallturm erzeugte Vakuum ist besonders gut, sagen
Wissenschaftler. Doch auch für eine Kunstaktion eignet er sich.
Amphibientunnel in Hamburg: Für ein paar Kröten mehr
In Blankenese lässt man sich den Artenschutz ordentlich was kosten. Ein
Amphibienleitsystem bringt Kröten sicher zu ihren Laichgründen.
Ein Besuch beim Neandertaler: Ort für urzeitliche Erkundigungen
Das Neandertal kennt man wegen des Neandertalers. Hier wurde er entdeckt.
Vom Wildromantischen, das ihn umgab, findet sich allerdings nichts mehr.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.