# taz.de -- Studie zu Einsparpotenzialen: Digitalisierung fürs Klima | |
> Eine aktuelle Studie berechnet das Potenzial für die Einsparung von | |
> Emissionen. Doch nicht alle sehen die Entwicklung in dem Bereich so | |
> optimistisch. | |
Bild: Eine von vielen Optimierungen: Windräder automatisch so ausrichteten, da… | |
BERLIN taz | Durch eine schnellere Digitalisierung ließe sich der jährliche | |
Ausstoß Deutschlands an Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 um bis zu 73 | |
Millionen Tonnen reduzieren. Das ist das Ergebnis einer [1][Studie] des | |
Verbands Bitkom, der vor allem Unternehmen aus der Technologiebranche | |
vertritt. | |
„Die Digitalisierung kann fast ein Viertel zu Deutschlands selbstgesteckten | |
Klimazielen im Jahr 2030 beitragen“, sagte Verbandsvizepräsidentin | |
Christina Raab bei der Vorstellung der Studie am Montag. Laut dem | |
[2][Klimaziel] sollen im Jahr 2030 65 Prozent weniger Emissionen | |
ausgestoßen werden als 1990. Maximal rund 440 Millionen Tonnen sollen es | |
dann sein. 2022 waren es [3][laut Umweltbundesamt] noch rund 750 Millionen | |
Tonnen. | |
Die Autor:innen der Studie haben die Bereiche Energie, Gebäude, | |
Industrie, Verkehr und Landwirtschaft betrachtet. Das größte Potenzial | |
liege im Bereich Energie: Hier ließen sich mit einer beschleunigten | |
Digitalisierung bis zu 26,4 Millionen Tonnen Treibhausgase im Jahr 2030 | |
einsparen. | |
Beschleunigte Digitalisierung heißt: Die verfügbaren Technologien | |
verbreiten sich mit höherer Geschwindigkeit, als das heute der Fall ist. | |
Zum Beispiel intelligente Stromnetze und entsprechende vernetzte | |
Haushaltsgeräte. Mit ihnen können die Netzbetreiber den Stromverbrauch so | |
steuern, dass in Zeiten hohen Stromaufkommens durch erneuerbare Energien | |
auch der Verbrauch steigt – zum Beispiel, weil E-Autos genau dann geladen | |
werden. Die Studie stuft das als zentrale Maßnahme zur | |
Treibhausgasreduktion im Energiebereich ein. | |
Auch die Energieerzeugung selbst lasse sich optimieren, zum Beispiel indem | |
sich Solarkollektoren und Windräder automatisch so ausrichteten, dass sie | |
das Maximum an Strom produzieren können. | |
## Gebäudesektor: 2. Platz | |
Auf Platz zwei beim Einsparpotenzial folgt der Gebäudesektor mit bis zu | |
18,3 Millionen Tonnen an Emissionen. Hier sei eine automatische | |
Gebäudesteuerung zentral, etwa Heizungen, Lampen und Klimaanlagen, die sich | |
ausschalten, wenn Büro oder Wohnung gerade nicht genutzt werden, oder eine | |
automatische Verschattung durch Rollläden. | |
In einem Projekt in einer Züricher Wohnsiedlung habe der Einbau vernetzter | |
LED-Leuchten den Stromverbrauch um 95 Prozent reduziert. Davon gehe mehr | |
als die Hälfte der Reduktion auf die bedarfsgerechte Steuerung zurück, der | |
Rest auf die Einsparung durch die LED-Technologie. | |
Bei den Einsparungszahlen eingerechnet sind Raab zufolge bereits die | |
Emissionen, die die Nutzung der Technologie erzeugt, wie der Stromverbrauch | |
bei den Nutzer:innen und der Energiebedarf der Rechenzentren. Allerdings | |
verursacht auch die Herstellung der Geräte Emissionen – die Studie geht | |
hier für 2030 von gut 7 Millionen Tonnen aus. „Selbst, wenn wir die | |
CO2-Emissionen bei der Herstellung mit einbeziehen, ist der Effekt immer | |
noch positiv“, sagt Haas. | |
## Nicht alle optimistisch | |
Andere Untersuchungen sehen die Rolle der Digitalisierung weniger | |
optimistisch. [4][So erschien vor anderthalb Jahren die groß angelegte | |
Studie „Digital Reset“ mit einer globaleren Betrachtung]. Forschende | |
unterschiedlicher Disziplinen und Forschungseinrichtungen kamen hier zu dem | |
Ergebnis, dass die Entwicklung aktuell eher in die falsche Richtung geht: | |
Vor allem die großen IT-Konzerne wie Meta oder Google-Mutterkonzern | |
Alphabet steigerten ihren Energieverbrauch signifikant und linear zum | |
Umsatz. Würde die gesamte Tech-Industrie so handeln, sei es nicht möglich, | |
die globale Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. | |
Dazu trägt auch ein Effekt bei, der in der Bitkom-Studie nicht | |
berücksichtigt wurde: der Rebound-Effekt. Er beschreibt, dass bei einer | |
Verbesserung der Effizienz auch die Nutzung der Technologie zunimmt. So | |
führt beispielsweise ein effizienterer Prozessor im Computer theoretisch zu | |
einem sinkenden Energieverbrauch. In der Praxis werden die Nutzer:innen | |
dann aber rechenintensivere Prozesse verwenden, etwa Videos in höherer | |
Auflösung – und der Energieverbrauch steigt wieder. | |
26 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bitkom.org/sites/main/files/2024-02/bitkom-studie-klimaeffekte-… | |
[2] /Expertinnen-ueber-Klimaschutz/!5950965 | |
[3] https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deuts… | |
[4] /Digitalfirmen-und-Nachhaltigkeit/!5882301 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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